Viele könnten nie darauf verzichten, andere streichen es aus Angst vor Extra-Kilos vom Speiseplan und setzen stattdessen auf Low Carb: Brot spaltet die Gemüter. Der deutsche Hausarzt und Hobbybäcker Dr. Björn Hollensteiner – bekannt als "Brotdoc" – erklärt gegenüber "20 Minuten", warum Kohlenhydrate nicht unser Feind sind.
Viele Menschen sehen Brot als "Dickmacher". Sie hingegen sagen, es kann sogar beim Abnehmen helfen. Wie passt das zusammen?
Brot kann nur dann "dick machen", wenn Menschen viel zu viel davon essen, das zur falschen Tageszeit tun und sich überhaupt nicht körperlich betätigen. Wie so oft ist der Schuldige also nicht das Lebensmittel, sondern derjenige, der es verzehrt.
Können Sie das genauer erklären?
Brot enthält sogenannte komplexe Kohlenhydrate. Diese sind für den Körper nur durch einen vorher zwingend erforderlichen Verdauungsprozess verfügbar. Das kostet selbst Energie und sorgt dafür, dass etwa der Blutzuckerspiegel viel langsamer ansteigt als nach dem Verzehr von zuckerhaltigen Lebensmitteln. Wer sich also die absolut notwendigen Kohlenhydrate in Form von Brot, am besten Vollkornbrot, zuführt, dies vor allem in der ersten Tageshälfte tut und die Bewegung nicht vernachlässigt, nimmt durch den Verzehr von Brot ganz sicher nicht zu.
Was macht Brot denn gesund?
Brot enthält auch viele andere gute Bestandteile. Etwa wichtige sekundäre Pflanzenstoffe wie das Beta-Glucan, das auf den Blutzuckerspiegel Einfluss nimmt, die B-Vitamine, viele Spurenelemente und Mineralstoffe, die der Körper braucht. Außerdem schmeckt Brot einer Mehrzahl von Menschen einfach sehr gut und sättigt für mehrere Stunden. Und das ist ein wichtiger Aspekt, um auch mental in einen guten Tag zu starten.
Je nach Getreideart und Mahlgrad kann Brot eine wertvolle Quelle für Ballaststoffe, komplexe Kohlehydrate, Protein, Vitamine, Mineralstoffe, Antioxidantien und sekundären Pflanzenstoffe sein. Ein regelmäßiger Verzehr von Vollkornprodukten fördert die Gesundheit von Darm und Herz und beugt Krebs, Diabetes und Fettleibigkeit vor.
1. Ballaststoffe: Fördern die Verdauung, sorgen für ein langanhaltendes Sättigungsgefühl und unterstützen eine gesunde Darmflora.
2. Energiequelle: Komplexe Kohlehydrate, wie sie das Vollkornbrot liefert, geben Energie und verhindern starke Blutzuckerschwankungen.
3. Nährstoffe: Vollkornbrot enthält wichtige B-Vitamine, Magnesium, Eisen und Zink, die zur Nervenfunktion, Muskelfunktion und Blutbildung beitragen.
4. Darmgesundheit: Fermentierte Brotsorten wie Sauerteigbrot enthalten Milchsäurebakterien, die die Darmflora positiv beeinflussen können.
Low-Carb-Diäten verteufeln Brot. Wie stehen Sie dazu? Ist das aus wissenschaftlicher Sicht Unsinn?
Viele Wege führen nach Rom. Low Carb kann aus meiner Sicht ein Weg sein, kurzfristig rasch etwas Gewicht zu verlieren. Aber schon mittelfristig fehlen dem Körper die notwendigen Kohlenhydrate, um einen gesunden Stoffwechsel zu gewährleisten. Unsere Körper sind optimiert für eine Mischernährung, in der Kohlenhydrate auch schon vor der Neuzeit eine entscheidende Rolle spielten.
Wer sich gesund ernährt, setzt oft auf Vollkornbrot. Ist dunkles Brot automatisch gesünder?
Wenn es wirklich aus einem hohen Anteil oder ganz aus Vollkorn besteht und nicht mit Färbemalzen nachgeholfen wurde, dann ist es gesünder als Weißbrot. Das heißt aber nicht, dass Weißbrot ungesund ist. Es enthält lediglich etwas weniger der guten Nährstoffe. Wer sich wirklich gesund und nachhaltig ernähren will, wählt hauptsächlich Vollkornbrot.
Sie sind leidenschaftlicher Bäcker. Was raten Sie Menschen, die gerade mit dem Brotbacken zu Hause anfangen?
Sie sollten sich nicht verunsichern lassen von dem vermeintlich riesigen theoretischen Wissen. Ein gutes Rezept, das nicht zu kompliziert ist und ein paar Versuche reichen schon, um ein feines, gesundes Brot aus dem Ofen zu ziehen.