Wien
Klima-Shakira will sich "über Grenze drüberschleichen"
Die fremdenpolizeiliche Vernehmung der als "Klima-Shakira" bekannten Aktivistin Anja Windl schlug hohe Wellen: Im "Heute"-Talk teilt sie neue Details.
Anja Windl ist in den letzten Monaten zum öffentlichen Gesicht der Klima-Bewegung in Österreich geworden. Immer wieder steht die deutsche Psychologie-Studentin bei Verkehrsblockaden und anderen Aktionen der Letzten Generation an vorderster Front. Am Donnerstag wurde sie von der Fremdenpolizei vernommen, die als Folge der Protestaktionen eine Abschiebung bzw. ein mehrjähriges Aufenthaltsverbot prüft. Im "Heute"-Talk zeigt sich die Aktivistin gleichzeitig entspannt und kämpferisch.
Die Einvernahme am Donnerstag habe über drei Stunden gedauert und sei "sehr anstrengend" und "teilweise auch sehr unangenehm" gewesen, so Windl. Vordergründig sei es darum gegangen, ob sie die Voraussetzungen dafür erfülle, längerfristig in Österreich zu bleiben. In einem zweiten Teil habe die Polizei die Gewaltfreiheit der Proteste infrage gestellt und ihr "Gefährdungspotenzial durch die Proteste" eruiert. Ob sie nun denn abgeschoben werde? Die Aktivistin sieht das Ganze gelassen, es sei "relativ unwahrscheinlich, dass mir etwas passiert".
Kritik "gleichgültig"
Es werde "vermutlich Monate dauern" bis in der Causa endgültige Entscheidungen fallen. Sie sieht sich ganz klar im Recht: Wie sie bereits mehrfach erläutert hatte, studiert sie an einer österreichischen Universität (Klagenfurt), ist sozialversichert und hat ein geregeltes Einkommen. "Insbesondere als EU-Bürgerin" sieht sie es als ihr "Anrecht", hierzulande verweilen – und vor allem protestieren – zu dürfen.
Außerdem wurde ihrer Ansicht nach bisher "auch niemand durch die Aktionen und Proteste der Letzten Generation gefährdet". Sie könne die Kritik, die von vielen Seiten auf die Aktivisten der Letzten Generation hereinprasselt, zwar nachvollziehen. Schlussendlich sei das für die Gruppierung aber "gleichgültig". Denn: "Wir brauchen keine Mehrheit in der Bevölkerung", ihre Protestform sei dafür gar nicht geeignet.
"Über die Grenze drüberschleichen"
Darauf angesprochen, ob sie Österreich freiwillig verlassen werde, entgegnet die Aktivistin forsch: "Ganz sicher nicht, unabhängig von jeglichen Ergebnissen". Ein Urteil, dass ihre Ausreise nötig machen würde, würde sie auf jeden Fall beanspruchen, so Windl. "Ich werde meine eigenen zwei Beine nicht längerfristig über die Grenze packen".
Für den hypothetischen und aus ihrer Sicht unwahrscheinlichen Fall einer Abschiebung werde sie "auf jeden Fall" in Deutschland mit den Protesten weitermachen. Scherzhaft meint Windl außerdem, dass sie sich "vermutlich auch irgendwann über die Grenze drüberschleichen" würde, um an ihre Proteste in Österreich anzuknüpfen.
Mehr Gewalt gegen Aktivisten
Im Jänner machte der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp mit einem Facebook-Post auf sich aufmerksam. Er teilte ein fiktives Straßenverkehrszeichen, dass das Anurinieren eines Klima-Klebers mit einem Daumen nach oben versieht. Windl sieht die Aktion sehr kritisch. In letzter Zeit beobachte sie, dass es vermehrt zu Handgreiflichkeiten gegen Aktivisten komme – aus ihrer Sicht hat das auch etwas mit dem Post des FPÖ-Chefs zu tun.
Darstellungen wie das heiß diskutierte "Verkehrszeichen" würden demnach als Legitimation wahrgenommen, den Aktivisten gegenüber gewalttätig zu werden. Anfangs habe sich das Ganze noch "mehr auf verbale Beleidigungen und Beschimpfungen beschränkt".
Jetzt folgt Graz
Ob der Vorstoß der neuen und alten Landeshauptfrau von NÖ, Johanna Mikl-Leitner, Aktivisten auch länger zu inhaftieren, abschrecke? Nein, denn: "Wir machen das ja aus der tiefen Überzeugung heraus, dass wir jetzt diesen Menschenschutz brauchen." Und: "Wenn wir jetzt nicht handeln, haben wir ein richtig, richtig großes Problem". Daher fordert sie erneut "drastische Maßnahmen".
Finanziert würden die Aktionen und vor allem die anfallenden Gerichtskosten hauptsächlich durch Spenden: Einerseits würden die Spenden über "Open Collective" generiert, andererseits könne man mittlerweile auch den Zugriff auf Ressourcen aus dem Climate Emergency Fund beantragen, erklärt die Aktivistin. In naher Zukunft stehe nun eine weitere Protestwelle in Graz an, an der sich die Aktivistin naturgemäß beteiligen werde, um sich der "fossilen Zerstörung in den Weg zu stellen".