Szene
So erinnere ich mich an den Tod von Kurt Cobain
Am 5. April 1994 setzte Kurt Cobain seinem durch Selbstzweifel und Drogensucht geplagten Leben mit einer Schrotflinte ein Ende.
Ich kann mich noch einigermaßen gut an die Tage vor 25 Jahren zurückerinnern. Ich war damals 14 Jahre alt. Meine widerspenstigen Locken plagten sich gerade beim Längerwerden. Green Day und NOFX, zwei der wichtigsten Bands in meinem Leben, hatte ich musikalisch noch nicht so ganz am Schirm, aber ich konnte fast jeden Song des "Nevermind"-Albums auf der Gitarre nachspielen. Mehr schlecht als recht, aber Perfektion war sowieso nichts, das sich mit dem schmuddeligen Grundgedanken von Grunge und dessen Verwurzelung im Punk vertrug.
Der 5. April 1994 war ein Dienstag, an dem ich wie alle meine Freunde zur Schule gehen musste. Ich war schon etwas nervös. Nicht etwa wegen meiner "Lieblingsfächer" Latein oder Mathematik, sondern wegen meines ersten richtigen Konzerts, das ich mit meiner damaligen Band am Wochenende geben sollte.
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Die Musik war einfach, vier Akkorde für die Strophe, drei für den Refrain. Solos, Intros, Bridges - braucht es nicht unbedingt. Warum auch, Nirvana haben es genau so (oder zumindest so ähnlich) vorgemacht. Und sie waren damit mehr als nur erfolgreich. Wütend-angepisst, laut, roh und genau der richtige Soundtrack zum richtigen Zeitpunkt in meinem pubertären Teenie-Dasein.
Internet war damals genauso sehr ein Fremdwort wie Smartphone, Facebook oder Snapchat. Nachrichten wurden nicht in Echtzeit konsumiert, sondern zeitverzögert über das Radio, das Fernsehen oder Tageszeitungen. Als wir in jener Aprilwoche vom Tod des für uns größten - weil er eben der Star unserer Generation war - Rockstars erfahren haben, war das natürlich Gesprächsthema Nummer eins im Schulbus, in den Pausen und teilweise auch im Unterricht. Ja, auch Mitte der 90er gab es schon Lehrer, die wussten, welche Themen die Jugend bewegten. Geweint hat meines Wissen nach keiner, aber traurig war man fix. Die CD-Player in den Klassenzimmern wurden in den folgenden Tagen in den Pausen von der Nirvana-Diskographie okkupiert.
Uns war schon vor seinem freiwilligen Abgang aus dem Leben klar, dass irgendwas nicht mit ihm passte. Der körperliche Zusammenbruch ein paar Wochen zuvor während der Europatour in Italien war nur der letzte von einigen Zwischenfällen, die im Nachhinein betrachtet als wirklich große Warnzeichen hätten erkannt werden sollen. Aber so ist es nunmal - hinterher ist man immer schlauer.
Viele Schüler warfen sich in ihre Nirvana-Shirts, um so ihre Zugehörigkeit zu jenen zu zeigen, deren Idol durch einen lauten Knall aus dem Leben gerissen worden war. Auch bei dem Konzert, das am Samstag nach Cobains Selbstmord stattgefunden hat, waren einige Leiberln mit dem "Nevermind"-Cover oder dem legendären gelben Smiley zu sehen.
Ich pinselte noch kurz vor dem Konzert mit Deckweiß (wer das nicht mehr kennt, bitte googlen) den Namen "Kurt Cobain" und ein Kreuz auf meinen schwarzen Gitarrengurt. Der muss gemeinsam mit meiner leider sehr verwahrlosten Squire-Strat noch irgendwo im Elternhaus herumkugeln.
25 Jahre später höre ich zwar nur mehr selten die Songs von Nirvana, doch haben sie absolut nichts an Bedeutung und Einfluss verloren. (baf)