Wirtschaft
Lohnstreit im Lebensmittelhandel – drohen nun Streiks?
Die Gewerkschaft im Lebensmittel-Einzelhandel fordert einen Nachtzuschlag für alle Bediensteten ein. Dafür will man mit allen Mitteln kämpfen.
Nach den Metallern, die sich ein ordentliches Plus von 3,55 Prozent rausschlagen konnten, startet nun auch der Lebensmittelhandel mit den Gehaltsverhandlungen. Weil die Nachtarbeit im Vergleich zu 2019 um mehr als 30 Prozent zugenommen habe, fordert GPA-Chefverhandlerin Anita Palkovich nun die Einführung eines Lohnzuschlags für diese Vorbereitungstätigkeiten vor der morgendlichen Öffnung der Filialen. Rund 80.000 Beschäftigte, der Löwenanteil darunter sind Frauen, würden davon profitieren.
"Ich bekomme mein ganz normales Gehalt, wenn ich in der Nacht arbeite. Das ist in allen anderen Branchen nicht so und daher fordern wir, dass die Beschäftigten im Lebensmittel-Einzelhandel auch einen 50-prozentigen Zuschlag bekommen", so Palkovich am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal". Zusätzlich dazu, sollen auch Überstunden von Teilzeitkräften besser abgegolten werden.
"Für uns ist alles vorstellbar"
Während die Arbeitgebervertreter erst einmal einen allgemeinen Lohnvorschlag auf dem Tisch sehen wollen, will die Vertreterin von 430.000 Angestellten zuerst über "diese großen Ungerechtigkeiten und bessere Arbeitsbedingungen für Frauen" sprechen. "Da muss sich die Arbeitgeberseite einfach mal bewegen".
Kommt es bei der heutigen Verhandlungsrunde zu keiner Einigung – davon ist auszugehen – wird am Freitag eine Betriebsrätekonferenz einberufen. Kommende Woche sollen dann Betriebsversammlungen folgen. Kommen auch Streiks? Palkovich ist kampfbereit: "Für uns ist alles vorstellbar, was notwendig ist, damit wir einen fairen Kollektivvertragsabschluss erreichen".
"Auch ein Bäcker weiß, dass er früher aufstehen muss"
Auf Händlerseite sieht man die Sache naturgemäß etwas anders: Schon jetzt gebe es zwischen 20 Uhr und 6 Uhr früh einen Nachtzuschlag von 100 Prozent, erklärt Handelsverband-Präsident Rainer Will im Interview mit dem ORF-Radio. Aber: das gilt nur, wenn es sich nicht um die Normalarbeitszeit der jeweiligen Angestellten handelt.
"Sprich, wenn man ganz bewusst sich entscheidet, in einem Backshop tätig zu sein. Und sie werden mir beipflichten: auch ein Bäcker weiß, wenn er den Beruf auswählt, dass er aufstehen muss in der Früh und am Nachmittag frei hat", rechtfertigt Will diesen Unterschied. Gerade wegen des freien Nachmittags sei dies "ein nachgefragtes Berufsbild".
Absage an Gewerkschaft
Auch sei jetzt kein Geld für große KV-Gehaltssprünge vorhanden. Die Pandemie mit ihren Lockdowns hätte auch dem Einzelhandel in vielen Regionen einen schweren Schlag versetzt. Dazu kommt: "Wir haben eine Bechaffungskrise auch im Lebensmittelgroßhandel hin zur Gastro, in allen Non-Food-Bereichen, höhere Logistik- und Rohstoffkosten, dadurch auch höhere Kosten in der Produktion und Anlieferung", erklärt Will, der auch eine eingetrübte Verbraucherstimmung sieht.
Seine Absage an die Gewerkschaft: "Daher sollte für alle Beteiligten der Arbeitsplatzerhalt im Vordergrund stehen, damit wir die Spaltung, die durch die Pandemie entstanden ist, nicht auch in die Arbeiterschaft reinbringen."