Welt
Lucy Letby verschickte nach Morden verstörende SMS
Mindestens sieben Kleinkinder hat Pflegefachfrau Lucy Letby (33) auf dem Gewissen. Um Verdacht von sich abzulenken, versandte sie verstörende Texte.
"Ich weiß nicht, wie ich die Eltern noch einmal sehen soll. Der Vater ist zusammengebrochen und hat geweint, als ich ihn in die Leichenhalle gebracht habe. Es ist herzzerreißend": Dies schrieb Lucy Letby am 9. Juni 2015 an eine Kollegin – einen Tag, nachdem sie zum ersten Mal ein Baby ermordet hatte. Das Kind starb innerhalb von 90 Minuten, nachdem Letby ihre Schicht begonnen hatte. Nur zwei Tage später versuchte die 33-Jährige, den Zwilling von A umzubringen, doch Baby B überlebte. Letbys Reaktion: Sie meldete sich bei ihren Vorgesetzten und bat darum, mehr Nachtschichten machen zu können und Verantwortung zu übernehmen.
Ihrer Kollegin schrieb sie am 13. Juni: "Ich denke ständig an das tote Kind. Ich denke, ich muss wieder in der Abteilung sein, um darüber wegzukommen und die Bilder aus meinem Kopf zu bekommen." Es sei zwar "seltsam", aber so fühle sie sich eben. Auf den Einwand ihrer Kollegin, das werde ihr kaum helfen, antwortete Lucy: "Ich denke, ich muss sofort zurückkehren und ein krankes Baby pflegen, sonst bekomme ich das Bild des anderen Kindes nicht mehr aus dem Kopf."
Nur zwei Tage später starb mit Baby C das zweite Kind, weil Letby dem Kind Luft injizierte. "Es war kein toller Beginn der Schicht und nun wurde es noch schlimmer", schrieb sie einer Kollegin. "Ich kämpfte noch damit zu akzeptieren, was mit Baby A geschah – und nun haben wir Baby C verloren und es ist alles ein wenig zu viel."
"Das könnte jedem Kleinkind passieren"
Eine Woche später ermordete Letby das dritte Kind, Baby D, und wurde danach regelrecht philosophisch: "Jeden Tag ist es eine unglaubliche Arbeit mit so vielen positiven Aspekten. Aber dann denke ich manchmal: Wie können so kranke Babys durchkommen und andere so plötzlich und unerwartet sterben? Ich schätze, das ist wohl so gewollt. Ich glaube, es ist ein Element des Schicksals im Spiel. Es gibt für alles einen Grund."
Bereits am 4. August schlägt Letby erneut zu und tötet Baby E. Gegenüber einer Kollegin, die von "großem Pech" spricht, sagt sie, sie habe "nichts tun können": Der kleine Bub habe eine "massive Blutung" gehabt, was "jedem Kleinkind passieren könne".
Einen Tag später erkrankt Baby F, der Zwilling von E, schwer. Letby mutmasst gegenüber einer Kollegin vorgeblich, dass das Kind ein "hormonelles Problem" habe, und sie hoffe, dass man dieses klären könne. Einen Tag vor dem Tod des Kindes am 9. August schreibt Letby: "Ich habe mich von den Eltern von Baby F verabschiedet, da sie morgen gehen könnten. Beide weinten und umarmten mich und sagten, dass sie mir niemals für die Liebe und Fürsorge danken könnten, die ich Baby F gegeben habe. Es ist herzzerreißend." Sie sei traurig, dass ihr die Eltern für etwas dankten, "das jeder von uns getan hätte". Aber: "Aber es ist wirklich schön zu wissen, dass ich es für sie richtig gemacht habe. Das ist alles, was ich will."
"Bin ich nicht gut genug für den Job?"
Im Oktober stirbt noch ein weiteres Kind – und Letby versucht noch mindestens fünfmal vergeblich weitere Babys zu töten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie aber bereits den Verdacht von Kolleginnen und Kollegen geweckt, weil die Kinder stets unter Letbys Aufsicht starben. "Wir haben Babys verloren, um die ich mich gekümmert habe. Und da denkt man: Bin ich nicht gut genug für den Job?", textete Letby – worauf ihre Vorgesetzten sie trösteten. "Du bist eine der wenigen Pflegefachfrauen in der Region, denen ich meine eigenen Kinder anvertrauen würde", schreibt ihr ein Arzt. Erst zwei Jahre später wurde die Serienmörderin verhaftet. Am 18. August wurde sie dann schuldig gesprochen. Das Urteil am Montag: lebenslange Haft.