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"Müssen Polizei abschaffen" – fordern Klima-Aktivisten

Klima-Aktivisten wollen die "Polizei als Organ abschaffen". Diese Forderung der Lützerath-Aktivisten sorgt am Freitag für Entrüstung.

Die Polizei hat unter massivem Widerstand das von Hunderten Protestierenden besetzte Dorf Lützerath geräumt.
Die Polizei hat unter massivem Widerstand das von Hunderten Protestierenden besetzte Dorf Lützerath geräumt.
REUTERS

Die Klima-Aktivisten, die im Jänner das frühere Dorf Lützerath besetzt hatten und mit ihrer Aktion internationale Beachtung erhielten, haben mit einer Pressemitteilung für Entrüstung gesorgt. So lässt sich eine Sprecherin der Bewegung wie folgt zitieren: "Im Zusammenhang mit Lützerath entlud sich die Polizeigewalt auch gegen weiße privilegierte Demonstrant*innen und bekommt deshalb eine derartige Aufmerksamkeit. Für von Rassismus Betroffene und anderweitig marginalisierte Menschen ist genau diese Gewalt jedoch Alltagsrealität, ohne dass darüber gesprochen wird."

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    Die Räumung von Lützerath hat begonnen.
    Die Räumung von Lützerath hat begonnen.
    Rolf Vennenbernd / dpa / picturedesk.com

    Während der Räumung sprachen die Aktivisten immer wieder von "lebensgefährlichen Verletzungen", die ihnen durch Polizeigewalt zugefügt worden sei. Die schwerste Verletzung war aber laut Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers eine Gehirnerschütterung, außerdem habe es vereinzelt Platzwunden gegeben. Für die von den Klima-Aktivisten immer wieder proklamierte "Polizeigewalt" gibt es bisher keine Anzeichen.

    "Polizei stützt Interessen eines kapitalistischen Systems"

    Trotzdem wollen die Aktivisten die Polizei komplett abschaffen, wie es weiter heißt. "Mittelfristig müssen wir die Polizei als Organ abschaffen, das in erster Linie die Interessen eines kapitalistischen Systems stützt und dafür immer wieder Gesundheit und Leben von Menschen aufs Spiel setzt." Dabei schützt die Polizei auch eben jenen Staat, der dafür sorgt, dass die Bevölkerung oder im konkreten Fall die Klima-Aktivisten das Recht auf Demonstrationen und Proteste hat, wie "Focus online" schreibt.

    Bei den Protesten um das frühere Dorf Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier hat die Polizei rund 480 Straftaten erfasst. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) zog am Donnerstag im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags eine vorläufige Bilanz des Polizeieinsatzes, bei dem in der Spitze bis zu 3.700 Beamte im Einsatz waren. "Das Einsatzkonzept für die Räumung ist voll aufgegangen", sagte Reul. Die Polizei erfasste demnach bereits vor Beginn der Räumung rund 30 Straftaten. Diese waren zuvor nicht öffentlich gemacht worden, "weil wir die Situation vor der Räumung nicht anheizen wollten", sagte Reul.

    Polizei erfasste Hunderte Straftaten

    Mit Beginn der Räumung seien "knapp 400 Straftaten" hinzugekommen. Bei der Demonstration vom Samstag, an der nach Behördenangaben rund 15.000 Menschen teilnahmen, kamen demnach mehr als 50 Straftaten hinzu. Bei den erfassten Straftaten ging es laut Reul unter anderem um Widerstände, tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbrüche oder Körperverletzungen. Auch gegen fünf Polizisten werde ermittelt – unter anderem wegen Körperverletzung im Amt und wegen sexueller Belästigung. Die Zahl sei voraussichtlich noch nicht abschließend.

    Wenn einzelne Polizeibeamte Fehler gemacht hätten, würden diese zur Rechenschaft gezogen, betonte Reul. Insgesamt zog Reul eine positive Bilanz des Polizeieinsatzes um den Braunkohleort. Die Beamten hätten "mit einem ausgefeilten Einsatzkonzept" die Räumung begonnen. Dass der Räumungseinsatz am sechsten Tag beendet war, habe auch daran gelegen, dass viele Besetzer Lützerath "freiwillig" geräumt hätten, betonte Reul. Dies sei auch auf eine "deeskalierende Wirkung" der Polizeiarbeit zurückzuführen.

    Gehirnerschütterung als schwerste Verletzung

    Die schwerste Verletzung bei der Anti-Kohle-Demonstration am Samstag bei Lützerath ist nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers eine Gehirnerschütterung gewesen. Es habe während der Proteste 14 Transporte in Krankenhäuser gegeben, sagte Reul am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags in Düsseldorf. Fünf dieser Transporte hätten Polizisten betroffen, der Rest seien Demonstranten gewesen. Die meisten der Verletzungen seien Fuß- und Beinverletzungen, Arm- und Handverletzungen sowie Platzwunden gewesen.

    Aktivisten hatten am Wochenende berichtet, es habe auch lebensgefährliche Verletzungen gegeben. Die Polizei hatte dieser Behauptung widersprochen. Lützerath westlich von Köln war in einem tagelangen Großeinsatz der Polizei gegen den Widerstand Hunderter Klimaaktivisten geräumt worden. Der Energiekonzern RWE will dort Braunkohle abbauen, was ihm gerichtlich genehmigt worden war. Die einstigen Bewohner Lützeraths wurden längst umgesiedelt, der Ort anschließend aber von Aktivisten besetzt.

    Aktivisten griffen offenbar nach Schusswaffen

    Reul sagte weiter, es sei auch berichtet worden, dass Störer gezielt nach den Schusswaffen von Polizisten gegriffen haben. "Teilweise ist es gelungen, eine der Sicherungen am Holster schon zu lösen. Ich will gar nicht ausschließen und ausmalen, was da hätte passieren können." Heimische Braunkohle ist einer der wichtigsten Energieträger in Deutschland und trug im vorigen Jahr gut 20 Prozent zur Stromerzeugung bei. Wegen des Atomausstiegs hat die Kohleabhängigkeit von Europas größter Volkswirtschaft sogar noch zugenommen.