Fall aus Floridsdorf
Kranker Wiener in Not – er bekommt keine Pension
Wegen eines schweren Nervenschadens kann Mario K. (61) nicht mehr arbeiten. Trotzdem lehnt die Pensionsversicherung die Berufsunfähigkeitspension ab.
30 Jahre lang war Mario K. (61) in der Hausverwaltung tätig, fuhr teilweise Tausende Kilometer, um die einzelnen Liegenschaften aufzusuchen. Heute verlässt der Floridsdorfer kaum noch seine Wohnung: "Ich gehe nur noch in den Supermarkt und in die Trafik", erzählt der 61-Jährige im Gespräch mit "Heute". Der Grund: Mario K. leidet unter neurogener Dranginkontinenz. Das heißt, sein Darm und die Blase sind aufgrund einer Nervenschädigung unkontrollierbar, er muss ständig auf die Toilette – und das mit nur geringer Vorwarnzeit von etwa einer Minute.
Der Leidensweg des ehemaligen Hausverwalters begann vor acht Jahren: "Im Sommer 2016 konnte ich mich plötzlich nicht mehr aufrichten. Meine Beine haben extrem gezittert, beim Bergaufgehen hatte ich ein heftiges Brennen", erinnert sich Mario K.
„Ich konnte und kann es einfach nicht kontrollieren. Wenn ich es spüre, ist es schon zu spät“
Sein Hausarzt verschrieb ihm Schmerzmittel und Physiotherapie, der Verdacht eines Bandscheibenvorfalls lag nahe: "Doch nichts hat etwas gebracht", so der 61-Jährige. Zu den Schmerzen kam schließlich auch noch eine Inkontinenz: "Ich konnte und kann es einfach nicht kontrollieren. Wenn ich es spüre, ist es schon zu spät."
Trotz der Beschwerden wollte der damals arbeitslose Mario K. wieder arbeiten. Im Mai 2017 trat er eine Stelle als Hausverwalter im Außendienst bei einer Genossenschaft an. Obwohl ihn sein Leiden stark beeinträchtigte, verschwieg er es seinem neuen Arbeitgeber – aus Angst vor einer Kündigung.
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Enorme psychische Belastung
"Ich habe damals Liegenschaften zwischen St. Pölten und Linz betreut, war viel mit dem Auto unterwegs. Ich hatte daher für den Notfall einen 5-Liter-Kübel und zwei Küchenrollen dabei. Und ich habe damals sehr viel Grünland kennengelernt", nimmt es der 61-Jährige mit Humor.
Aufgrund des Corona-Lockdowns und den zahlreichen Schließungen wurde die Situation für Mario K. immer belastender: "Im März 2021 konnte ich einfach nicht mehr. Meine psychische Verfassung war ganz schlecht. Ich hatte sogar schon Panikattacken wegen meiner Drang-Episoden. Ich musste daher in den Krankenstand."
PVA gewährte befristete Berufsunfähigkeitspension
Auch Hilfsmittel wie Einlagen waren keine (dauerhafte Lösung). "Das permanente Einnässen und die anhaltende Feuchtigkeit führen zudem zu Hautreizungen und Infektionen", erklärt der Wiener.
Nach einer absolvierten Reha wegen seines Bandscheibenvorfalls stellte Mario K. daher bei der Pensionsversicherung (PV) einen Antrag auf Berufsunfähigkeitspension – diese wurde ihm befristet auf 18 Monate von 1. Juni 2022 bis 31. Dezember 2023 auch gewährt.
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„Der Chirurg erklärte mir, dass nur noch ein Darm-Schrittmacher infrage kommt. Wenn dieser nicht funktioniert, dann bleibt nur noch ein künstlicher Darmausgang“
Wirbel als Ursache
Immer wieder versuchte der zu 60 Prozent behinderte Wiener der Ursache seiner Inkontinenz auf die Spur zu kommen. Untersuchungen brachten schließlich zutage, dass vermutlich eine Wirbelgleitung (um 1,5 cm verschoben) verantwortlich war: "Mein zweiter und dritter Lendenwirbel wurden dann in einer schwierigen Operation versteift und zusammengeschraubt. Es ging nachher den Umständen entsprechend gut, aber die Inkontinenz ist geblieben", meint Mario K.
Im Oktober 2022 wandte sich der 61-Jährige an die Beckenboden-Ambulanz im AKH und deren Leiter, einen Darm-Spezialisten: "Der Chirurg erklärte mir, dass nur noch ein Darm-Schrittmacher infrage kommt. Wenn dieser nicht funktioniert, dann bleibt nur noch ein künstlicher Darmausgang."
Darm-Schrittmacher brachte Verbesserung
Nach einer Testphase im Jänner 2023 wurde Mario K. der Darm-Schrittmacher eingesetzt – und dieser brachte auch eine Verbesserung: "Es gab eine positive Veränderung von 50 bis 60 Prozent. Statt einer einminütigen Zeitspanne habe ich jetzt etwa fünf bis zehn Minuten Zeit, um auf's Klo gehen zu können. Das ist eine gewisse Erleichterung", meint der Floridsdorfer.
Doch von einem normalen (Arbeits)Alltag ist der zweifache Vater noch weit entfernt: "Meine Lebensumstände haben sich dadurch keinesfalls verbessert. Ich habe daher bei der PVA um eine Verlängerung der Berufsunfähigkeitspension angesucht. Diese wurde aber abgelehnt, weil es mir ja wegen des Schrittmachers jetzt besser geht", berichtet der Floridsdorfer.
PVA lehnte Weitergewährung von Pension ab
Auch "Heute"-Nachfrage heißt es seitens der Pensionsversicherung dazu: "Am 2. Februar 2024 erfolgte eine Begutachtung von Herrn K., die festhält, dass sich nach einem Jahr nach einer Schrittmacher-Implantation eine nennenswerte Verbesserung des Gesundheitszustands eingestellt hat. Laut eigener Angabe von Herrn K. lassen sich die Beschwerden besser kontrollieren und zeitlich hinauszögern. Aufgrund der nennenswerten Verbesserung wurde die Weitergewährung der Berufsunfähigkeitspension mit Bescheid vom 13. Februar 2024 abgelehnt."
Über einen Rechtsanwalt der Arbeiterkammer reichte der 61-Jährige daher Klage beim Arbeits- und Sozialgericht ein. Das Verfahren läuft derzeit noch, im Zuge dessen werden auch medizinische Gutachten erstellt. Mario K. hofft auf einen positiven Ausgang.
Auf den Punkt gebracht
- Mario K., ein 61-jähriger Wiener, leidet seit Jahren unter neurogener Dranginkontinenz, die sein Leben stark beeinträchtigt
- Trotz einer Verbesserung durch einen Darm-Schrittmacher lehnte die Pensionsversicherung die Verlängerung seiner Berufsunfähigkeitspension ab, da sich sein Zustand angeblich gebessert habe
- Mario K.hat nun Klage eingereicht und hofft auf einen positiven Ausgang des Verfahrens