Jetzt gehen Wiens Sozialmärkten die Lebensmittel aus

Von 2021 auf 2022 vervierfachte sich der Kundenstock des Gratis-Sozial-Greisslers vom Verein MUT in der Rechten Wienzeile 37 in Wien. Bis zu 200 Menschen standen pro Tag in der Warteschlange. Und auch im laufenden Jahr ist kein Rückgang zu verzeichnen. Ganz im Gegenteil! Was aber stark zurückgeht, ist die Ware, auf die der Verein zurückgreifen kann.

Auch den "Sozialen Greißler" in Wiener Neustadt (NÖ) plagen diese Sorgen. Betreiber Franz Lechner weiß nicht mehr, wo er die Mengen an Ware auftreiben soll, die er für seine steigende Kundenzahl bräuchte.

Weniger Lebensmittelverschwendung, weniger Essen für Arme

Ein großer Teil des Angebots stammt aus nicht mehr verkäuflichen Waren aus Supermärkten. Hier zeigt sich in den vergangenen Jahren ein begrüßenswerter Trend zu weniger Lebensmittelverschwendung, sprich weniger Produkte werden nach Ladenschluss entsorgt. Für die Projekte des Vereins, allen voran den Gratis-Sozial-Greissler im 4. Bezirk in Wien, bedeutet dieser positive Trend allerdings auch weniger Lebensmittel für immer mehr armutsgefährdete Menschen, heißt es nun vom Verein MUT.

"Wir bemerken in den vergangenen drei Jahren ganz klar, dass weniger reinkommt und gleichzeitig aber mehr Bedarf an Lebensmitteln da ist. Die Schere geht hier kontinuierlich weiter auseinander. Deshalb suchen wir weitere Kooperationspartner:innen abseits des Handels im Bereich der Lebensmittelproduktion, wie zum Beispiel landwirtschaftliche Betriebe und Direktproduzenten", sagt Gregor Ruelens, Leiter der Lebensmittelrettung beim Verein MUT.

Verein ging selbst unter die Produzenten

Um den Bedarf an frischem Gemüse sicherzustellen, ging der Verein selbst unter die Produzenten. Heuer wird bereits im dritten Jahr ein 2.000 m2 großes Feld in Obersiebenbrunn biologisch bewirtschaftet. 2022 konnten dort 3.103 Kilo Bio-Gemüse geerntet werden, das im Gratis-Sozial-Greissler sowie von anderen sozialen Organisationen wie dem Neunerhaus an armutsgefährdete Menschen ausgegeben wird.

Der Eigenanbau macht das Minus an geretteten Lebensmitteln vom Handel allerdings nicht wett, deshalb sucht der Verein nun aktiv nach neuen Kooperationspartnern, vorzugsweise Direktproduzenten und Landwirte, die zum Beispiel mit ihren Ernteüberschüssen und nicht verkäuflichen Lebensmitteln die Arbeit des Vereins unterstützen wollen.

Über den Verein MUT

Der soziale Verein MUT mit seinen Standorten in Wien, Salzburg und St.Pölten wurde 2005 von einem bunt durchgemischten Kollektiv aus engagierten Menschen ins Leben gerufen und leistet einen beträchtlichen Beitrag zum sozialen Gefüge. Das Team widmet sich den Kleinen und Bedürftigen und unterstützt sowohl im Alltag als auch in Notsituationen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Not- und Obdachlosenhilfe, Familien-Einrichtungen als betreute Notunterkünfte, Lebensmittelrettung und -verteilung, der Kost-Nix Laden in Salzburg als Tauschplatz gut erhaltener Kleidung sowie der Veranstaltungsraum open space beim Naschmarkt. Dabei zeichnet MUT eine schnelle, nachhaltige und effiziente Hilfe, die direkt ankommt, aus. Der Verein ist wirtschaftlich und politisch unabhängig und finanziert sich hauptsächlich aus Spendengeldern, überwiegend von über 33.000 Mitgliedern.