Experte klärt auf
Lauschen unsere Handys wirklich Gespräche mit?
Viele von euch glauben, ihr Smartphone höre ihnen zu, um Werbung zu personalisieren. Ein Experte klärt auf, was hinter diesem Mythos steckt.
Der Mythos, dass Smartphones, beziehungsweise Whatsapp, Instagram und Co., uns ständig "zuhören", um unsere Gespräche für zielgerichtete Werbung zu nutzen, ist weit verbreitet. Besonders darum, weil viele das Gefühl haben, genau über die Produkte oder Dienstleistungen Werbung zu erhalten, über die sie erst kurz zuvor gesprochen haben.
Genau so ging es dem 28-jährigen S. Mit seiner Freundin unterhielt er sich vor dem TV über eine Szene in einer Kochshow. Da sie sich uneinig über die Bewertungen der Jury in der Sendung waren, hätten sie über eine bestimmte Szene rege diskutiert. Genau diese Szene wurde ihm am nächsten Tag in seinem TikTok-Feed angezeigt: "Das kann doch kein Zufall sein", meint er. Noch nie seien ihm zuvor TikToks aus dieser Sendung vorgeschlagen worden.
Das sagt ein Experte
Laut dem Cyber-Experten Jan Alsenz ist es eher unwahrscheinlich, dass Apps Gespräche abhören: "Der nötige Aufwand und auch das Risiko im Fall einer Aufdeckung wären für die Unternehmen zu groß." Der Mythos stamme vermutlich daher, dass vielfach derartige Beobachtungen falsch interpretiert würden: "Vielmehr ist das oft auf andere Informationsquellen zurückzuführen, wie Kaufhistorien, Suchhistorien und andere online hinterlassene Daten." Dieses Phänomen sei auch bekannt als "Baader-Meinhof-Illusion".
Der Eindruck des 28-jährigen S. erklärt sich der Cyber-Experte so: "Ich vermute, dass es sich hier um einen schlichten Zufall handelt. Die Show war kontrovers und zur Zeit der Diskussion im Fernsehen, was bedeutet, dass viele Leute darüber gesprochen haben." Er geht daher davon aus, dass schlicht der Algorithmus von TikTok aufgrund von Trending-Inhalten auf den Leser reagierte.
Das sagen Technologieunternehmen
Techriesen wie Meta haben gegenüber verschiedenen Medien wiederholt bestritten, dass sie Audioaufnahmen nutzen, um Werbung zu personalisieren. Auch unabhängige Untersuchungen hätten bisher keine stichhaltigen Beweise für eine solche Praxis gefunden.
Sowieso würde sich das für die Unternehmen nicht lohnen. Die sonstigen gesammelten Daten ihrer User reichten völlig aus, um Werbungen gezielt auszuspielen. Zudem erzeuge das ständige Aufzeichnen und Analysieren von Audio enorme Datenmengen.
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So kannst du dich absichern
Falls du zu den eher misstrauischen Personen zählst, kannst du das Mikrofon ausschalten. Wenn eine App um Erlaubnis fragt, das Mikrofon zu verwenden und man diese Erlaubnis verweigert, sollte die App das Mikrofon nicht nutzen können. Moderne Betriebssysteme wie iOS und Android bieten Kontrollmechanismen, um sicherzustellen, dass Apps nur auf Hardwarefunktionen zugreifen, wenn dies ausdrücklich erlaubt wurde.
Zugriffsrechte lassen sich auf deinem Smartphone auch noch im Nachhinein widerrufen. Bei Android-Smartphones findest du diese bei den Einstellungen über "Apps" – "Name der App" – "Berechtigungen" – "Mikrofon". Bei Apple-Geräten über "Datenschutz & Sicherheit" – "Mikrofon".
Wie ist das Mithören gesetzlich geregelt?
Laut der Rechtsanwältin Stephanie Stampfli fällt das heimliche Mithören durch Apps unter das Datenschutzgesetz und kann strafrechtliche Konsequenzen haben, wenn keine ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person vorliegt. Eine solche Einwilligung erfolgt meist bei der ersten Nutzung der App, wobei Nutzer üblicherweise zustimmen müssen, bevor auf das Mikrofon zugegriffen wird. Dies muss deutlich in den Nutzungsbedingungen verankert sein.
Ohne eine solche Einwilligung sind Aufnahmen nicht nur rechtswidrig, sondern auch strafbar. Stampfli weist zudem darauf hin, dass es für Nutzer oft nicht vorhersehbar ist, in welchem Umfang sie ihre Zustimmung erteilen, und empfiehlt daher, stimmgesteuerte Assistenzfunktionen zu deaktivieren.