Szene
Krassnitzer schockt im Kino: "Brauchte 3 Gläser Wein"
"Tatort"-Star Harald Krassnitzer schockiert im neuen Kinofilm "Taktik" als brutaler Geiselnehmer. "Heute" traf den Schauspieler zum Interview.
Krimi-Fans kennen ihn als den kauzigen "Tatort"-Kommissar Moritz Eisner. Für den neuen Film "Taktik", der am Freitag (6. Mai) in den österreichischen Kinos startet, hat Harald Krassnitzer die Seiten gewechselt und verkörpert den brutalen Geiselnehmer Aloysius Steindl.
Basierend auf einer wahren Geschichte
Zum Inhalt: Drei Schwerverbrecher (Harald Krassnitzer, Michael Thomas und Anoushiravan Mohseni) versuchen aus einem Grazer Hochsicherheitsgefängnis auszubrechen und nehmen dabei drei Frauen (Marion Mitterhammer, Michou Friesz und Bojana Golenac) als Geiseln.
Sie fordern die sofortige Freilassung, eine hohe Geldsumme und die Bereitstellung eines Hubschraubers "um die Anstalt verlassen zu können". Die Männer sind "zu allem entschlossen" und binden den Frauen selbstgebastelte Bomben auf den Rücken, die jederzeit explodieren könnten. Der zufällig diensthabende Polizist (Simon Hatzl) versucht, den Anführer zur Aufgabe zu überreden.
Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit, die sich in einem Grazer Gefängnis 1996 zugetragen hat. Die zum Teil absurden und wahnwitzigen Dialoge zwischen dem Polizisten und den Geiselnehmern basieren auf dem Gedächtnisprotokoll des Originalverhandlers.
"Charaktere nicht in eine Schublade stecken"
Harald Krassnitzer hat vor allem die Widersprüchlichkeit seiner Figur fasziniert. "Als Schauspieler versuche ich, Charaktere nicht von Anfang an in eine Schublade zu stecken, auch wenn ich weiß, dass es sich um einen zutiefst unangenehmen Menschen handelt", sagt der 61-Jährige im "Heute"-Interview.
Doch wie hat der "Tatort"-Star sich auf diese brutale Rolle vorbereitet? "Ich musste zuerst einmal herausfinden, was diesen Charakter antreibt. Und natürlich ist es ein ganz menschlicher Antrieb, frei zu sein, endlich aus diesen Mauern rauszukommen. Und die zweite Frage war: 'Wie versucht er sich darzustellen?' Und natürlich versucht er in eine Rolle zu schlüpfen und etwas vorzugeben. Das hat mich im Drehbuch von Hans Bücking und Marion Mitterhammer total fasziniert, welche Brüche dieser Mensch hat", betont Krassnitzer.
Der Film schockiert mit gewaltsamen Szenen. Die Frauen erleben einen zehnstündigen Albtraum, während der naive Polizist sich mit dem eloquenten, hochgebildeten und schwer narzisstisch gestörten Kopf der Geiselnehmerbande ein telefonisches Duell liefert.
"Dazwischen liegt etwas, dass sehr gefährlich ist"
"Der Steindl glaubt, er ist ein Gentleman und tut so, als wäre er weltgewandt. Diese Widersprüchlichkeit fand ich faszinierend, es gibt verschiedene Bruchlinien, die entweder sehr komisch und absurd sind. Und im nächsten Moment hat man plötzlich Mitleid mit ihm und dazwischen liegt etwas, das sehr gefährlich ist", beschreibt Krassnitzer seine Rolle.
Gedreht wurde der Film im Jänner 2020 in der Kirchner Kaserne in Graz. Marion Mitterhammer spielt nicht nur eine der weiblichen Hauptrollen, sondern führte auch gemeinsam mit ihrem Mann Hans-Günther Bücking Regie und agierte als Produzentin. "Wenn der Film schockiert, dann haben wir es richtig gemacht", erklärt die 56-jährige Steirerin im "Heute"-Talk.
Lange Spaziergänge und drei Gläser Wein
Insgesamt 17 Drehtage verbrachte die Crew in Graz. "Der Raum in der Kaserne mit den abgeklebten Fenstern war natürlich schon beengend für uns alle und steigerte ein gewisses Gefühl. Die Drehtage waren sehr dicht. Wirklich abschalten konnte ich erst danach. Da brauchte ich schon drei Tage um mich von diesem pathologischen Zustand zu befreien und meiner Frau anständig gegenübertreten zu können. Besonders nach diesem Film waren ein paar längere Spaziergänge und zwei oder drei Gläser Wein nötig", so Krassnitzer.
"Das scheint in unserer Gesellschaft noch aufarbeitungswürdig"
Die toxische Männlichkeit ist eines der zentralen Themen des Gefängnis-Thrillers. Laut dem "Tatort"-Star hat sich diese in Österreich massiv während der Corona-Zeit verstärkt: "Das scheint in der österreichischen Gesellschaft noch aufarbeitungswürdig. Man muss sich die Wurzeln dieser Symptome näher anschauen. Erst jetzt wurde damit begonnen, dass die Exekutive sensibler mit diesem Thema umgeht und Frauen, die solche Szenarien schildern, ernster nimmt. Der zweite Schritt ist, dass die Justiz ein völlig anderes Bild darauf hat. Weiters müsse man die Schutzräume noch erweitern und ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür entwickeln."
Die Zusammenarbeit am Set mit dem Ensemble rund um Marion Mitterhammer verlief sehr harmonisch. "Marion und ich sind uralte Freunde und Kollegen. Wir kennen uns seit Jahrzehnten und sind uns beruflich immer wieder über den Weg gelaufen. Ich finde es toll, wie sie neben dem eigentlichen Geschäft, eine Linie entwickelt hat, ihre eigenen Träume zu verwirklichen. Da wurde unglaublich viel Energie reingesteckt. Das bewundere ich schon seit längerer Zeit. Und als sie mich vor vier Jahren für die Rolle gefragt, habe ich mich sehr geehrt gefühlt."