Gegen die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wird wegen der Freilassung des vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gesuchten libyschen Milizenführers Osama Najeem Almasri ermittelt. Ihr werde Beihilfe vorgeworfen, teilte Meloni selbst in einem am Dienstag veröffentlichten Video auf ihren Social-Media-Kanälen mit. Die Staatsanwaltschaft ermittle auch gegen den Innen- und den Justizminister sowie gegen weitere Regierungsmitglieder.
Die Staatsanwaltschaft in Rom habe eine Untersuchung aufgrund einer Beschwerde des Anwalts Luigi Li Gotti eingeleitet, so Meloni. Der Anwalt sei "ein ehemaliger linker Politiker, der Romano Prodi sehr nahe steht und dafür bekannt ist, Informanten vom Kaliber eines Buscetta, Brusca und anderer Mafiosi verteidigt zu haben".
Giorgia Meloni sieht sich seit Tagen wegen der Freilassung des Chefs der libyschen Kriminalpolizei aus italienischer Haft mit Kritik von der Opposition und Menschenrechtsgruppen konfrontiert. Osama Najeem war aufgrund eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs wegen des Vorwurfs der Kriegsverbrechen gesucht worden.
Am Wochenende des 19. und 20. Jänner hatte die italienische Polizei den Libyer, der zugleich Leiter eines Gefangenenlagers in der libyschen Hauptstadt Tripolis ist, in Turin nach einem Hinweis von Interpol festgenommen. Nach wenigen Tagen Inhaftierung wurde Najeem jedoch wegen eines "juristischen Formfehlers" wieder freigelassen. Laut Medienberichten ist er bereits nach Tripolis zurückgeflogen.
Wie die italienische Nachrichtenagentur "Ansa" meldete, berufen sich die Behörden bei dem "juristischen Formfehler" darauf, dass die Polizei, die Najeem festgenommen hatte, das Justizministerium in Rom nicht, wie vorgeschrieben, unverzüglich über die Inhaftierung Najeems informiert hatte.
Seine Festnahme wurde zunächst von Menschenrechtsgruppen begrüßt. Nach ihren Angaben werden in dem von Najeem geleiteten Gefangenenlager Menschen unter grausamen Bedingungen festgehalten. Der Haftbefehl des IStGH bezieht sich dementsprechend auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die dort begangen worden sein sollen.
Italien unterhält enge Beziehungen zu der Regierung Libyens. Immer wieder nimmt die Küstenwache des Landes Migranten, die die Fahrt über das Mittelmeer nach Europa wagen, an Bord und bringt sie zurück nach Libyen. Rom beobachtet dies mit Wohlwollen.