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"Master Detective Archives: Rain Code" – für Spürnasen

"Master Detective Archives: Rain Code" für Nintendo Switch bietet dir Ermittlungsarbeit à la "Ace Attorney", allerdings mit einem dämonischen Touch.

Rene Findenig
"Master Detective Archives: Rain Code" im Test – trotz kleinerer Macken entwickelt sich ein detektivischer Spielspaß.
"Master Detective Archives: Rain Code" im Test – trotz kleinerer Macken entwickelt sich ein detektivischer Spielspaß.
Spike Chunsoft

Wer Detektiv- beziehungsweise Ermittlungs-Spiele liebt, der kommt um die "Ace Attorney"-Reihe nicht herum. Eine willkommene Abwechslung ist da das neue "Master Detective Archives: Rain Code" aus dem Hause Spike Chunsoft für die Nintendo Switch. Hier geht es weitaus düsterer und fantasievoller, ja geradezu dämonischer zu, wobei der Witz nicht auf der Strecke bleibt. Im Gegenteil: Manchmal schießen die Macher – vor allem zu Beginn des Abenteuers – weit über das Ziel hinaus und bombardieren dich vor allem in Form der dämonischen Begleiterin des Protagonisten mit platten, nervtötenden und manchmal leider auch sexistischen Sprüchen. Wer diese durchhält, wird aber fast überraschenderweise doch belohnt.

"Master Detective Archives: Rain Code" spielt im Kanai-Bezirk, einer Stadt, in der immer rund um die Uhr Regen fällt. Dort hat die Amaterasu Corporation das Sagen und ist mit zahlreichen obskuren Kriminalfällen konfrontiert. Um diese aufzuklären, zieht es Meisterdetektive aus aller Welt in die Stadt. So auch unseren Protagonisten Yuma, einen Nachwuchsermittler der Detektivkanzlei Nocturnal Detective Agency, der noch dazu von seiner dämonischen Begleiterin, der Todesgöttin Shinigami, heimgesucht wird. Pech für ihn: Zum Start des Spiels wacht Yuma in einem heruntergekommenen Gebäude auf uns kann sich an nichts erinnern. Schnell stellt sich heraus: Ein verhängnisvoller Deal bindet die Dämonin an unseren Protagonisten.

Die Ermittlungsarbeit macht hier wirklich Spaß

Viel Zeit, sich damit zu beschäftigen, bleibt aber nicht, denn im gesamten Bezirk gibt es zahlreiche Fälle, die gelöst werden wollen – und während wir uns frei durch die Stadt bewegen, begleitet uns Shinigami einfach als Geister-Blase und kommentiert das Geschehen auf Schritt und Tritt. Achja, und dann wäre da noch ein dunkles Geheimnis unter dem Bezirk, das wir dir aus Spoiler-Gründen nicht verraten. Die Story ist spannend, hat einige interessante Wendungen zu bieten und zeigt abseits der platten Sprüche und sexistischer Einlagen sogar etwas Tiefgang. Das eigentliche Highlight des Spiels sind aber die einzelnen Fälle, die es zu lösen gilt. Morde, Meucheleien, Mysterien – die Ermittlungsarbeit macht hier wirklich Spaß.

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    Wer Detektiv- beziehungsweise Ermittlungs-Spiele liebt, der kommt um die "Ace Attorney"-Reihe nicht herum. Eine willkommene Abwechslung ist da das neue...
    Wer Detektiv- beziehungsweise Ermittlungs-Spiele liebt, der kommt um die "Ace Attorney"-Reihe nicht herum. Eine willkommene Abwechslung ist da das neue...
    Spike Chunsoft

    Die Fälle starten immer gleich: In einer Video-Passage wird der Fall geschildert, dann müssen wir mehr über das Opfer herausfinden, Zeugen befragen und idealerweise mit den richtigen Schlussfolgerungen den Täter überführen. Im ersten Schritt steht dabei die klassische Tatort-Arbeit mit Spurensuche am Programm, wo Hinweise notiert und Beweisstücke eingesammelt werden. Etwas schade: Man muss zwangsläufig alle Hinweise finden, sonst lässt die Story keine weiteren Geschehnisse zu. Anders sieht das nach dieser Phase aus: Können wir aus den Hinweisen keine Schlüsse ziehen, darf uns die Todesgöttin nämlich eine Parallelwelt öffnen, in der der Mordfall Gestalt annimmt und das Gameplay umschaltet.

