Wien

Mordversuch in der U3 – nur weil Opfer ihn anredete

Brutalste Attacke in der Wiener U3 auf einen 63-Jährigen – und darum 15 Jahre Haft für den 21-jährigen Angreifer. Für das Gericht war es Mordversuch.

Rene Findenig
Der Trafikant wurde am 4. Jänner am Weg vom Praterstern nach Hause brutalst attackiert.
Der Trafikant wurde am 4. Jänner am Weg vom Praterstern nach Hause brutalst attackiert.
Sabine Hertel

Brutalste Szenen spielten sich am 4. Jänner in der Wiener U3 ab. Ein 63-jähriger Trafikant fuhr müde von der Arbeit in seiner Trafik am Praterstern nach Hause und stieg am Stephansplatz von der U1 in die U3 Richtung Volkstheater um. In der U-Bahn setzte er sich auf einen freien Platz, doch der junge Mann neben ihm platzierte sich immer breitbeiniger auf seinem Sitz. Als der Trafikant den jungen Mann höflich bat, ihm etwas mehr Platz zu lassen, geschah das Unfassbare: Der 21-Jährige schlug dem Opfer ohne ein Wort und völlig aus dem Nichts mit voller Wucht mehrmals ins Gesicht, der 63-Jährige sackte zu Boden.

Doch der Angreifer ließ nicht einmal dann von seinem Opfer ab. Wie der psychiatrische Sachverständige laut ORF beim Prozess am Mittwoch die Szenen zusammenfasste, sei es dem 21-Jährigen um "die Vernichtung des Gegenübers, das Ausleben der Aggressionen" gegangen. Und auch wenn der Angeklagte sagte, er sei sich sicher, dass er "niemanden umbringen" wollte, ging auch die Staatsanwaltschaft von einem zumindest bedingten Tötungsvorsatz aus. Der Grund: Der Angreifer zog sich an den Haltestangen der U3 hoch und sprang dem Bewusstlosen mehrmals mit aller Kraft auf den Kopf.

Erst als ein Augenzeuge den Mann vom Opfer wegschob, ließ der Angreifer vom scherstverletzten Trafikanten ab. Dieser erlitt bei der Attacke Serien-Knochenbrüche von Rippe, Nasenbein, Brustbein, Schlüsselbein, Prellungen und eine so schwere Gehirnerschütterung, dass es zu einer Erinnerungslücke kam. Wie von Sinnen und wie wenn "man einen Luftballon zerplatzen will" sei der Angeklagte auf den Mann gesprungen, so die Staatsanwältin. Der Sachverständige wiederum erklärte, es habe jeden treffen können: "Jeder, der schräg schaut, kriegt eine ins Gesicht" sei das Ziel des 21-Jährigen gewesen.

"Mit Kapitalverbrechen zu rechnen"

Während der Angeklagte jede Absicht der Tötung bestritt, wurde seine Vergangenheit aufgedeckt. Nur wenige Tage zuvor hatte der Mann bei zwei Gelegenheiten zwei Männern in Wien die Nase mit Faustschlägen gebrochen – einer habe nur an einer Bushaltestelle auf den Bus gewartet, der andere ihm keine Zigarette geben wollen. Und: Rund eine Woche nach der U-Bahn-Attacke wollte sich der 21-Jährige mit seiner Ex-Freundin an ihrem Arbeitsplatz "aussprechen". Die Ex-Freundin wollte das nicht, was dem Mann auch ihr Chef mitteilte – auch diesen streckte der 21-Jährige dabei mit einem Faustschlag nieder.

Zurechnungsfähig, aber durch eine "Störung" brandgefährlich, attestierte der Gutachter dem aktuell Wohnungslosen und Ausbildungslosen im Prozess – und ohne therapeutische Maßnahmen sei nach seiner Haftentlassung mit "Kapitalverbrechen zu rechnen". Das Gericht griff schlussendlich durch – und verurteilte den Angeklagten wegen Mordversuchs zu 15 Jahren Haft und der Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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