Spiele-Test

"Like a Dragon: Infinite Wealth" im Test – Yakuza-Epos

"Like a Dragon: Infinite Wealth" als neuester Teil der "Yakuza"-Reihe ist ein echtes Kaliber – und eines der besten Rollenspiele aller Zeiten.

Rene Findenig
"Like a Dragon: Infinite Wealth" im Test – Yakuza-Epos
So gut sieht "Like a Dragon: Infinite Wealth" leider nicht immer aus – spielerisch ist es aber große Klasse.
Sega

Nur kurz nach dem überraschend starken "Yakuza"-Gastspiel "Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name" bekommen die Fans der Reihe mit "Like a Dragon: Infinite Wealth" auf PlayStation 4 und 5, Xbox One und Series X|S sowie PC (am 26. Jänner 2024) Nachschub. Und was für einen! "Like a Dragon: Infinite Wealth" ist ein gigantisch großes, aber auch fantastisch zu zockendes Rollenspiel, das euch mehrere Wochen lang beschäftigen wird, ohne dass es dabei langweilig wird. Erzählerisch folgt "Infinite Wealth" übrigens "Yakuza: Like A Dragon" und "The Man Who Erased His Name" nach. Dieses Mal gibt es wieder eine offene, erkundbare Spielwelt, ein klassisches, aber überarbeitetes, rundenbasiertes Kampfsystem und einen ganz neuen Protagonisten und außerdem auch einen komplett neuen Schauplatz.

So findet man sich in der Haut von Ichiban Kasuga auf Hawaii wieder. Keine Angst! Ichiban Kasuga ist eine facettenreiche und spannende Persönlichkeit – und der erste nicht-japanische Schauplatz ist nicht nur schön anzusehen, sondern hat noch mehr opulente Ablenkungen zu bieten, als es die bisherigen Metropolen konnten. Wer die Vorgänger gespielt hat, weiß auch direkt, was das heißt: Die Spielstunden-Anzahl schnellt rasant in den dreistelligen Bereich und trotzdem will man immer weiterzocken, weil man noch immer nicht alle Ecken der Spielwelt erkundet hat. "Like a Dragon: Infinite Wealth" ist auch eine großartige Gelegenheit für Neulinge, in die "Yakuza"-Reihe einzusteigen. Verstand man beim jüngsten "The Man Who Erased His Name" ohne Vorwissen nichts, ist dieses bei "Infinite Wealth" hilfreich, aber nicht notwendig.

Neue Freunde, ein alter Bekannter und eine tolle Story

Ebenso hilft ein gemächliches Tempo, mit dem "Infinite Wealth" seine Handlung eröffnet. Mehrere Stunden lang spielt man sich durch einen Prolog und lernt dabei den Protagonisten und seine Freunde besser kennen, während die Story die Lücke zwischen den zuvor genannten Games erzählerisch schließt – und man schließlich zur Haupterzählung auf Hawaii landet. Dort, wie könnte es anders sein, überschlagen sich die Ereignisse dann beinahe im Sekundentakt. Ichiban Kasuga freut sich eigentlich auf ein Wiedersehen mit seiner totgeglaubten Mutter, doch Akane lässt sich nicht blicken. Aus gutem Grund, immerhin wird sie von so gut wie jedem Gangster durchs Insel-Paradies gejagt. Während sich Ichiban selbst Ärger einhandelt und auf Hawaii festsitzt, kommen neue Freunde und ein alter Bekannter ins Spiel.

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    Nur kurz nach dem überraschend starken "Yakuza"-Gastspiel "Like a Dragon Gaiden: The Man Who Erased His Name" bekommen die Fans der Reihe mit ...
    Sega

    Während sich uns die ersten neuen Freunde vorstellen, treffen wir auch auf den "Drachen von Dojima", Kazuma Kiryu. Er wird langjährigen "Yakuza"-Fans sofort ein Begriff sein, denn der Mann, der da ebenfalls auf der Suche nach Ichibans Mutter Akane ist, ist der Protagonist der bisherigen "Yakuza"- beziehungsweise "Like a Dragon"-Teile. In "Infinite Wealth" zeigt sich der "Drache" aber als gebrochener und an Krebs erkrankter Mann, dem nicht mehr viel Zeit bleibt, seinem Leben einen Sinn zu geben. Das Ryu Ga Gotoku Studio hat es mit dem neuen Teil einmal mehr geschafft, eine vollkommen überdrehte und witzige Krimi-Geschichte zu erzählen, in der auch Emotionen sowie ruhige Phasen nicht zu kurz kommen und die komplexen Figuren so gut herausgearbeitet wurden, dass andere Rollenspiele vor Neid erblassen müssen. 

    Umfangreiches Rollenspiel mit Kino-reifen Videosequenzen

    Zeitweise wähnt man sich übrigens mehr denn je in einem Kinofilm, denn die atmosphärischen Videosequenzen können wie die erstklassig geschriebenen und vertonten Dialoge auch gerne mal mehrere Minuten andauern und bis man überhaupt Zugang zur vollen Spielwelt und den zahllosen Ablenkungen in Form von Mini-Games im Spiel hat, vergehen Dutzende Stunden. Das Gameplay selbst zeigt sich klassischer, man prügelt sich im Missions-Format durch verschiedenste Umgebungen und kann für Erfahrungspunkte und Beute auch immer wieder Nebenaufgaben und Mini-Games nachgehen. Mit erworbener Währung kann man sich Waffen und Ausrüstung in zahlreichen Shops der Spielwelt kaufen und sich mit Sushi und Getränken in Imbissen und in Restaurants eindecken, um sie als heil-Items in Kämpfen zu nutzen.

