Wirtschaft
Kika/Leiner-Pleite – so geht es mit Gutscheinen weiter
Die angeschlagene Möbelkette Kika/Leiner ist insolvent, 1.900 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Insolvenzverwalter Volker Leitner spricht nun Klartext.
In einer dramatischen Wendung hat der frischgebackene Eigentümer des österreichischen Möbelhändlers Kika/Leiner, Hermann Wieser, angekündigt, Insolvenz für das Unternehmen anzumelden. Die Gläubigerforderungen (Passiva) belaufen sich laut Kreditschützern auf 132 Millionen Euro, auch Steuerrückzahlungen wären noch offen. Auf denen bleiben die Steuerzahler nun sitzen.
1.900 der 3.900 Mitarbeiter werden gekündigt, 23 der 40 Möbelhaus-Standorte werden geschlossen. Per Ende Juli 2023 sperren die Leiner-Standorte in Judenburg, Wels, Linz, Steyr, Amstetten, Vöcklabruck, Villach und Wien-Nord zu sowie die Kika-Standorte in Lienz, Mistelbach, Liezen, Ried, Feldbach, Leoben, Saalfelden, Horn, Unterwart, St. Johann, Wörgl, Stockerau, Imst, Eisenstadt und Wien-Ottakring.
"Falter"-Recherchen deuten zudem auf einen Steuerdeal zwischen René Benko und dem Finanzministerium rund um den Kauf von Kika/Leiner hin. Mithilfe des Finanzministeriums und gegen den Willen des zuständigen Finanzamts soll er bei einem Immobilien-Geschäft Steuervorteile bekommen haben, weil er Arbeitsplätze schaffe. Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher hat die Vorgänge rund um die Insolvenz der Möbelkette Kika/Leiner bereits scharf kritisiert.
"Das kann nicht sein"
Auf die Frage, ob sich der Bund das Vorgehen des ehemaligen Eigentümers René Benko bieten lassen werde, antwortete Kocher gegenüber "PULS 24": "Wird er sich nicht, klarerweise." Er verstehe den Ärger der Belegschaft "absolut": "Und wir lassen das auch prüfen, ob da alles korrekt vonstatten ging. Weil das kann nicht sein, dass man auf Kosten der Republik hier Geschäfte macht." Es gehe jetzt darum, "das klar zu prüfen und etwaiges Fehlverhalten aufzuzeigen."
Von einem etwaigen Steuerdeal zwischen Benko und dem Finanzministerium, über den der "Falter" berichtete, ist Kocher nichts bekannt. "Ich glaube auch nicht, dass das passiert, weil die Steuerprüfungen eigentlich, soweit ich das einschätzen kann, von außen immer völlig unabhängig davon passieren, wer jetzt der Eigentümer ist." Allerdings könne es "natürlich nicht so sein, dass es unterschiedliche Behandlungen von Steuerpflichtigen gibt, egal ob jetzt Unternehmen oder Arbeitnehmer. Es gibt ein Steuerrecht und das muss für alle gelten."
Am Donnerstag dann der nächste Knalleffekt! Insolvenzverwalter Volker Leitner äußerte sich in einer Pressekonferenz um 11.00 Uhr zur Kika/Leiner-Pleite und gab darin einen Einblick in das aktuelle Verfahren. "Es ist nicht üblich, dass es bei Sanierungsverfahren eine Pressekonferenz gibt", stellte Leitner klar.
Ihm sei aber klar und auch bewusst, dass "hier ein öffentliches Interesse insbesondere der Kunden und Lieferanten besteht." Zum Verfahren selbst: das Insolvenzverfahren wurde eröffnet. Es wurde festgestellt, dass eine Überschuldung von rund 132 Millionen Euro vorliegt. Seit 31. Mai wurde das Unternehmen vom neuen Eigentümer übernommen.
Gutscheine einlösen
Es wird eine nachhaltige Sanierung des Unternehmens angestrebt – eine Fortführung des Unternehmens ist während der Sanierung weiter möglich. Am 8. August sind die Forderungsmeldungen einzubringen. Am 25.9. soll über den Sanierungsplan abgestimmt werden. Mitte/Ende Oktober könnte das Sanierungsverfahren beendet werden.
Der Insolvenzverwalter verstehe die Unsicherheit der Kunden, auch Hinblick der Gutscheine. Die Gutscheine können weiterhin eingelöst werden. Die Anzahlungen für offene Kundenaufträge werden angerechnet! Die Kundenaufträge werden erfüllt werden, stellt Leitner unmissverständlich klar.
Hohe Rabatte
Kundenabzahlungen ab jetzt: hier werden die Gelder auf ein Fremdgeldkonten gelegt, das Fremdgeld ist gesichert und man kann den Kunden eine Sicherheit geben. Es gibt auch einen Abverkauf in den Schließungsfilialen mit hohen Rabatten, weil hier das Warenlager geräumt werden soll.
Zu den Lieferanten: die Verträge sollen weiterhin Aufrecht erhalten werden. Das Unternehmen wird fortgeführt und die Lieferanten sollen auch eine Sicherheit haben. Beim Unternehmen sind knapp 4.000 Mitarbeiter angestellt, bezahlt wurde das Gehalt bis Ende Mai. Es werden laufend Betriebsversammlungen durchgeführt!
Die Fortführung wurde vom Gläubigerausschuss genehmigt. Das Unternehmen soll weitergeführt werden – mit 17 Filialen. "Man kann nur hoffen, dass das alles gelingt", so der Insolvenzverwalter. Ungefähr 2.000 Mitarbeiter werden gekündigt, also rund die Hälfte.
"Ich bin aber sehr positiv gestimmt, dass das Unternehmen nach der Sanierung weiter fortgeführt wird", so Leitner. Der neue Besitzer stelle einen hohen zweistelligen Millionen-Betrag für die Sanierung zur Verfügung. Laut Leitner seien alle Gutscheine gedeckt.
3 Monat Kündigungsfrist
Die Mitarbeiter in der Gastro wurden nicht gekündigt, das sind eigene Kapitalgesellschaften. "Diese Gesellschaften sind nicht insolvent", so Leitner. Die Kündigungsfrist der Mitarbeiter würde – je nach Arbeitsvertrag – bei rund drei Monaten liegen. "Es gibt Mitarbeiter bei Fortführungsfilialen weitermachen. Es gibt Einschränkungen in der Zentrale und Logistik-Bereich."