Terror in Wien

Jetzt spricht der Opa des Wien-Terroristen (20)

Dass sein Enkel in Wien erschossen wurde, bestürzt ihn kaum: Nun spricht der Großvater des Täters. Er hat bereits vor Monaten den Kontakt abgebrochen.

Maxim Zdziarski
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    Vier Tote und viele teils schwer Verletzte – das ist die traurige Bilanz eines Terroranschlags in der Wiener Innenstadt.
    Vier Tote und viele teils schwer Verletzte – das ist die traurige Bilanz eines Terroranschlags in der Wiener Innenstadt.
    Reuters

    Montag, der 2. November. Ein schwarzer Tag für Wien, für Österreich. Ein 20-Jähriger schoss am Schwedenplatz wild um sich. Sein terroristisch motivierter Angriff, zu dem sich inzwischen der IS bekannt hat, forderte das Leben von vier unschuldigen Menschen. 23 Personen wurden teils schwer verletzt.

    Der Attentäter, ein 20-jähriger österreichisch-nordmazedonischer Doppelstaatsbürger, hatte - wie sich rasch herausstellte - einen islamistischen Hintergrund. Er war wegen Mitgliedschaft in einer Terror-Organisation vorbestraft. Zuvor hatte er sich in der Salafisten-Szene radikalisiert. Die Frage, die sich nun auftut, ist, wann und wie genau er in diese Szene gekippt war. Was sagen seine Angehörigen, Menschen in seiner Heimat? "Heute" hat recherchiert.

    Der Täter – was wir bisher zu seiner Person wissen

    Geboren wurde er im Jahre 2000 in Mödling und war Doppelstaatsbürger Österreichs und Nordmazedoniens. Seine Familie führte ein normales Leben, der Papa ist Gärtner, die Mama arbeitet als Verkäuferin. Eine Schwester hat er auch.

    Sein Bildungsweg führte den 20-Jährigen von der Volksschule, über Mittel- und Fachmittelschule zur HTL. Jene besuchte er in Ottakring, drei Jahre lang. Seine Schullaufbahn endete hier abrupt, nachdem er sich dazu entschloss, nach Syrien zu reisen. Im September 2018 begab er sich in die Türkei, von dort aus hätte es weiter nach Syrien gehen sollen. Dies gelang ihm jedoch nicht, knappe zwei Wochen später wurde er in der Türkei in Schubhaft genommen und dann wieder nach Österreich zurückgeschickt.

    In Wien wurde der junge Mann im Jänner 2019 festgenommen und in U-Haft gebracht. Auch seine Mutter sagte gegen ihren Sohn aus.

    Wie die Auswertung seines Telefons ergab, lebte der 20-Jährige offenbar in einer Doppelwelt. Auch besuchte er wohl mehrmals die einschlägig bekannte Moschee, die bereits seit Jahren ein bekannter Treffpunkt für Menschen mit radikal-islamistischem Gedankengut ist, die demokratische Werte und Institutionen ablehnen.

    Nachdem ihm im April 2019 der Prozess gemacht wurde, wurde das Urteil (22 Monate Haft) mit 12.7.2019 rechtskräftig. Er kam ins Gefängnis. Schon am 5.12.2019 wurde er aber wieder entlassen.

    Danach sei er nicht aufgefallen. Er hat sich nach seiner frühzeitigen Entlassung "bei der Bewährungshilfe extrem bemüht", habe sich auch stets unauffällig verhalten – bis zum Sommer dieses Jahres. Da wurde er am 21. Juli auffällig, als er in Bratislava Munition für seine AK-47 kaufen wollte, wegen eines fehlenden Waffenscheins aber scheiterte.

    Am 2. November dann die Tat: der Terror-Anschlag auf die Wiener Innenstadt.

    Bekannte aus Nordmazedonien melden sich zu Wort

    Der 20-Jährige besaß eine doppelte Staatsbürgerschaft, war neben Österreich auch in Nordmazedonien verwurzelt. Nun meldete sich unter anderem sein dort lebender Großvater zu Wort. Nordmazedonische Medien berichten darüber, wie der Attentäter von Wien regelmäßig in seine zweite Heimat gereist sei – ein kleines Dorf im Westen des Landes, in der Nähe von Tetovo. Dies erzählte der Großvater des 20-Jährigen.

    Bevor die Familie des Täters im Jahre 2000 nach Österreich zog, lebte sie in einem Haus in einem Dorf in Brvenica. Der Täter stammte Bekannten zufolge aus gutem Elternhaus. Niemand könne die Tat fassen. Auch der Bürgermeister der Stadt Brvenica, Enver Pajaziti, zeigte sich bestürzt über den Vorfall. Die Bewohner der Ortschaft stünden unter Schock. Niemand könne begreifen, wie sich das ereignen konnte. Die Familie sei stets sehr nett gewesen, berichtet "sloboden pecat". Zudem tue es ihm Leid, dass sein "Dorf, die Gemeinde und das Land nun in so einem negativen Kontext erwähnt werden".

    Einer der islamischen Geistlichen aus demselben Dorf, so "index24", erzählte, auch er kenne die Familie. "Ich kenne seine Familie und jeder hier spricht gut von ihr." Zudem erinnerte er noch einmal daran, dass "Terrorismus nichts mit dem Islam zu tun hat".

    Großvater fassungslos

    In einem Gespräch mit der Zeitung "Klan Makedonija" erzählte der Großvater des Angreifers, dass sein Enkel die Heimat jedes Jahr mit seinen Eltern besucht habe. Er verweilte dort zwar immer zusammen mit den Eltern in deren Wohnung, hatte aber auch eine eigene. Örtlichen Medien zufolge sollen bereits im Jahr 2018 im Heimatort des Attentäters Waffen und Drogen sichergestellt worden sein: eine Pistole, Handgranaten, Blendgranaten, ein Granatwerfer, Munition und über 20 Gramm Gras.

    "Jetzt weiß niemand mehr, was er dort in seiner Wohnung getan hat." Jedoch sagte der Großvater auch, dass er seit sechs Monaten keinen Kontakt mehr zu der Familie gehabt habe, einen Grund nannte er dabei aber nicht. Als er von dem Tod seines Enkels erfuhr, fragte er, ob er denn getötet worden sei. Nachdem ihm diese Information bestätigt wurde, zeigte er sich kaum bestürzt – eher verständnisvoll [Anm.: dafür, dass die Polizisten so handelten]. "Er ist selbst schuld daran." Daraufhin fragte er, was er (und seine Familie) tun könnten, um zu helfen. 

    Terror-Ermittlungen in Wien

    Die Ermittlungen rund um den Terror-Anschlag laufen nach wie vor auf Hochtouren, alle mit dem Täter in Zusammenhang stehenden Personen gilt es auszuforschen. Die neuesten Erkenntnisse kannst du HIER nachlesen!

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      Helmut Graf
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