Fake News im Nahostkonflikt
"Lebende Leiche"? Aufregung um ORF-Berichterstattung
Der ORF ist scheinbar erneut auf Fake-News hereingefallen. In einem "ZiB"-Beitrag zum Nahostkonflikt zeigt der Sender eine "lebendige Leiche".
Bereits im August war der ORF russischer Propaganda aufgesessen. Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz hatte in einem "ZiB"-Beitrag über Korruption und Zwangsmobilisierung gesprochen. Unterlegt war der Beitrag mit Bildern, die nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hatten. Wie die Plattform "Mimikama – Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch" herausfand, soll das Bildmaterial, das unter anderem ukrainische Studenten bei einer Demo an der Grenze zu Polen zeigt, für prorussische Propagandazwecke in einen neuen Kontext gesetzt worden sein.
"Lebende Leiche" in "ZiB"-Beitrag
Nun dürfte der ORF erneut auf Fake-News hereingefallen sein. Am Sonntagabend wurde in einem "ZiB-2"-Beitrag über die Zerstörung des Kamal-Adwan-Krankenhauses berichtet. Dabei wurde unter anderem auch der Fernsehsender al-Jazeera zitiert.
Es ist wieder das Bildmaterial, das für Aufregung sorgt. In einem Videoclip ist ein Mann zu sehen, der über den Körpern eines Mädchens und einer Frau kniet. Beide sind mit einer Wolldecke bedeckt, nur die Gesichter sind zu sehen, allerdings digital unkenntlich gemacht. "Sie sind die Opfer dieser kriminellen Aggression", erklärt der Mann. "Ich schwöre bei Gott, sie trifft keine Schuld."
Bei genauerem Hinsehen kann man jedoch erkennen, dass es sich bei den vermeintlichen Leichen um keine Toten handelt. Während der Aussage des wehklagenden Mannes bewegt sich die liegende Frau plötzlich und blickt zu den Männern neben sich hoch. Der Redner reagiert sofort, zupft an ihrer Kleidung, spricht aber ohne mit der Wimper zu zucken weiter.
Wieso sich der ORF entschieden hat, dieses bizarre Bildmaterial zu zeigen, war zunächst unklar. Erwähnt sei jedoch, dass der Beitrag selbst nicht behauptet, dass die beiden liegenden Personen in der Szene getötet worden wären, es der Kontext aber suggeriert.
So reagiert der ORF
Inzwischen (16.30 Uhr) gibt es auch eine Stellungnahme des ORF. Sie lautet wie folgt: "Das verwendete Material ist geprüftes Agenturmaterial von EBU und Reuters, das auch andere TV-Sender ausgestrahlt haben. Selbstverständlich hat es den redaktionsinternen Faktencheck durchlaufen. Zudem wird im Beitrag nicht der Begriff 'Leichen' verwendet. Vielmehr spricht der Off-Text über 'Opfer'. Diese wurden aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen unkenntlich gemacht. Der Vorwurf der 'falschen Aufnahmen' und des 'Schwindels', wie im Ursprungsartikel der 'Presse' erhoben, wird scharf zurückgewiesen. Der ORF prüft rechtliche Schritte."