Interview

Klitschko: "Junge Männer sollen zurück in die Ukraine"

Am St. Gallen Symposium plauderte Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko über die aktuelle Lage in der Ukraine.

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    Der Ex-Boxweltmeister und Bruder von Witali Klitschko (Bürgermeister von Kiew) setzt sich für mehr Unterstützung für die Ukraine ein.
    Der Ex-Boxweltmeister und Bruder von Witali Klitschko (Bürgermeister von Kiew) setzt sich für mehr Unterstützung für die Ukraine ein.
    20min/sbi

    Früher kämpfte er um den Weltmeistertitel, inzwischen für sein Land: Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko, der jüngere Bruder von Kiew-Bürgermeister Witali. Er ist einer der Gastredner des diesjährigen St. Gallen Symposiums, das jedes Jahr als Konferenz für generationenübergreifenden Dialog an der Universität St. Gallen stattfindet.

    Der 48-Jährige fordert seit Beginn des Ukrainekriegs stärkere Unterstützung für die Ukraine ein. Im Interview mit "20 Minuten" sprach er über die aktuelle Situation in der Ukraine.

    Herr Klitschko, inwiefern kann die jüngst zugesagte Unterstützung die militärische Situation in der Ukraine verändern?

    Das militärische Equipment, das wir bisher bekommen haben, ist wichtig. Krieg ist schrecklich, man muss sich immer an die Umstände adaptieren, an die Jahreszeiten und Herausforderungen, um sich zu wehren. Da sind die 60 Milliarden, die die Vereinigten Staaten zugesagt haben, sehr willkommen und klingen nach enormen Zahlen. Der Krieg ist jedoch sehr teuer. Das teuerste ist unbezahlbar, unser Leben.

    Wenn die Ukraine fällt, dann wegen der kranken Ambitionen Russlands. Der Krieg wird sich weiter in Europa ausbreiten, denn es geht um das "Russische Reich" und die Ukraine ist nicht das einzige Land, das zu den kranken Ambitionen dazugehört.

    Wie ist der Zusammenhalt der führenden Politiker in der Ukraine und wie steht es um Ihr Vertrauen in Präsident Selenski?

    Wir müssen während des Krieges zusammenhalten. Dass Präsident Selenski den Bürgermeister von Kiew noch nicht getroffen hat, finde ich überraschend. Ich werde aber keine Kritik äußern, es geht um einen äußeren Feind und wir müssen ohne Wenn und Aber zusammenstehen.

    Wie steht es um die russische Opposition, gibt es da eine Zusammenarbeit in irgendeiner Form?

    Welche russische Opposition? Die existiert nicht. Ich habe bisher Einzelfälle gesehen, die aber schnell ausgelöscht wurden.

    Am diesjährigen St. Gallen Symposium tritt auch Wladimir Klitschko als Gastredner auf.
    Am diesjährigen St. Gallen Symposium tritt auch Wladimir Klitschko als Gastredner auf.
    20min/sbi

    Aber es gibt auch dort Menschen, die sich klar gegen den Krieg positionieren?

    Doch, die gibt es. Aber wo sind die?

    Sie treffen in Europa auch auf junge ukrainische Männer. Wie finden Sie das in Anbetracht der Mobilisierungsprobleme der ukrainischen Armee?

    Ich werde nicht verallgemeinern. Menschen haben verschiedene Hintergründe und vielleicht auch gesundheitliche Probleme. Aber: Moral ist wichtig. Wir brauchen eine Mobilisierung, diese hätte schon viel früher stattfinden sollen. Da müssen wir an die eigene Nase fassen und nicht nur nach Außen zeigen. Mobilisierung ist kein populäres Thema für die ukrainische Regierung und den Präsidenten.

    Natürlich sollte eine Mehrheit der jungen Männer zurückkommen. Aber noch einmal: Ich möchte nicht verallgemeinern.

    Finden Sie, dass Russland an der Friedenskonferenz in der Schweiz teilnehmen sollte?

    Putins Russland und Repräsentanten seiner Regierung werden den Krieg nicht stoppen. Sie versuchen mit raffinierten Lügen auch die europäischen Massenmedien zu beeinflussen. Eine Teilnahme Russlands wird bei einer solchen Konferenz nicht viel helfen. Es muss klare und harte Konsequenzen geben für Russland für diesen barbarischen Krieg. Bisher sehen wir keine, bisher sehen wir nur viele Versprechen.

    Wie bewerten Sie die humanitäre Situation in der Ukraine und welche Maßnahmen sind am dringlichsten notwendig?

    Die klare Verbesserung der humanitären Situation ist mit mehr Waffen realisierbar. Im Krieg wird nicht wie in meiner vergangenen Karriere als Boxer mit Fäusten und Boxhandschuhen gekämpft, Menschen bringen die anderen Menschen um – mit Waffen. Das klingt hart, ist aber ein Fakt.

    Aber es gibt auch Kinder, die tatsächlich konkret Hilfe brauchen.

    Wenn wir den Krieg stoppen, dann stoppen wir auch die humanitäre Situation. Selbstverständlich brauchen wir auch humanitäre Hilfe, aber ich wiederhole noch einmal: Um das Grundproblem zu lösen, brauchen wir Waffen. Um uns zu schützen und um uns selbst zu helfen.

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