Wien
MA35 droht kritischem Programmierer mit Klage
Alexander P. erstellte eine Webseite als Vorschlag für und Kritik an der MA35. Die Behörde reagierte mit einer Klagsdrohung.
In den letzten Monaten wurde vermehrt Kritik an der MA35 laut, die in Wien für Einwanderungsagenden zuständig ist. Lange Verfahren, verschlampte Anträge und mangelnde Kommunikation, so lauten die Vorwürfe gegen die Behörde. Auch der russische Programmierer Alexander P. (30) kann ein Lied davon singen. Seit sechs Monaten wartet er in Wien auf seinen Aufenthaltstitel. Nun entschloss er sich, seine Kritik an der Magistratsabteilung öffentlich zu machen.
Dazu stellte der IT-Experte einen Webseiten-Prototyp online – als Vorschlag, wie eine serviceorientierte Seite der MA35 aussehen könnte. "Ich habe gesehen, dass die MA35 gerade ein heißes Thema ist und mir gedacht, jetzt ist die richtige Zeit dieses Problem zu lösen", so P. zu "Heute". Der Seiten-Entwurf enthält Funktionalitäten zum Vereinbaren von Terminen, Einreichen von Unterlagen und Einholen von Informationen. "Für die erste Version habe ich ungefähr drei Tage gebraucht, insgesamt hat mich das Projekt ungefähr einen Monat lang beschäftigt", so der Programmierer.
Im Netz ist auch eine Erklärung zu dem Projekt zu finden. Darin übt der russische IT-Experte harsche Kritik. Die MA35 sei eine "toxische Behörde und ein Ort, der allen in Wien lebenden Expats als einer der unfreundlichsten und unheimlichsten Orte der Stadt bekannt ist". Die Magistratsabteilung sei eine schlechte und nicht ordnungsgemäß funktionierende Behörde, das Projekt ein künstlerischer Versuch, das Problem zu lösen.
MA35 reagierte mit Klagsdrohung
Wenig begeistert zeigte sich die MA35 selbst. Sie sandte P. ein Schreiben mit der Aufforderung, die Webseite offline zu nehmen und "künftig keine Aktivitäten mehr zu setzen, die fälschlicherweise suggerieren, dass es sich um die Magistratsabteilung 35 handeln würde", sowie "keine unwahren bzw. beleidigenden Aussagen mehr über die MA35 zu treffen". Auch weitere rechtliche Schritte bis zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche wurden angedroht. Der Programmierer will noch rechtlichen Beistand einholen und über das weitere Vorgehen beraten. Eine dem Schreiben der MA35 angeschlossene Unterlassungserklärung wolle er vorerst nicht unterschreiben.
Die Magistratsdirektion begründete das Vorgehen gegenüber "Heute" damit, dass die Seite nicht sofort als Satire erkennbar sei. "Wir bewegen uns hier im Hoheitsbereich der Verwaltung. Jemand, der sich als Behörde ausgibt, begeht eigentlich eine Straftat", so eine Sprecherin. "Die Chance, dass jeder mitkriegt, dass es eine Fake-Seite ist, ist gering. Dort wird ja auch ein Wappen eingesetzt und die Möglichkeit gegeben, einen Antrag zu stellen. Wenn oben groß darüber steht 'Satire', dann wäre es etwas anderes."