Szene
Jungfräulich & mit viel Spaß ins kühle Nass
Dominic Oley verschiffte vergangene Woche mit seiner "Titanic" die beste Komödie zwischen hier und dem amerikanischen Kontinent ins Bronski.
"Titanic" soll das Bronski-Theater vor dem Untergang retten" liest man so schön in diversen österreichischen Medien. Der Grund dafür ist leicht erklärt: Das progressiv-coole Boulevardtheater mit erstklassigem Ensemble muss ganz ohne "Rettungsanker" (= Subventionen) auskommen.
Und dennoch oder vielleicht gerade deswegen passiert in diesem kleinen, feinen Theater am Wiener Alsergrund immer wieder ein kleines Wunder. Sah es 2017 noch nach einer Schließung aus, etabliert sich das "Bronski", wie es Umgangsprachlich liebevoll genannt wird, immer mehr zum Geheimtipp der Wiener Theaterszene. Nicht zuletzt wegen seiner ausgezeichneten Darsteller und einem noch motivierteren Team. Noch dazu durfte sich das kleine Theater 2017 über eine Nestroy-Nominierung freuen.
Erfolge am laufenden Band
Nach Erfolgsstücken wie "Richard III", "My Funny Valentino"(ebenfalls von Dominic Oley), "Der Spieler" (mit Dominic Oley), "#Werther", "Dracula", "Kevin allein zu Haus" (auch von Dominic Oley!) und dem via Crowdfunding finanzierten "Haus"-Stück "Rigoletto" (ohne Dominic Oley) brachte das Bronski vergangene Woche wieder einmal eine absolut gelungene Slapstic-Sause auf die Bühne. Hier wechseln Wortwitz, Insiderjokes und (gut getimtes!) faydeausches Türenkleschen einander im Sekundentakt ab.
Jungfernfahrt eines Katastrophendampfers
Die liebevoll von Kaja Dymnicki gestaltete Bühne schafft auch mit einfachsten Mitteln ein durchaus legitimes Schiffsambiente. Die Kostüme (Katharina Kappert) sind so herrlich verstaubt, dass sie tatsächlich von einem alten Dampfer stammen könnten. Und die Schauspieler? Einer besser als der andere. Man spürt hier nicht nur die Spielfreude jedes Einzelnen sondern auch Oleys Gespür für ...äh...ein perfekt zusammengewürfeltes Ensemble natürlich.
Das Schöne: An diesem Theater nimmt sich niemand selbst zu ernst. Man möchte unterhalten - und das im Kollektiv. Die Rechnung geht auf, das Stück saust rasant dahin wie ein Partyschiff aus einer anderen Zeit.
"Diebesgeschichte mit Absaufdatum"
Doch zurück zum Stück: Die mittlerweile steinalt gewordene Rose erinnert sich an die letzten Stunden an Deck der so "unsinkbaren Titanic". Ihr Vater, Bruce Manchester, der Erbauer der Titanic und Präsident der "White Star Line" (köstlich: Claudius von Stolzmann), ist in einen fiesen Aktienschwindel verwickelt und möchte nichts mehr, als den Dampfer so schnell wie möglich in New York einlaufen sehen und seinen Widersacher (Alexander Braunshör) endlich loswerden.
Seine Tourette-geplagte Frau Lorelei (sorgt für jede Menge Schenkelklopfer: Daniela Golpashin) - nebenbei auch höchst ungehobelte Stiefmutter von dessen Tochter Rose, hofft auf einen kurzweiligen Seitensprung mit einem englischen Lord (spleenig: David Oberkogler), der wiederum alles dran setzt, das Diamantenkollier seiner verhassten Frau (lustig wie schön: Johanna Prosl) verschwinden zu lassen, um die Versicherung zu betrügen. Hierbei soll ihm der sogenannte Quotenausländer, ein höchst amüsanter Kubaner (umwerfend gut: Boris Popovic), helfen. Ein saukomisches "Irr-Verwirr-Spiel wie bei Peter Alexander und Gunther Phillipp oder Walther Matthau und Jack Lemon.
Jake & Rose reloaded
Die eigentlich höchst romantische Begegnung zwischen dem Schiffsarbeiter Jake (besser als DiCaprio: Paul Graf) und der verwöhnten Tochter Rose (Lisa-Carolin Nemec) ist in Wahrheit gar nicht so romantisch wie man glaubt. "Running- Gag" des Abends ist und bleibt aber das "Bettenlager im zweiten Zwischendeck" welches die Betten vom zweiten Zwischendeck zwischenlagert. Ebendort und natürlich ohne Licht treffen die tollpatschigen Passagiere für ein angedachtes Schäferstündchen zusammen. Würde man nicht in der Kotze des Kapitäns (
Thomas Kamper) ausrutschen, das falsche "Hündchen" das so wertvolle Collier (nein, nicht der Rassehund Collie!) unter dem Bett vorfinden und sich das verhasste Ehepaar immer wieder aufs Neue über den Weg laufen, hätte die "Jungfernfahrt" ihren Namen vielleicht gar nicht verdient.
Zuletzt sorgen Serge Falck und Thomas Weissengruber noch für ein spritziges Ende - mit einem Geist!
Das Bronski selbst tituliert das Stück so herrlich passend:
"Ein akrobatischer Aktienschwindel auf einem Weltrekord Schiff. Ein gestohlenes Kollier. Eine Liebesgeschichte mit sehr zeitlichem „Absaufdatum". Erheiternde Seitensprünge in die Abgründe menschlicher Seelen. Es wird betrogen, es wird gelogen, es wird versprochen, es wird gebrochen. Es gibt ein Wiedersehen mit Rose und Jake!"
Fazit dieses lustvollen Untergangs: Höchst sehenswert!
Regie & Text: Dominic Oley
Die Darsteller:
Alexander Braunshör, Serge Falck, Daniela Golpashin, Paul Graf, Thomas Kamper, Lisa-Carolin Nemec, David Oberkogler, Johanna Prosl, Boris Popovic, Claudius von Stolzmann, Thomas Weissengruber.
Das Team:
Bühne: Kaja Dymnicki
Kostüm: Katharina Kappert
Regieassistenz: Katharina Stöger
Wo? Bronski & Grünberg-Theater (9., Müllnergasse 2)
PREMIERE: 17. Jänner 2018
Weitere Spieltermine: 18. und 31. Jänner, sowie 1./9./12./13. Februar und 1./2./8./25./28./29. März (Beginn: jeweils 19.30 Uhr).
Tickets & Infos hier: Bronski & Grünberg