Terror in Wien
Mama des Terroristen: "Was haben wir falsch gemacht?"
Eine Spur der Verwüstung zeugt bei der Wohnung des Wien-Attentäters noch vom nächtlichen Terror-Einsatz. "Heute" recherchierte seine Biografie.
Vom "Hotel Mama" in eine vom Steuerzahler geförderte Mietwohnung: Der IS-Attentäter, der aus blankem Hass auf unsere Gesellschaft und unsere Werte kaltblütig mordete, nahm dankbar ein schönes Zuckerl an, das die Stadt Wien bietet.
Wie "Heute"-Recherchen ergaben, zog er am 1.5.2020 vom Kinderzimmer in Liesing in die erste eigene Wohnung in der Donaustadt um. Der 20-Jährige war als Jungwiener vorgemerkt gewesen und erhielt im Frühjahr den Zuschlag für die 42-Quadratmeter-Bleibe. Beschwerden bei Wiener Wohnen gab es über ihn nie; bis auf die November-Miete überwies er den Zins (rund 450 Euro mit Betriebskosten) stets pünktlich.
"Heftige Detonation"
Bei einem Lokalaugenschein am Tag nach dem Terror-Attentat in der City zeugt nur noch eine Spur der Verwüstung im Stiegenhaus des top-sanierten Altbaus sowie eine Ersatz-Alutüre vom hochdramatischen nächtlichen Polizei-Einsatz. Cobra-Cops hatten die Eingangstüre gesprengt und eine Hausdurchsuchung in der Wohnung des Terroristen durchgeführt. "Gegen 1.20 Uhr riss uns eine heftige Detonation aus dem Schlaf. Da gingen gleichzeitig alle Lichter in unserem Bau an", erzählt eine schockierte Nachbarin (57).
Er hörte auf Salafisten
Dass ein IS-Fanatiker mitten unter ihnen lebte, das will hier niemand glauben. Doch wer war der junge Mann, der in den Irrsinn kippte – und was ist seine Geschichte? Der nordmazedonisch-österreichische Doppelstaatsbürger kam in Österreich zur Welt, wuchs in Mödling auf und war als Nachwuchskicker einigermaßen talentiert. Nach der Haupt- und Mittelschule wechselte er in eine HTL in Ottakring, brach sie im 3. Jahrgang ab. Eine Lehrstelle fand er nicht. Immer weiter driftete er dafür in eine abstruse Parallelwelt ab; besuchte fundamentalistische Moscheen in Wien und hing an den Lippen salafistischer Prediger.
Flugticket Richtung Dschihad
Der Tiefpunkt dann im September 2018: Von Schwechat aus flog er nach Istanbul und weiter nach Hatay. Über die Grenze nach Syrien schaffte es der Sohn eines Gärtners und einer Hausfrau aber nicht. Der Teenager wurde festgenommen – und zurück nach Österreich geschoben.
"Eine westliche Frau"
Die Mutter zeigte voller Verzweiflung den eigenen Buben an. Anwalt Nikolaus Rast erinnert sich in "Heute": "Ich hätte einen überzeugten Gotteskrieger nie vertreten. Ich habe das Mandat nur übernommen, da seine Mama – eine völlig westliche Frau – heulend bei mir gesessen ist und gefragt hat: 'Was haben wir nur falsch gemacht bei ihm?'“
Eine Frage, die sich mit ihr nun das ganze Land stellt …
► Die bedingte Entlassung des Täters sorgte indes am Dienstag für heftige Diskussionen. Der Staatsanwalt sprach sich 2019 dagegen aus, die Richterin letztlich dafür. Die Begründung: "erstmals und mittlerweile massiv verspürtes Haftübel", "sozialer Empfangsraum", "Unterkunft nach der Entlassung". Und: "Es kann davon ausgegangen werden, dass der Vollzug von zwei Drittel der Freiheitsstrafe ausreicht, um den Strafgefangenen zu einer gesetzeskonformen Lebensführung zu veranlassen." Eine Fehleinschätzung. Innenminister Karl Nehammer (VP) zeigte sich bei einer Pressekonferenz Dienstagnachmittag entsetzt: "Er hat sich bei der Bewährungshilfe extrem bemüht."
"Öfter Pumpern und Klopfen"
Im "Heute"-Interview zeigten sich die Nachbarn am Tag nach der Tragödie – wie berichtet – tief betroffen. Einen engen Kontakt zum Attentäter habe der 25-jährige junge Mann, der sich für ein anonymes Interview bereit erklärte, nicht gehabt, lediglich einmal habe er seinem Nachbarn die Haustür aufgehalten. Aus der Wohnung des Killers vernahm S. öfter ein "Pumpern und Klopfen". Auch Schreiereien habe er wahrgenommen. Einmal habe er deswegen sogar die Polizei alarmiert. Konsequenzen gab es "leider" keine.
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"Werden uns von Hass nicht anstecken lassen"