Szene

Lisa Eckhart oder: "Künstler, wehrt euch endlich!"

Das Phänomen der "Cancel Culture" stellt für Kunst-Profi Gerald Matt eine Gefahr für die Kunst dar. Er warnt vor Rufmord als Folge von Selbstjustiz. 

Heute Redaktion
Teilen
Lisa Eckhart (28) wurde letzten Sommer zum Kultur-Aufreger.
Lisa Eckhart (28) wurde letzten Sommer zum Kultur-Aufreger.
Imago Images

Ein neues Phänomen macht sich breit: die "Cancel Culture", was auf Deutsch wenig charmant "Absage- oder Löschkultur" bedeutet. "Cancel Culture" ist en vogue und dabei nichts anderes als eine neue Form von Selbstjustiz. Über Schuld oder Unschuld eines Menschen entscheiden nicht mehr die Gerichte, sondern meist ein über das Internet gesteuerter Mob und die Interessen selbst ernannter "Moralhüter". Diese neue Inquisition sucht sich in hasstrunkener Selbstgerechtigkeit ihre Sünder, im Besonderen in der Welt der Kunst, Wissenschaft und Kultur. Geradezu selbstverständlich werden Boykott und Rufmord als neue außergewöhnliche, aber umso wirksamere soziale Strafen verhängt.

So wurde jüngst die scharfzüngige Kabarettistin Lisa Eckhart von einem Literaturfestival ausgeladen. Hier genügte es bereits, der Künstlerin das Etikett "umstritten" anzuhängen. Als Gast im "Literarischen Quartett" wurde sie gar vom Autor Maxim Biller in der "Süddeutschen Zeitung" mit Untergriffen wie "aus der Zeit gefallene Ostmarkkabarettistin" mit "sehr blonder HJ-Frisur" und "Nazi-Domina-Look" aufs Mieseste diskreditiert und als Antisemitin denunziert.

"Cancel Culture" nimmt der Kunst die Freiheit 

Der Kunst geht es nun schon länger an den Kragen: Museen verklären sich in feigem vorauseilendem Gehorsam zu moralischen Anstalten. Die Kunst, die sich nicht dem neuen zeitgeistigen Moralkanon und den identitätspolitischen Intrigen unterwirft, wird entweder nicht gezeigt oder ins Lager entsorgt. In der moralinsauren Welt der dauerempörten politisch Korrekten haben Kritik, Dialektik oder Ironie keinen Platz mehr. Kunst, die irritiert, Zweifel sät, durch Überspitzung Selbstbetrug und Pharisäertum an den Pranger stellt und Konventionen aufbricht, wird unter reaktionären Generalverdacht gestellt. Ja, die Kunst selbst wird zum nicht tolerierbaren Skandal gemacht.

Die im Namen der Political Correctness zum Sieg der Moral und Verbesserung der Welt gegen Kunst und Kultur geführten Attacken erinnern fatal an totalitäre und dunkle Zeiten der Bücherverbrennung und Berufsverbote. Künstler, wehrt euch, rettet die Kunst vor Political Correctness und "Cancel Culture". Es geht auch um unsere Demokratie und Freiheit! 

1/61
Gehe zur Galerie
    <strong>18.12.2024: Schild vor Restaurant löst hitzige Debatte aus.</strong> Ein Restaurant an der Nordsee ruft Gäste auf, doch bitte nett zu der Bedienung zu sein. <a data-li-document-ref="120078967" href="https://www.heute.at/s/schild-vor-restaurant-loest-hitzige-debatte-aus-120078967">Auf Facebook wird das Schild dazu hitzig diskutiert &gt;&gt;&gt;</a>
    18.12.2024: Schild vor Restaurant löst hitzige Debatte aus. Ein Restaurant an der Nordsee ruft Gäste auf, doch bitte nett zu der Bedienung zu sein. Auf Facebook wird das Schild dazu hitzig diskutiert >>>
    Screenshot Facebook/Markus Reperich; Google Street View