Wien

Kultur statt Zensur: "Satanische Verse" am Heldenplatz

Das Attentat auf den Schriftsteller Salman Rushdie hat auch die heimische Literatur und Kunst-Szene erschüttert. Man zeigt sich solidarisch.

Aus aller Welt erhält Rushdie aus der Literatur-Szene Unterstützung. Am 6.September gibt es laute Stimmen aus Wien, die sich für den Autor einsetzen.
Aus aller Welt erhält Rushdie aus der Literatur-Szene Unterstützung. Am 6.September gibt es laute Stimmen aus Wien, die sich für den Autor einsetzen.
Michael M. Santiago / AFP Getty / picturedesk.com

Nach dem Messerangriff auf den weltweit bekannten Schriftsteller Salman Rushdie zeigt sich die österreichische Kunst und Literaturszene erschüttert.

Bei einer Solidaritätskundgebung am 6. September am Wiener-Heldenplatz treffen die Grazer Autorenversammlung, die IG Autoren und P.E.N aufeinander, um sich geschlossen gegen das Attentat an Salman Rushdie zu zeigen. Aus den satanischen Versen werden unter anderen Doron Rabinovici, Susanne Ayoub und Olga Flor lesen, und setzen so ein klares Zeichen gegen Zensur und für Freiheit in der Kunst.

Menschen versammeln sich am 19. August 2022 in New York City an den Stufen der New York Public Library, um Unterstützung für Salman Rushdie zu zeigen.
Menschen versammeln sich am 19. August 2022 in New York City an den Stufen der New York Public Library, um Unterstützung für Salman Rushdie zu zeigen.
Michael M. Santiago / AFP Getty / picturedesk.com

Tabu seit 30 Jahren

Salman Rushdies Buch "Die satanischen Verse" gilt bei Kritikern als Gotteslästerung. 1989 erließ der verstorbene oberste geistliche Führer des Iran, Ajatollah Ruhollah Chomeini, eine Fatwa gegen den Autoren. In dem Land wurden mehr als drei Millionen Dollar Belohnung für die Tötung Rushdies ausgesetzt. Mehrere Übersetzer des Werks wurden nachfolgend bei Angriffen verletzt oder sogar getötet, wie der 1991 bei einem Messerangriff ermordete Japaner Hitoshi Igarashi.

Islamismus

Für viele Muslime impliziert Rushdie in seiner fiktiven Nacherzählung der wichtigsten Ereignisse der Entstehung des Islam, dass nicht Gott, sondern der Prophet Mohammed selbst die Quelle der offenbarten Wahrheiten ist. Zu Rushdies Verteidigung haben einige Wissenschaftler angeführt, dass er mit seinem "respektlosen Spott" untersuchen wollte, ob es möglich ist, Fakten von Fiktion zu trennen. Der Literaturexperte Greg Rubinson weist darauf hin, dass Gibreel nicht entscheiden kann, was real und was ein Traum ist.

Texte hinterfragen

Seit der Veröffentlichung der "satanischen Verse" hat Rushdie dafür plädiert, religiöse Texte zu hinterfragen. "Warum können wir nicht über den Islam debattieren?", sagte Rushdie 2015 in einem Interview. "Es ist möglich, Individuen zu respektieren, sie vor Intoleranz zu schützen und gleichzeitig skeptisch gegenüber ihren Ideen zu sein und sie sogar heftig zu kritisieren." Diese Ansicht kollidiert jedoch mit der Sichtweise derjenigen, für die der Koran das Wort Gottes ist. Der 75-Jährige setzt sich seit langem für freie Meinungsäußerung ein und kritisierte offen religiösen Extremismus. Er ist ein früherer Präsident des Schriftstellerverbandes PEN America.

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