Wien
"Menschen finden keinen Arzt, das ist die Realität"
Alarmstufe Rot in der Klinik Ottakring, Streit mit der Ärztekammer, immer weniger Kassenärzte – und mittendrin Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker.
In der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring fanden in der Vergangenheit Warnstreiks statt, unter dem Motto "Patientin todkrank, Ärztin todmüde" protestiert das medizinische Personal immer wieder gegen die Arbeitsbedingungen. Gefordert werden 20 Prozent mehr ärztliches Personal, eine höhere Notaufnahmenzulage, eine faire Verteilung der Rettungszufahrten auf alle Wiener Notaufnahmen und bessere Infrastruktur, wie etwa die Umsetzung des geplanten Schockraums und mehr Ultraschallgeräte. "Es kann so nicht weitergehen", hieß es, die medizinische Versorgung der Bevölkerung stehe auf der Kippe.
Kein Oberarzt in Klinik Ottakring
Nicht die einzige Baustelle für Wiens SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Immer weniger Ärzte haben Kassenverträge, immer mehr Patienten müssen Monate auf einen Behandlungstermin warten. Und auch Streit mit der Ärztekammer gibt es – die Wiener Ärztekammer setzt sich für eine Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden in Spitälern bei vollem Lohnausgleich ein, trotz ähnlicher Forderungen der Bundespartei bremste jüngst aber ausgerechnet Hacker. Warum und wie er die Baustellen beheben wolle, erklärte Hacker am späten Donnerstagabend in der ORF-"ZIB2" bei Moderatorin Marie-Claire Zimmermann.
Den ORF hatte kurz zuvor ein Schreiben erreicht, in dem erwähnt wurde, dass am Freitag tagsüber niemand in der Klinik Ottakring die Verantwortung als Oberarzt trage, weil keine Besetzung möglich sei. Er sei sich sicher, dass eine Lösung gefunden werde, so Hacker, der ärztliche Direktor habe schließlich diese Aufgabe. Österreich sei eines der wenigen Länder, das nicht nur ausgebildete Ärzte, sondern auch Ärzte in Ausbildung melde, das würde die Zahlen verfälschen und man könne nicht sagen, dass es genug Ärzte gebe, so Hacker zudem. "Die Menschen finden keinen Arzt" und "das ist die Realität", so Hacker. Die Zahlen seien die eine Sache, die Fakten dahinter eine andere: Ein Drittel der Wahlärzte sei in Pension, die Hälfte in Spitälern neben der Niederlassung tätig, da blieben wenig Kassenärzte übrig, so Hacker.
"Keine Sache eines politischen Handstreichs"
Im Wiener Gesundheitsverbund würden 6.500 Mitarbeiter ausgebildet und trotzdem habe man kaum Ärzte, so Hacker. "Wir können nicht zaubern", erklärte Hacker, und man müsse nicht so tun, als wäre es eine "Sache eines politischen Handstreichs", das zu ändern. "Geld ist immer eine Möglichkeit", so Hacker zur Frage, ob man Ärzte nicht mit mehr Lohn locken könne,, es bringe aber nicht unbedingt mehr Menschen in den Gesundheitsbereich. Die Belastung für das Personal sei "über allen Proportionen", das Personal an den Spitälern sei zwar um 4,5 Prozent erhöht worden, die niedergelassenen Ärzte hätten aber um 12 Prozent abgenommen.
Es fänden laufend Entlastungsmaßnahmen statt, so Hacker, in der Wiener Ärztekammer finde aber eine gewisse Art von "Aktionismus" statt – dennoch habe er mit der Ärztekammer kein Problem. Es brauche jedoch ernsthafte Schritte im Gesundheitsbereich und im Finanzausgleich, da sei man derzeit aber "enttäuscht", dass nichts passiere. Und gehe er so mit Kritikern um wie mit dem Gesundheitsökonomen und Assistenzprofessor für evidenzbasierte Medizin an der Sigmund Freud Universität in Wien, Ernest Pichlbauer, der nach Kritik an Hacker gekündigt wurde? Er sei nie sein Arbeitgeber gewesen und der falsche Ansprechpartner für die Frage, warum Pichlbauer gekündigt wurde, so Hacker.