Wien
"Keine OP, Magen kaputt": So leiden Patienten in Wien
Die Situation an den Wiener Spitälern spitzt sich zusehends zu. Auch im Donauspital werden wichtige Operationen verschoben – Patienten müssen leiden.
Der Konflikt zwischen der Stadt Wien und der Ärztekammer bringt keinerlei konstruktive Lösungen der fragwürdigen Situation hervor. Nicht erst seit der Pandemie sind die Spitäler am Limit, der Personalmangel ist eklatant. Doch während die Protagonisten der Auseinandersetzung im Zentrum der Berichterstattung stehen, wird häufig auf die eigentlichen Leidtragenden der Situation vergessen – die Patienten.
Vor kurzem fand ein weiterer öffentlichkeitswirksamer Protest statt: die Belegschaft der Notaufnahme der Klinik Ottakring streikte am 30. Juni eine Stunde lang, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Ein ähnlicher Streik in der Klinik Favoriten konnte gerade noch so verhindert werden. Eduardo Maldonado-Gonzales ist Wiens Vize-Obmann der Kurie angestellter Ärzte und seit zwölf Jahren als Internist im Donauspital im 22. Bezirk tätig. Er gibt "Heute" verstörende Einblicke in die Lage an seinem Arbeitsplatz.
Schmerzmittel statt OP
Ständig würden demnach Operationen verschoben. Ein Beispiel macht die möglichen verheerenden Konsequenzen solcher Verschiebungen deutlich: "Der Termin einer älteren Patientin mit Wirbelsäulenproblemen musste bereits vier Mal verschoben werden, weil die OP nicht lebensnotwendig ist. Sie muss starke Schmerzmittel nehmen, die ihren Magen kaputt machen", so der erfahrene Arzt.
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Passiert nichts, könnte sich die Lage noch deutlich verschlechtern, wie Maldonado-Gonzales' Ausführungen nahelegen. Denn: viele würden ans Aufhören denken, er selbst eingeschlossen. Auch unter den Jungärzten mache sich zunehmend Frust breit, manche wollen "so schnell wie möglich weg". Er selbst wolle das Donauspital in zwei Jahren in Richtung eigener Ordination verlassen: "Ich muss Patienten entlassen, die ich eigentlich noch nicht entlassen sollte. Das ist falsch! Ich habe diesen Beruf gewählt, um Menschen zu helfen."
"Zeitbombe tickt"
Für ihn ist klar, wer für den Verfall der Wiener Spitäler verantwortlich zeichnet. Er lässt kein gutes Haar an Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), welcher von "Ja-Sagern" umgeben sei. Die Führung des Wiener Gesundheitsverbunds (WIGEV) kläre ihn nicht über die Lage auf, so der Internist. Außerdem: Bereits vor Monaten sei ein Papier mit mehreren konkreten Lösungsvorschlägen an den WIGEV und Hackers Büro übermittelt worden. Doch Maßnahmen seien keine getroffen worden.
"Die Zeitbombe tickt und wird explodieren", meint Maldonado-Gonzales auch mit Blick auf die Pflege, wo massive Probleme bevorstünden. Hacker sei "so verloren, wie der Osterhase zu Weihnachten“ und habe "als Stadtrat komplett versagt", schießt er scharf gegen den Gesundheitsstadtrat.
Auch seitens der Rathaus-Opposition hagelte es am Freitag Kritik an den Zuständen. Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp sagt: "Unzählige Ärzte und Pflegekräfte bestätigen, dass die verheerenden Zustände in den Wiener Gemeindespitälern auf politische Fehlentscheidungen von SPÖ-Gesundheitsstadtrat Hacker und fatale Managementfehler des Direktoriums des Wiener Gesundheitsverbundes (WiGeV) rund um die Generaldirektorin Kölldorfer-Leitgeb, ihren Stellvertreter Wetzlinger und den medizinischen Direktor Binder zurückzuführen sind. Wenn man funktionierende Strukturen mutwillig zerstört und Abteilungen schließt oder zusammenlegt, dann braucht man sich nicht wundern, wenn es beim Gesundheitspersonal zu Massenkündigungen kommt und die Versorgung der Patientinnen und Patienten immer schlechter wird." Nepp fordert nun den Rücktritt Hackers und des gesamten WiGeV Direktoriums: "Es braucht einen ein Notmaßnahmenpaket für die Wiener Spitäler und eine kompetente Führung."