    Es gibt Kämpfe – und die sind schön spannend

    In den als Tempel visualisierten Mordfall-Welten ist nicht mehr herumrennen, reden und schlussfolgern angesagt, sondern es erwarten dich spannende Kämpfe gegen Phantome, die unterschiedliche Gestalten annehmen und die du mit Argumenten zu besiegen versuchst. Klingt banal, spielt sich aber spaßig, denn Yuma pfeffert seinen Widersacher nicht nur Sätze an den Kopf, sondern kann den gegnerischen Attacken auch ausweichen und die Argumente des Feindes mit einer magischen Klinge zerteilen – quasi widerlegen. Während man sich dem Argumente-Hagel zu entziehen versucht, muss man nicht nur die Gesundheitsleiste im Auge behalten, sondern auch zwischen den Hinweisen auswählen, um die Argumente zu widerlegen.

    Klappt das, erleidet wiederum der Gegner Schaden, wählen wir aber falsch, kriegen wir auf die Mütze. Anfangs ist das Kampf-Prinzip schnell gelernt, später werden sie aber mit immer neuen Mechaniken und Möglichkeiten anspruchsvoller und auch fordernder. Dazu kommen dann auch noch einige Mini-Spiele, in denen man sich mal mit Glück, mal mit Geschick neue Hinweise zum Lösen des Falles erzocken kann. Was etwas irritiert: Während unsere Todesgöttin uns in der normalen Spielwelt als geisterhaftes Wesen in einer Art Blasenform begleitet, verwandelt sie sich beim Öffnen der Parallelwelt ebenso in eine leichtbekleidete Frau wie in so manchem Mini-Spiel – Nahaufnahmen mit zu gewollten sexy Einblicken inklusive.

    Neben-Quests und die Charaktere sind die Schwächen

    Nähert sich ein Fall schließlich dem Ende, geht es gegen ein gigantisches Boss-Phantom in den Kampf – dass dabei auch unsere Todesgöttin über sich hinauswächst und mit uns auf dem Kopf auf die Basis des Feindes einstürmt, wirft zwar Fragen auf, spielt sich aber abwechslungsreich und kurzweilig. Ist auch das geschafft, spült es dir Punkte auf das Konto, die du in einen sehr überschaubaren Fähigkeitenbaum investieren darfst. Riesige Vorteile schauen dabei nicht heraus, aber zumindest darf man sich über Kleinigkeiten wie mehr Gesundheit in den Kämpfen freuen. Außerdem gibt es noch einen Art Bildband, in dem der Mordfall nachgestellt wird. Unspannend sind dagegen Neben-Quests, in denen man einfach von Ort zu Ort rennt.

    Bei den vielen verschiedenen Figuren im Spiel scheiden sich wiederum die Geister. Wer emotionale Auftritte, herzliche Charaktere und herzerwärmende Hintergrundgeschichten erwartet, ist bei "Master Detective Archives: Rain Code" leider falsch. Stattdessen wird man dauerbeschallt und dauerbegleitet von vollkommen verrückten und überdrehten Figuren, deren ständige Wortmeldungen schnell nerven und deren Geschichten maximal B-Movie-Niveau haben. Vor allem unsere dämonische Begleiterin lässt anfangs keine einzige Chance aus, sich über unseren Protagonisten lustig zu machen, während dieser seine eigenen Unzulänglichkeiten ausbreitet, so dass man sich fragt, wie er morgens überhaupt aus dem Bett kam.

    "Master Detective Archives: Rain Code" – für Spürnasen

    Ganz die Nerven verlieren sollte man aber wegen der Figuren nicht, denn wer dranbleibt, wird dann doch noch belohnt. Zwar schafft das Spiel im letzten Drittel doch noch die Wende und macht aus den Charakteren plötzlich ernsthafte Figuren mit Gefühlen, Wünschen und Träumen – doch dies dürfte für einige Zocker einfach viel zu spät kommen. Technisch ist dafür alles vollkommen in Ordnung. Für Switch-Verhältnisse ist der düstere Anime-Look scharf und schön anzusehen, die Animationen sind flüssig, einige plötzlich auftauchende Figuren und Objekte stören den Gesamteindruck da nur wenig. Untertitel gibt es in Deutsch, bei der Sprachausgabe darf man sich über sehr gute japanische und englische Fassungen freuen.

    "Master Detective Archives: Rain Code" braucht lange, um in die Gänge zu kommen und nervt anfangs ungemein mit den zu überdrehten und stereotypen Charakteren. Kann man darüber hinwegsehen, offenbart sich ein wunderbares Detektiv-Abenteuer, das mit spannenden Fällen, witzigem Gameplay und viel Abwechslung zu begeistern weiß. Der düstere Ansatz gefällt, der Humor mag dagegen nicht Sache jeder Spielerin und jedes Spieler sein. Dennoch ist "Master Detective Archives: Rain Code" ein gelungenes Ermittler-Abenteuer für Spürnasen geworden, von dem wir auf der Nintendo Switch und auf allen anderen Plattformen gerne weitere Teile einer möglichen Detektiv-Serie sehen wollen.