Phlegräische Felder
"Können Ausbruch des Supervulkans nicht ausschließen"
Die Erdbeben um Neapel häufen sich. Die Angst, dass der Supervulkan der Phlegräischen Felder ausbricht, wächst. Eine Vulkanologin ordnet ein.
In Italien braut sich eine Gefahr aus dem Untergrund zusammen: Im September 2023 wurden in der Region um Neapel Hunderte Erdbeben registriert. Eines davon erreichte am 27. September eine Stärke von 4,2 – das gab es seit 40 Jahren nicht mehr. Verantwortlich für diese Beben sind die Phlegräischen Felder (it. Campi Flegrei), ein Supervulkan, der etwa 20 Kilometer westlich des Vesuvs unter der Erde schlummert. Nun droht er wieder zu erwachen.
Vulkanologin erklärt die Gefahrenpotenziale
Bei den Bewohnern des betroffenen Gebiets steigt die Unruhe. Denn die Aktivität der Phlegräischen Felder sorgt für eine Anhebung des Bodens, was Gebäude längerfristig beschädigen könnte. Die italienische Regierung plant nun Maßnahmen für eine allfällige Evakuierung und Kontrollen der Gebäude. Francesca Bianco, Direktorin der Abteilung Vulkane beim Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV), überwacht die aktuelle Lage in Italien und erklärt im Interview mit "20 Minuten" die Situation:
Frau Bianco, wieso hebt sich auf den Phlegräischen Feldern der Boden?
Dieses Phänomen nennt man einen Bradyseismos. Dieser zeichnet sich durch eine langsame Bodenanhebung in Kombination mit Erdbeben aus, der möglicherweise durch Temperaturschwankungen im Grundwasser über der Magmakammer ausgelöst wird. In den letzten 18 Jahren hat sich der Boden im zentralen Gebiet der Gemeinde Pozzuoli um 115 Zentimeter angehoben. In den letzten Monaten hat die Häufigkeit und Stärke der Erdbeben wieder zugenommen. Allerdings sind wir noch ein Stück von den Zuständen der 1980er-Jahre entfernt, als sich der Boden innerhalb von zwei Jahren um 180 Zentimeter anhob und eine stärkere Erdbebenaktivität als heute verzeichnet wurde.
Wie misst das INGV diese Veränderungen?
Wir haben ein dichtes Echtzeit-Messnetz zur Überwachung verschiedener Parameter, die auf vulkanische Aktivitäten im Untergrund hinweisen. Wir messen Erdbebenaktivität, Bodenverformung, Temperaturen, Beschleunigung sowie geochemische Eigenschaften der Fumarolen. [Fumarolen sind vulkanische Bodenöffnungen, aus denen Gas und Wasserdampf austreten; Anmerkung der Redaktion]
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Seit Monaten bebt die Erde auf den Phlegräischen Feldern im Westen Neapels. Das Beben vom 27. September war das stärkste seit 40 Jahren. Die Regierung hat bereits einen Notfallplan für die Region angekündigt.
Deuten aktuelle Messungen auf einen Ausbruch hin?
Derzeit gibt es keine konkreten Anzeichen für eine bevorstehende Eruption. Ausschließen können wir es aber auch nicht, denn in der Vulkanologie basieren Vorhersagen auf Wahrscheinlichkeiten und sind mit viel Unsicherheit behaftet. Insbesondere deswegen, weil wir nicht mit Sicherheit wissen, welche Signale auf einen bevorstehenden Ausbruch hindeuten.
Was könnte im schlimmsten Fall passieren?
Das hängt von der Art der Eruption ab. Vor 40.000 Jahren und nochmals vor 14.000 Jahren gab es auf den Phlegräischen Feldern Ausbrüche mit enormen Auswirkungen. Aktuell ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Phänomens aber gering. Selbst eine "mittelgroße" Eruption hätte aber nicht zu vernachlässigende Folgen für das ganze Gebiet und würde mehrere Städte und Gemeinden treffen, darunter Pozzuoli, Bacoli, Monte di Procida und einen Teil Neapels. Man muss mit schweren Schäden an Gebäuden und Infrastruktur rechnen. Doch wir gehen davon aus, dass diese Gebiete vor einer sich abzeichnenden Eruption evakuiert werden.
Was ist ein Supervulkan?
Ein Supervulkan bezeichnet ein riesiges Gebiet mit vulkanischer Aktivität über einer besonders großen Magmakammer. Weltweit sind 20 Supervulkane bekannt. An der Oberfläche bilden diese einen charakteristischen Kessel, die sogenannte Caldera.
Die Caldera ist bei einem früheren Ausbruch entstanden, als der Vulkan derart große Mengen Magma ausstieß, dass er in sich selbst zusammenfiel. In der Caldera gibt es Geysire, Thermalquellen und Stellen, an denen Gas austritt. Der Boden kann sehr heiß werden.
Zu den Supervulkanen zählen neben den Phlegräischen Feldern auch jener unter dem Yellowstone-Nationalpark in Wyoming (USA), der Taupo in Neuseeland und die La-Garita-Caldera im südwestlichen Colorado (USA).
Wie halten Sie die Bevölkerung auf dem Laufenden?
Das Institut informiert regelmäßig die zuständigen Behörden, darunter den Zivilschutz, der bei Katastrophen zum Einsatz kommt und Evakuierungsmaßnahmen einläutet. Wir veröffentlichen laufend Dokumente über den aktuellen Zustand des Supervulkans und machen diese auch auf unserer Website für die Bevölkerung zugänglich.