Einreise-Streit in Berlin

Knallharte Asyl-Regeln: "Das könnte die EU spalten"

Dieser Streit ist explosiv. Deutschlands geplante Regeln könnten die Stabilität in Europa ins Wanken bringen.

Michael Pollak
Knallharte Asyl-Regeln: "Das könnte die EU spalten"
Bald soll deutsche Polizei Flüchtlinge zurückschicken - auch nach Österreich (Symbolbild von 2023).
EPA-EFE

Die Lage spitzt sich zu. Deutschland streitet heftig um eine verschärfte Asyl-Politik. Ganz Europa zittert mit. Der Plan: Migranten, die am Landweg nach Deutschland einreisen wollen, sollen zurückgewiesen werden. Die wichtigste – noch offene – Frage: Wen genau soll es treffen?

Am Dienstag platze ein erster Migrations-Gipfel in Berlin. Der Union aus CDU/CSU gingen die Pläne von SPD-Innenministerin Nancy Faeser nicht weit genug. Die Union wollte nicht mittragen, dass nur die zurückgewiesen werden, die bereits im "EURODAC"-System eingetragen sind – diese Flüchtlinge wurden also bereits davor in einem anderen EU-Land registriert.

Schon bisher schickte Deutschland 30.000 Flüchtlinge zurück

Der Streit ist noch lange nicht zu Ende. CDU/CSU wollen noch viel strengere Regeln. Der brutale Polit-Poker ist völlig offen.

Was bedeutet das für Österreich? Laut deutschen Behörden wurden bereits im Vorjahr – also mit gemäßigten Regeln – 30.000 Personen an den Grenzen zurückgewiesen (Anm.: das betrifft alle Grenzländer Deutschlands). Wenn neue Knallhart-Gesetze kommen, würde diese Zahl mit einem Schlag um ein Vielfaches steigen, so Experten.

Walter Obwexer, Professor für Europarecht an der Uni Innsbruck, beschreibt für "Heute" ein realistisches Beispiel. Annahme: Die Fluchtroute einer Personengruppe verläuft über Ungarn nach Österreich bis an die deutsche Grenze. Dort werden sie kontrolliert, es kommt raus, dass sie bereits in einem anderen EU-Land registriert sind: "Laut niedergeschmettertem Plan hätten sie an Österreich zurückgewiesen werden müssen", so Obwexer.

Doch ÖVP-Innenminister Gerhard Karner sagt dezidiert, Österreich werde keine dieser Personen annehmen. "Da gibt es keinen Spielraum", sagte er der Bild.

"Diese Menschen wären an der Grenze gestrandet"

Als nächstes, so Experte Obwexer, entsteht eine Patt-Situation: "Wenn weder Österreich noch Deutschland diese Menschen aufnehmen, würden diese an der Grenze stranden. Was macht man aber dann mit diesen Menschen, es gibt ja kein Niemandsland?"

Irgendwann müsste einer der beiden nachgeben. Würde Österreich diese Flüchtlinge aufnehmen, würden die Asylzahlen rasant steigen. Um das zu verhindern, "müsste Österreich nicht rechtlich, aber faktisch dasselbe wie Deutschland machen – diese Menschen wieder an das Land zurückweisen, aus dem sie einreisten." In unserem Beispiel wäre das Ungarn.

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    "Das könnte die EU stark spalten"

    Es beginnt ein Teufelskreis. Denn jedes Land würde jetzt versuchen, diese Flüchtlinge zurückzuweisen. Als Letztes blieben die EU-Außengrenzländer übrig. "Das könnte die EU stark spalten", sagt Professor Obwexer zu "Heute".

    Nächstes realistisches Beispiel: Diesmal kommen Migranten über Salzburg nach Deutschland. Hier wird auf deutschem Boden kontrolliert. Die Behörden müssen – im Fall von strengeren Regeln – die Menschen zurück nach Österreich schicken. Aber: Sollte der Salzburger Grenzpolizist "Nein" sagen, wie es Innenminister Karner befiehlt, ist Deutschland gezwungen, sich um diese Menschen zu kümmern. Die Flüchtlinge wären jetzt in Deutschland gestrandet, auch wenn sie per neuem Gesetz nicht hinein dürften.

    Der Streit in Berlin ist noch lange nicht zu Ende

    "Da hilft auch keine Notfallklausel", sagt Walter Obwexer, "Deutschland muss diese Menschen versorgen, mit einer Unterkunft, Verpflegung und Bekleidung. Auch medizinische Versorgung muss garantiert sein."

    In Berlin ist noch lange keine Ruhe eingekehrt. Nach dem gescheiterten Asyl-Gipfel ist der Streit am Mittwoch umso heftiger im Bundestag weitergeführt worden. Verschärft werden die Gesetze sicher bald. Offen bleibt, wie restriktiv sie werden.

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      Linz AG / fotokerschi.at

      Auf den Punkt gebracht

      • Der Streit um Deutschlands geplante verschärfte Asyl-Regeln könnte die Stabilität in Europa gefährden, da Migranten, die am Landweg nach Deutschland einreisen wollen, zurückgewiesen werden sollen
      • Dies könnte zu einer Situation führen, in der weder Deutschland noch Österreich die Flüchtlinge aufnehmen
      • Die Menschen würden dann wohl - so ein renommierter Experte - bis zu den Außengrenzen zurückgewiesen werden
      • Das könnte letztlich die EU spalten
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