Terrorexperte im Talk
"Könnte hässlich werden": Gefahr für ESC-Fans in Malmö?
Pro-palästinensische Gruppierungen rufen auf Social Media zu Demos gegen Israels ESC-Teilnahme auf. Ein Experte befürchtet Ausschreitungen.
Tausende Menschen reisen für den "Eurovision Song Contest" (ESC) nach Malmö, Schweden – darunter auch die israelische Künstlerin Eden Golan mit ihren Musikern und Tänzern. Die Teilnahme Israels sorgte schon vor Monaten zu Diskussionen.
Forderungen, das Land wegen des Krieges im Gazastreifen vom Wettbewerb auszuschließen, sind die Organisatoren nicht nachgegangen. Nun rufen mehrere pro-palästinensische Gruppierungen zu Demonstrationen während des ESC auf. "Israel ist in Malmö nicht willkommen", heißt es in einem Instagram-Post.
Die Lage scheint angespannt. Die Polizei weist in ihrem Sicherheitsdispositiv auf die geplanten Demonstrationen hin. Zudem wurde für die Bewältigung des ESC Verstärkung aus Dänemark und Norwegen aufgeboten. Der schwedische Terrorismus-Experte Magnus Ranstorp befürchtet, dass es in der ESC-Woche zu Ausschreitungen kommen könnte.
Herr Ranstorp, laut mehreren Medienberichten wird die israelische Delegation aufgefordert, ihr Hotel nur zu ihren Auftritten zu verlassen. Das deutet auf eine angespannte Sicherheitslage hin.
Ja, das ist sicherlich so. In Malmö leben viele Palästinenser. Zudem gehen wir davon aus, dass etliche Palästinenser aus anderen schwedischen und vielleicht sogar dänischen Städten extra für die Demonstrationen in der ESC-Woche anreisen werden. Ebenfalls werden linke, potenziell gewaltbereite Gruppierungen an den Veranstaltungen lautstark teilnehmen. Es könnte hässlich werden. Die Polizei ist auf jeden Fall gefordert.
Was meinen Sie damit?
Es ist ein Albtraum für die Sicherheitskräfte. Für die Demos werden zwischen 20.000 und 40.000 Personen aus verschiedenen Gruppierungen erwartet. Was sie verbindet, ist die Kritik an Israel. Wenn ein Teil der Masse zu Gewalt greift, könnten sich viele anschließen und die Situation so schnell eskalieren. An den Demonstrationen gibt es ein Potenzial für einen perfekten Sturm.
Dazu kommt: Es reisen rund 100.000 ESC-Fans in die Stadt. Die Beamten müssen neben dem Stadtzentrum auch die Arena und das Eurovision-Village schützen. Das ist eine große Herausforderung. Darum hat die Polizei auch Verstärkung aus Dänemark und Norwegen angefragt.
Sind die israelische Delegation und ihre Fans in Malmö sicher?
Einige Israelkritiker werden alles daran setzen, um herauszufinden, wo die israelische Sängerin verweilt. Wenn sie erfolgreich sind, ist es denkbar, dass Demonstrierende sie auf Schritt und Tritt verfolgen und zum Beispiel versuchen, ihren Weg zum Stadion zu blockieren. Deshalb gehe ich auch nicht davon aus, dass die Delegation in Malmö wohnen wird. Sie werden sich wahrscheinlich in einer anderen Stadt oder sogar in Dänemark niederlassen.
Bezüglich der israelischen Fans: Ich wurde gefragt, ob es schlau ist, während der Woche öffentlich mit einer Israelflagge aufzutreten. Eine klare Antwort kann ich keine geben. Am Rande einer Demonstration, glaube ich jedoch, dass das zu einer Eskalation führen könnte.
Was bedeutet das für jüdische Institutionen in der Stadt?
Malmö hat ein Antisemitismus-Problem. Das ist nicht neu. Die jüdische Community fühlt sich schon seit längerer Zeit bedrängt und schwindet nach und nach. Ich glaube aber nicht, dass sich dieses Problem kommende Woche verschärfen wird. Der Fokus der Israelkritiker wird auf den Demos im Stadtzentrum liegen.
Seit dem 7. Oktober und nach dem Terroranschlag in Moskau, wie schätzen sie die Terrorgefahr in Malmö ein?
Ein Anschlag an Großevents kann leider nie ausgeschlossen werden. Die Welt schaut kommende Woche nach Malmö und auch kleinere Vorfälle würden für weltweite Schlagzeilen sorgen und Aufsehen erregen. Das steigert das Terror-Risiko. Dennoch glaube ich, dass die großen Sportevents vom Sommer wie zum Beispiel Olympia in Paris eher gefährdet sind als Malmö. Hier wird der Fokus klar auf die israelische Delegation liegen.