    Wie gewohnt kann man sich mit allen und jedem in der Spielwelt prügeln, wobei ein eingeblendetes Symbol über den Köpfen von Gruppen zeigen, wie hart die Herausforderung ist – genauso gut kann man aber einen Großteil der Prügeleien auch einfach umgehen. Als Schnellreise-Punkte durch die Spielwelt dienen Taxi-Abstellplätze, bei Kämpfen wiederum kehrt das etwas aufpolierte und rundenbasierte System zurück. Mit bis zu vier Figuren dürfen wir im Trupp auf Feinde losgehen, wobei jede einzelne Figur eine zuweisbare Klasse sowie spezielle Fähigkeiten, Stärken und Schwächen mitbringt. Eine ausgewogene Besetzung ist also Pflicht. Die zuweisbaren Klassen für Spezial-Fähigkeiten der Figuren gibt es wieder in Job-Form, darunter sind einige neue wie "Mafia", "Hitman", "Obdachloser" oder "Bardame" zu finden.

    Ein sensationell gutes Spiel, aber damit hätte man aufräumen sollen

    Ebenfalls neu: Jene Figur aus der Truppe, die man im Kampfgeschehen gerade aktiv ansteuert und nicht automatisch kämpfen lässt, darf man nun auch etwas frei bewegen. Dadurch kann man jetzt auch leichter Objekte in der Umgebung wie Mauern, Stangen, Steine und Co. in den dynamischeren Kampf miteinbeziehen. Was dagegen wieder einmal etwas schade ist: Die Charaktere sind allesamt super animiert, geschrieben und unterhaltsam, ihr "Aufputz" aber wieder einmal sehr platt. Kurze Röcke, riesige Ausschnitte, nach Männern und Frauen "geordnete" Jobs wie "Domina", anzügliche Sprüche und sexuelle Andeutungen am laufenden Band bekommt man auf die Augen und um die Ohren geworfen. Das ist man als "Yakuza"-Zocker zwar schon gewohnt, irgendwann hätte man aber auch damit einmal aufräumen können. 

    Weiterer kleiner Aufputz der Kämpfe ist ein Kombo-lastigeres System – Pfeile zeigen an, in welche Richtung unsere Schläge einen Schergen schicken werden. Dadurch können Spieler besser planen, Feinde in Mauern oder ihre Freunde prallen zu lassen, oder sie aber auch in Richtung unserer Begleiter zu schlagen, um diese mit weiteren Angriffen nachsetzen zu lassen. Anfangs stellt uns das Spiel auch die RPG-Elemente wie Boni und Schwächen im Kampf in appetitlichen Happen vor, später aber geht der Schwierigkeitsgrad steil nach oben, vor allem wenn man sich nicht an die Tipps und Tricks hält. Verbessern darf man sich, auch das kennt man bereits, auf verschiedene Arten. In einer Art Dungeon schraubt man erneut sein Charakter-Level und die -Werte nach oben, in Werkstätten tut man das Gleiche mit Waffen und Items.

    "Like a Dragon: Infinite Wealth" im Test – gigantisch gutes "Yakuza"-Epos

    Bald wird Neulingen auch klar, warum sie wohl mehrere Wochen mit dem neuen "Like a Dragon" beschäftigt sein werden. Der Grund: An jeder Ecke der Spielwelt gibt es etwas zu entdecken und die Zahl an Nebentätigkeiten wirkt endlos. Vor allem aber ist es die Abwechslung – sehr tiefgehende Neben-Storylines schalten sich frei, wenn wir uns mit den Neben-Charakteren des Spiels beschäftigen, doch selbst wenn uns NPCs auf der Straße ansprechen und um Hilfe bitten, kommen dabei meist einzigartige und witzige Missionen heraus. Es muss nicht immer Masse oder Klasse sein, bei der Missionsvielfalt hat der Titel nämlich beides zu bieten. Oder habt ihr als eines von vielen Beispielen schon mal in einem anderen Game einen unterhaltsamen "Pokémon"-Klon gezockt, in den man alleine Dutzende Spielstunden versenken könnte?

    Natürlich sind an den Spielautomaten der Stadt auch wieder jede Menge älterer Sega-Klassiker mit an Bord – und etwas versteckt ist außerdem eine Art "Animal Crossing" zu finden. Nicht viele Titel können das von sich behaupten, aber "Like a Dragon: Infinite Wealth" bietet genug Inhalt, um die Spieler bis zum nächsten Teil der Reihe zu beschäftigen, auch wenn dieser etwas länger auf sich warten lässt. Einer der wenigen Wermutstropfen: Technisch läuft alles sauber ab, grafisch sieht das Game ebenfalls toll aus, ein wirkliches Next-Gen-Wunder ist das Game aber nicht und bringt auch optisch keine Verbesserungen (mit Ausnahme der Videosequenzen) im Vergleich zu "The Man Who Erased His Name" oder gar "Yakuza: Like a Dragon". Dennoch ist "Like a Dragon: Infinite Wealth" ein "Yakuza"-Epos, das für RPG-Fans ein Muss ist.

    rfi
    Akt.