Fussball
Kein Titel? Tuchel: "Übernehme die volle Verantwortung"
Thomas Tuchel sollte die Titelträume des FC Bayern am Leben halten. Es sieht danach aus, als misslinge dieses Vorhaben komplett.
Lothar Matthäus nimmt bereits seit Wochen kein Blatt vor den Mund, wenn es um den FC Bayern geht. Er hat sich dabei unter anderem mit Vorstandschef Oliver Kahn gezofft und eine "schonungslose Aufarbeitung ohne Rücksicht auf Namen oder Positionen" gefordert. In den Tagen vor dem Saisonabschluss der Bundesliga zählte er nun auch Thomas Tuchel an: "Diese Meisterschaft zu verspielen, geht auch auf seine Kappe", kritisierte der Rekordnationalspieler.
Zur Erinnerung: Geholt wurde Tuchel, als Champions League , DFB-Pokal und Meisterschaft noch zu gewinnen waren für die Münchner, nach Überzeugung von Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic allerdings nicht mehr unter Julian Nagelsmann. Doch zwei Monate nach dem Trainertausch hat dieser als grandioser Flop zu gelten: Die ersten beiden Titel haben die Münchner unter Tuchel schon verspielt, der dritte ist allem Anschein nach außer Reichweite.
"Natürlich wurden auch schon vor dem Trainerwechsel viele Fehler gemacht, die schließlich zu dieser Situation geführt haben", urteilte Matthäus in Bild, er behauptete aber auch: "Die Mannschaft, die unter Nagelsmann noch auf Triple-Kurs lag, spielt unter Tuchel schlechter." Halbwegs überzeugend gewann der FC Bayern nach dem Trainerwechsel gleich gegen Borussia Dortmund (4:2). Die Bilanz der zehn Pflichtspiele danach: vier Siege, zwei Unentschieden, vier Niederlagen.
Zum Auftreten der Mannschaft unter seiner Anleitung dürfe "jeder seine Meinung haben", sagte Tuchel am Freitag, doch davon abgesehen sei es in der Tat "auch schwierig, dagegen zu argumentieren", denn es sei ja zutreffend: "Wir sind auf gar keinen Fall zufrieden, wie wir spielen." Dass deswegen auch er in der Kritik stehe, sei berechtigt. "Wenn du an der Seitenlinie bist", sagte Tuchel, "dann bist du voll verantwortlich, und das wird mir auch keiner abnehmen."
Seine Verantwortung hatte Tuchel bereits betont, als er vorgestellt wurde in München. Außerordentlich optimistisch war er damals an seine Aufgabe herangegangen. "Die DNA des Klubs ist eine Verpflichtung", sagte er, und ja: "Man kann mit diesem Kader um jeden Titel mitspielen." Dass es ganz anders gekommen ist, hat Tuchel zunehmend frustriert. Die Mannschaft, in die er sich früh "schockverliebte", stellte er zuletzt immer häufiger in den Senkel.
Über die beiden Männer, die ihm mehr oder weniger den Auftrag zum Triple-Gewinn erteilt haben, wollte Tuchel am Freitag nichts Negatives sagen, Kahn und Salihamidzic "sind natürlich die maßgeblichen Ansprechpartner für mich bisher gewesen". Vielleicht sind sie es ab Dienstag nicht mehr, in der Aufsichtsratssitzung des FC Bayern könnte es zum großen Knall kommen. Gut möglich, dass dann mindestens einer von Tuchels Ansprechpartnern weg ist.
Doch erst mal geht's noch zum 1. FC Köln, während zeitgleich die zwei Punkte voraus liegenden Dortmunder gegen Mainz 05 ihr Schicksal und damit auch das des FC Bayern in der Hand haben. "Es kann alles passieren, in jedem Spiel kann alles passieren", sagte Tuchel, doch er klang dabei nicht sehr überzeugend. Eher wie einer, der bereits weiß: "Das wird keine Saison mehr, mit der wir zufrieden sind." Egal, was passiert.