Nach Biss
Mann erschießt Katze – Richter zeigt Verständnis
Nachdem ihn eine Katze gebissen hatte, erschoss ein 88-Jähriger das Tier. Grund: Er wollte seinen Urenkel schützen.
Im September 2023 saß der Mann nachmittags im Garten, als die achtjährige Katze seiner Tochter auf seine Knie sprang. Als er sie streichelte, wurde er von der Katze "unvermittelt und derart heftig" in die Hand gebissen, dass es stark blutete. Der Mann musste den Biss ärztlich behandeln lassen.
"Sie hat mich gottlos in die linke Hand gebissen"
"Damals war auch mein Urenkel im Garten, er spielte im Sandkasten", sagte der Beschuldigte vor Gericht. Die Katze sei in der Gegend herumgeschlichen. "Es war immer ein liebes Tier, aber plötzlich hat sie mich gottlos in die linke Hand gebissen", so der Mann.
Katze mit Schuss in Hinterkopf getötet
Diese Handlung der Katze sei "etwas ganz Neues" gewesen. "Das war nicht normal. Ich hatte Angst, dass sie auch meinen Urenkel beißen könnte", sagte der 88-Jährige. Deshalb habe er aus dem Haus seine Pistole geholt. Der Mann, der 40 Jahre Erfahrung als Jäger hatte, ging zur Katze, die im Garten bei einer Staude lag, und schoss ihr mit aufgesetztem Lauf in den Hinterkopf. Das Tier war sofort tot.
An ein Einschläfern der namenlosen Katze habe er nicht gedacht. Die Familie sei mit dem Tier nie bei einem Tierarzt gewesen. "Es ist vorher nie etwas passiert", sagte er vor Gericht.
"Geht nicht mehr, dass jeder Tier erschießen darf"
Das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen trat im Prozess als Privatkläger auf. Es forderte, den 88-Jährigen der vorsätzlichen Tierquälerei, der mehrfachen Übertretung des Tierschutzgesetzes sowie der Übertretung des Waffengesetzes schuldig zu sprechen.
Sorge vorgeschoben
"Weder bei Heim- noch bei Nutztieren ist die Tötung mittels Kopfschuss fachgerecht, da es sein kann, dass der Tod nicht sofort eintritt", sagte eine Vertreterin des Veterinäramts in ihrem Plädoyer. Der Beschuldigte habe leichtfertig und mutwillig gehandelt. "Er spricht immer von der Sorge über seinen Urenkel", so die Anwältin. Er habe aber direkt nach dem Biss aus egoistischer Trotz- oder Wutreaktion gehandelt:
Statt das Tier zu erschießen, hätte der 88-Jährige die Katze in einem Tierheim platzieren oder einer Tierärztin zur Euthanasie bringen können. "Er wollte Zeit und Kosten sparen", so das Veterinäramt weiter. Früher sei eine solche Tötung vielleicht gang und gäbe gewesen. "Aber unter dem heutigen Tierschutzgesetz geht es nicht mehr, dass jedermann, selbst Jäger, jedes Tier unabhängig vom Gesundheitszustand abschießen darf."
"Katze war sofort tot, sie hat kein Leiden erfahren"
Der Verteidiger des 88-Jährigen forderte, diesen von allen Vorwürfen freizusprechen. "Mein Klient ist ein unbescholtener, unbestrafter Bürger", sagte er im Plädoyer. Die ganze Sache müsse mit Augenmaß angeschaut werden. "Die Katze war sofort tot, sie hat kein Leiden erfahren", so der Anwalt. Auch die Staatsanwaltschaft habe so entschieden. "Das Veterinäramt ist nicht Anklagebehörde, sie ist nicht befugt, noch weitere Tatbestände anzuklagen", sagte der Verteidiger.
Der Schuss in den Hinterkopf sei für die Katze sofort tödlich gewesen. "Somit kann meinem Mandanten nichts vorgeworfen werden", so der Verteidiger. Er habe mehrfach glaubhaft ausgesagt, dass er aus Schutz seines Urenkels so gehandelt hatte. "Man unterstellt ihm da etwas, es liegt kein Mutwille vor. Der Vorwurf der Tierquälerei ist somit nicht erfüllt", sagte der Anwalt.
Staatsanwaltschaft beantragte Freispruch
Der 88-Jährige wurde im November per Strafbefehl wegen anderer Delikte zu einer bedingten Geldstrafe und einer Strafe verurteilt. Gleichzeitig wurde der Tatbestand betreffend der vorsätzlichen Tierquälerei als "eindeutig nicht erfüllt" betrachtet. Der St. Galler Kantonstierarzt erhob gegen diesen Entscheid Beschwerde bei der Anklagekammer, weshalb es zum Prozess kam.
Die St. Galler Staatsanwaltschaft beantragte, den Beschuldigten der vorsätzlichen Tierquälerei sowie der übrigen Widerhandlungen gegen das Tierschutzgesetz freizusprechen. Sie war am Prozess nicht anwesend.
"Man darf auch dann Tiere töten, wenn kein Anlass besteht"
Das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland sprach den 88-Jährigen der Vorwürfe der vorsätzlichen Tierquälerei sowie der übrigen Widerhandlungen gegen das Tierschutzgesetz frei. "Man darf auch dann Tiere töten, wenn kein Anlass besteht, das steht auch im Tierschutzgesetz", so der Einzelrichter in der Urteilsbegründung.
Der Beschuldigte sei wegen Tierquälerei angeklagt gewesen. "Die Missachtung des Tierwohls oder des Waffengesetzes kann ich nicht beurteilen, da es nicht angeklagt wurde", so der Richter weiter. Er gehe davon aus, dass die Katze aus nächster Nähe erschossen wurde und keine Qualen erlitten habe. Es gebe auch ein Motiv, weshalb der Mann so gehandelt habe. Er habe nicht mutwillig gehandelt. "Er wollte seinen sechs Monate alten Urenkel beschützen", sagte der Richter.
"Wahrscheinlich klüger, dass sie erschossen wurde"
Es sei ein rationaler Entschluss des 88-Jährigen gewesen. "Er stammt aus einer anderen Generation." Die Katze habe so wie alle Bauernhofkatzen keinen Namen gehabt und sei wohl nie bei einem Tierarzt gewesen. "Was ist schlimmer für sie, in einen Katzenkäfig gepackt an einen unbekannten Ort zu fahren und dann unter Stress eingeschläfert oder zu Hause friedlich getötet werden?" Es sei wahrscheinlich klüger gewesen, dass sie erschossen wurde.
Zum fachkundigen Töten sagte der Richter: "Er ist Jäger, er hat die Katze mit einem sauberen Schuss ins Jenseits befördert. Dies ist für mich nicht strafbar, deshalb habe ich ihn freigesprochen."
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.