Wien

"Wegen Airbnb müssen wir nun aus unserer Wohnung raus"

In einem Haus in Wien-Fünfhaus werden die Wohnungen nun zu touristischen Appartements umgewandelt. Die Mieter müssen aus ihren Wohnungen.

Nicole Oirer
Mieter wie Simon (Name geändert) sollen nach und nach aus ihren Wohnungen ausziehen, damit Platz für Touristen wird.
Mieter wie Simon (Name geändert) sollen nach und nach aus ihren Wohnungen ausziehen, damit Platz für Touristen wird.
Denise Auer

Erst im Februar vergangenen Jahres ist Simon (Name von der Redaktion geändert) mit seiner Partnerin in eine Wohnung in der Reichsapfelgasse in Wien-Fünfhaus gezogen. Während anfangs alles gepasst hat, gibt es nun seit einiger Zeit Veränderungen im Haus. 

"Hatten eigentlich auf Miet-Verlängerung gehofft"

"Wir waren immer sehr happy. Die Nachbarn sind freundlich, die Wohnung schön", erzählt der 34-Jährige. Doch seit einiger Zeit ist das anders. "Auf einmal standen ständig Umzugskartons im Hausflur. Die ersten Leute sind ausgezogen. Und dann kamen die Infozettel", erzählt Simon.

Denn das Altbauhaus wird nach und nach zur Kurzzeitvermietung umgewandelt, die Wohnungen dann auf Plattformen wie Airbnb oder Booking.com als Bleibe für Touristen angeboten. Die Bewohner bekamen die Info, dass ihre befristeten Mietverträge daher nicht verlängert werden. Ein freiwilliges Mietertreffen wurde laut den Bewohnern erst sehr kurzfristig ausgeschrieben und auf eine Uhrzeit gelegt, "die für keinen normal Berufstätigen möglich zu erreichen war", so Simon. Einen Ersatztermin hat es bisher nicht gegeben. 

"Uns wurde auch angeboten, gleich kündigen zu können. Der Hausverwalter würde auf die Kündigungsfrist verzichten. Wir wollen aber nicht ausziehen, hatten eigentlich auf eine Verlängerung des Mietvertrags gehofft", schildert Simon, der mit seiner Partnerin nun doch wahrscheinlich im Winter umziehen muss. 

Lärm, Party, Chaos

Noch stressiger mit dem Umzug hat es Nachbarin Luisa (33, Name ebenfalls geändert). Sie war eine der ersten Mieter im Haus, soll daher schon im November ausziehen. Durch ihre Wohnung im ersten Stock leidet sie auch unter den neuen Nachbarn.

"Es ist zu jeder Tages- und Nachtzeit Lärm. Tagsüber steht die Haustür immer offen, nachts werden wir dann aus dem Schlaf geklingelt, weil die Touristen keinen Haustürschlüssel haben. Essenslieferanten gehen ein und aus, es ist oft Party. Ständig läuft laute Musik, es wird geraucht, der Müllraum sieht ganz schlimm aus", ärgert sich Luisa. Wie ein Video, das "Heute" vorliegt, zeigt, wird trotz eines Rauchverbots-Schildes auch im Lift geraucht, alte Zigaretten liegen am Boden. 

Eine neue Wohnung zu finden ist für Luisa aber sehr schwer. "Das Kind von meinem Partner lebt zeitweise bei uns. Wir sind daher bei der Wohnungsgröße nicht so flexibel, auch auf Fahrtzeiten und Öffi-Anbindungen müssen wir schauen. Der Markt ist außerdem gerade einfach kompliziert", so die 33-Jährige. 

Diese elektronischen Schlüsselboxen zeigen an, dass die Wohnungen bereits von AirBnB-Mietern genutzt werden. Fast die Hälfte der Wohnungen im Haus seien bereits umfunktioniert, so Simon.
Diese elektronischen Schlüsselboxen zeigen an, dass die Wohnungen bereits von AirBnB-Mietern genutzt werden. Fast die Hälfte der Wohnungen im Haus seien bereits umfunktioniert, so Simon.
Denise Auer

Antrag auf Wohnzone im Gemeinderat

Von der Firma, die die touristischen Wohnungen vertreibt, hieß es auf "Heute"-Anfrage, dass alle rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt und eingehalten werden. Man hätte bereits beträchtliche Summen investiert, um ein vernünftiges Miteinander im Haus zu garantieren. Abschließend heißt es: "Wir haben immer offen, ehrlich und transparent mit den anderen MieterInnen kommuniziert und stehen für den konstruktiven Dialog jederzeit zur Verfügung und haben diesbezüglich auch schon mehrere Male versucht, einen Schritt aufeinander zuzugehen, bisher leider erfolglos."

Der 15. Bezirk ist vor allem wegen seiner Nähe zum Westbahnhof, zum Schloss Schönbrunn oder auch zum Stadtzentrum sehr beliebt. Trotzdem gibt es keine Wohnzonen, die den Wohnungsbestand schützen würde. Die Wohnungsmieter wandten sich mit ihrem Problem schließlich an die Bezirkspolitiker. 

Diese versuchten zu helfen, verwiesen aber schließlich weiter. Denn um das Haus längerfristig vor der touristischen Kurzzeitvermietung zu schützen, müsse man die Gegend in eine Wohnzone umwandeln. Das läge in der Verantwortung der zuständigen Stadträtin, in diesem Falle Ulli Sima (SPÖ). Die Grünen Wien haben sich dem Problem angenommen und nun einen entsprechenden Antrag auf eine Wohnzone in den Gemeinderat eingebracht.

Der Fall in der Reichsapfelgasse ist nicht der einzige. Die Grünen Wien haben erst vor kurzem bei einer Pressekonferenz auf den zunehmenden Wohnraub in Wien aufmerksam gemacht. In vielen Bezirken gibt es keine schützenden Wohnzonen. "Durch gewinnbringende touristische Kurzzeitvermietungen über Plattformen wie AirBnb, Booking und Co. werden immer mehr Wohnungen dauerhaft in Tourismus-Apartments umgewandelt. Dieser Wohnraub verschärft die angespannte Lage am Wohnungsmarkt. Während auf der einen Seite satte Profite gemacht werden, finden Wohnungssuchende kaum noch leistbare Wohnungen", kritisiert Wiens Wohnbausprecher Georg Prack. 

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