Ukraine
"Höchstwahrscheinlich" wer hinter Staudamm-Sprengung st
Am Dnipro wurde ein wichtiger Staudamm zerstört. Wer für den Angriff auf den Staudamm verantwortlich ist, ist derzeit noch unklar. Die Hintergründe.
Für Oberst Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer gibt es drei Möglichkeiten, die diese Katastrophe am Kachowka-Staudamm ausgelöst haben könnten: eine gezielte Sprengung durch russische Streitkräfte, einen ukrainischen Raketenangriff bzw. Artilleriefeuer oder vergangene Beschädigungen, die erst jetzt zu einem kritischen Zusammenbruch führten.
"Interessant ist, dass in den letzten 48 Stunden offensichtlich die nächste Phase der Gegenoffensive eingeleitet worden ist – aus der Vorbereitungs- zur Entscheidungsphase. Hier scheint es, dass es auch im Süden zu Ereignissen gekommen ist, die auch diese Sprengung zumindest aus militärischer Sicht nachvollziehbar macht", so der Militärexperte im NDR Info-Podcast.
Russland oder Ukraine? Experte hat eine Vermutung
Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine gefährdet nach Angaben der EU Hunderttausende Zivilisten. Wer für den Angriff auf den Staudamm verantwortlich ist, ist derzeit noch unklar. Bekannt ist, dass die Russen den Staudamm bereits vermint hatten. Das ließ die Armeeführung sowohl die Ukraine als auch die Welt bereits vor Monaten wissen, als mit einer Sprengung gedroht wurde.
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"So wie die Situation jetzt momentan aussieht, scheint es so, als ob der Damm tatsächlich gesprengt worden ist. Und da natürlich von russischer Seite, denn Russland hatte bis jetzt die Kontrolle über den Damm. Damit können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass es die Russen waren", erklärt Reisner.
Aufgrund der Massivität der Dammkonstruktion würde der Einschlag einer Artilleriegranate nur "einen überschaubaren Schaden“ hinterlassen. Selbst ein durchgehendes Trommelfeuer brauche geraume Zeit, um so zerstörerisch zu werden – "und das wäre sicher visuell wahrgenommen worden."
Dutzende Ortschaften überschwemmt, Evakuierungen
Bilder in den sozialen Medien zeigen, wie Wassermassen ungehindert durch das zerstörte Gebäude strömen. Es drohen riesige Überschwemmungen in der Region Cherson. 24 Ortschaften seien bereits geflutet worden, "rund eintausend" Bewohner aus den betroffenen Zonen weggebracht worden, die Evakuierung laufe weiter, so der ukrainische Innenminister Igor Klymenko. Zudem beeinflussen die sinkenden Wasserstände auch den Kühlwasser-Zugang des Atomkraftwerks Saporischschja.
Unbestätigten Meldungen zufolge, sollen die Ukrainer am Montag versucht haben, mit einer amphibischen Landungsoperation bei Cherson das Dnipro-Delta zu queren und auf der Südseite einen Brückenkopf zu erkämpfen. Auch ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz berichtete über diesen Vorstoß. Reisner: "Es scheint so, als ob Russland durch die Sprengung dieses Dammes versucht hat, das zu verhindern."
Durch die Überflutungen sei das ganze Gelände durch unmöglich zu durchdringen, selbst nach dem Abzug des Wassers bliebe noch unwegsamer Schlamm zurück.
Ukrainische Gegenoffensive gestoppt?
Ob dadurch die Gegenoffensive der Ukraine schon gestoppt wurde, bevor sie so richtig beginnen konnte? " Die Herausforderung liegt im Schlüsselgerät: Minenräumpanzer, Brückenbaupanzer und anderes Spezialgerät", so der Bundesheer-Experte. Sollte dieses Gerät vernichtet worden sein bzw. werden, würde das jedes weitere Voranschreiten der Offensive einschränken. Aber: noch hat man diese Spezialpanzer nicht an der Front gesehen, was laut Reisner ein Anzeichen ist, dass die Ukraine erst noch Sondierungsangriffe durchführt um mögliche Lücken in der russischen Verteidigung zu entdecken.
Die dritte Möglichkeit eines zufälligen Kollapses gerade jetzt erscheint dem Bundesheer-Offizier am unwahrscheinlichsten.