Mama lernte Neuen kennen – Paul zieht Sohn alleine groß

Rund 302.000 Ein-Eltern-Familien gibt es laut Statistik Austria in Österreich. Davon sind etwa 252.000 alleinerziehende Mütter, rund 50.000 alleinerziehende Väter. Besonders in Wien ist der Anteil an Alleinerziehern hoch – Paul S. (Name geändert) ist einer davon.

Der 26-Jährige mit serbischen Wurzeln lebte in Bregenz (Vbg.), lernte vor neun Jahren auf einer Hochzeit seine spätere Freundin Dana (Name geändert) aus Wien kennen: "Ich war 17, sie 15. Sie wollte keine Fernbeziehung, also zog sie zu meinen Eltern und mir nach Bregenz", erinnert sich Paul S.

Mutter zog mit Baby nach Wien

Dana (heute 24 Jahre) wurde schwanger, Sohn Leon (Name geändert) kam im Mai 2017 zur Welt: "Die Beziehung hat aber nicht gehalten. Wir haben uns dann 2018 getrennt, da war Leon gerade mal neun Monate alt. Dana ist mit ihm zurück nach Wien gegangen. Drei Monate nach der Trennung hat sie dann einen anderen Mann geheiratet, ist mit ihm zusammengezogen. Wir haben uns die Obsorge geteilt, ich bin jedes Wochenende nach Wien gependelt, um Leon zu sehen", erzählt der Vorarlberger.

Im November 2018 eskalierte schließlich ein Übergabe-Treffen: "Normalerweise hat Dana allein Leon abgeholt. Aber diesmal waren mehrere Leute dort, auch der neue Mann meiner Ex. Er hat mir in Bezug auf Leon gedroht, es kam zu einer Rauferei", meint der gelernte Maschinenbautechniker.

Verhalten von Leon änderte sich

Da das Pendeln für den 26-Jährigen immer mühsamer und kostspieliger wurde, siedelte er schließlich 2019 ebenfalls nach Wien um: "Ich bin mit meinen Eltern gemeinsam in eine große Wohnung gezogen und hatte ein Besuchsrecht für Leon. Etwa drei Jahre lang ging alles gut."

Doch Ende 2022 bemerkte Paul S. ein verändertes Verhalten an seinem Sohn: "Als er bei mir zu Besuch war, wollte er nicht zu seinem Stiefvater zurück und hat sehr geweint. Dana war ständig am Feiern und der Stiefvater hat sich nicht um Leon gekümmert, hat ihm zum Beispiel kein Essen gegeben. Ich habe dann eine Gefährdungsmeldung beim Jugendamt gemacht."

Aus dem Nichts heraus brachte Dana dann im Mai 2023 Leon zu ihm: "Sie meinte, es geht nicht mehr. Sie hat einen neuen Mann kennengelernt und zieht jetzt zu ihm nach Deutschland. Sie hat nicht nur Leon verlassen, sondern auch seinen jüngeren Stiefbruder", ist Paul S. noch immer erschüttert.

Das Leben des 26-Jährigen wurde vollkommen auf den Kopf gestellt, von heute auf morgen wurde Paul S. zum alleinerziehenden Vater: "Es war ein harter Kampf. Ich habe versucht, Leon das Beste zu geben, alles für ihn zu sein – Mama und Papa. Aber er hat sehr gelitten, Dana sehr vermisst. Ich habe versucht, ihn möglichst abzulenken", berichtet er über die größte Herausforderung.

Alltag von Papa und Sohn hat sich eingependelt

Nach mehr als einem Jahr zu zweit hat sich das gemeinsame Leben der beiden nun eingependelt: "Wir stehen um 6.30 Uhr auf, frühstücken dann gemeinsam. Dann bringe ich Leon zur Schule, und gehe arbeiten. Wieder zu Hause bereite ich dann das Mittagessen vor und hole ihn von der Schule ab. Dann essen wir gemeinsam, anschließend machen wir Hausübung oder gehen in den Park", so Paul S.

Um sich um Leon kümmern zu können, arbeitet der 26-Jährige derzeit nur geringfügig als Lieferant, bezieht zudem Notstandshilfe. Unterstützt wird der 26-Jährige von seinen Eltern und vom Verein Mut – dieser stellte dem Papa-Sohn-Gespann eine Ein-Zimmer-Wohnung in Favoriten aus dem Start-Up Programm zur Verfügung.

Die Start-Up-Wohnungen sind als Übergangslösung auf dem Weg zur eigenen Wohnung gedacht, die Nutzungsdauer wird individuell festgelegt: "Ich zahle 620 Euro Miete, mit Strom rund 800 Euro", so der Alleinerzieher, der Ende des Jahres die Bundeshauptstadt verlassen will: "Ich will auf jeden Fall weg aus Wien. Ich will wieder zurück nach Vorarlberg, das ist eine bessere und sichere Umgebung für ein Kind."

Kontakt zu Dana haben Paul S. und Leon nicht mehr: "Zuletzt kam sie auf Besuch nach Österreich. Sie hat bei ihrer Mutter gewohnt. Weil sie ihre Tante geschlagen hat, wurde sie schon nach einem Tag dort hinausgeschmissen. Es war eine Katastrophe, auch für Leon. Jetzt darf sie ihn nur noch übers Gericht sehen, ich habe sie blockiert und den Kontakt abgebrochen – zum Schutz von Leon", erklärt der Wahl-Wiener.

Nächster Schritt in ein eigenständiges Leben

Trotz all der Herausforderungen und Widerstände haben Vater und Sohn den Weg in ein selbstbestimmtes Leben geschafft. Schritt für Schritt geht es für Paul und Leon vorwärts: "Als Erstes wollen wir nach Vorarlberg. Dann möchte ich eine feste Partnerin finden, die mich unterstützt. Ich will für Leon und mich ein stabiles Umfeld schaffen und ein stabiles Leben führen", wünscht sich der 26-Jährige.