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Investor-Erben fordern 93.000 Euro von Krebskranker
Angiolina Berardelli verkauft Perücken für Krebspatienten. Nun fordern die Nachfahren ihres Investors das Geld zurück. Das wäre ihr finanzieller Ruin.
"Wenn ich das Geld sofort zurückzahlen soll, gehen meine Familie und ich in Konkurs. Aber den Erben scheint das egal zu sein", schildert die Schweizerin Angiolina Berardelli laut dem Nachrichtenportal "20 Minuten" verzweifelt. Die Erben ihres verstorbenen Investors fordern das Geld zurück, das sie als Darlehen für ihr Perückengeschäft erhalten hatte.
100.000 Franken – umgerechnet etwa 93.000 Euro – investierte der langjährige Familienfreund 2017 in Angiolinas Unternehmen "caphat design" in der Gemeinde Dietlikon (Kanton Zürich). Letztes Jahr starb er. Diesen März erhielt Angiolina per Post die Forderung, den gesamten Betrag der Forderung innerhalb von sechs Wochen zu bezahlen.
"Die Zeit drängt"
"Ich war total überrascht, als ich den Brief erhielt. Eine Rückzahlung war nicht abgemacht", so Angiolina. Schriftlich wurde festgehalten, dass das Darlehen auf unbestimmte Zeit vergeben wird. Angiolina zahlte dafür zwei Prozent Zins pro Jahr, solange der Investor lebte.
Die Familie Berardelli suchte das Gespräch mit den Erben. "Rückzahlungsvorschläge, wie zum Beispiel Ratenzahlung, haben sie nicht akzeptiert." Da dies abgelehnt wurde, hätten sie die Frist strecken können, so Angiolina. "Aber die Zeit drängt. Wir müssen das Geld beschaffen." Darum haben Angiolinas Kinder ein Crowdfunding gestartet, um das Geld via Spenden zusammenzubringen. Das Crowdfunding läuft noch – es fehlen noch die Hälfte des geforderten Betrags.
Chemo zehrt an Kräften
Zurzeit steckt Angiolina mitten im Kampf gegen Brustkrebs – zum vierten Mal. "Nach der Chemo kann ich jeweils drei Tage lang nur liegen. Falls es irgendwie geht, arbeite ich danach zwei Tage. Es muss ja Geld reinkommen."
Für Angiolina ist die Situation belastend: "Ich habe in meinen 61 Jahren viele Rückschläge erleben müssen. Aber dass man in dieser schweren Zeit eine solche Forderung stellt, beschäftigt mich sehr. Meine ganze Existenz ist bedroht. Alles, was ich in den letzten 37 Jahren aufgebaut habe! Ich möchte für die wenige Zeit, die mir bleibt, sorgenfrei leben. Aber diese Forderung lässt das nicht zu."
Als Betroffene anderen helfen
Vor rund 20 Jahren kämpfte Angiolina das erste Mal gegen Brustkrebs an. Zehn Jahre später, fast auf den Tag genau, kam der Krebs zurück. Ende 2019 folgte die dritte Krebsdiagnose. "Bei der zweiten Diagnose musste ich mich einer Chemotherapie unterziehen." Angiolina verlor ihre Haare. "Ich fühlte mich damals sehr unwohl in dem Perückengeschäft. Alles ging ruck, zuck: Mein Kopf wurde ausgemessen und schon musste ich mich für eine Perücke entscheiden. Ich wurde regelrecht abgefertigt." Sie entschied sich gegen eine Perücke.
Aus dieser Erfahrung entstand die Idee, selbst Perücken zu verkaufen. Denn wer eine Perücke braucht, will eine angenehme Beratung, davon ist Angiolina überzeugt. "Ich betreue meine Kundschaft, bis ihre Haare wieder wachsen." Sie wisse, was Frauen und Männer durchmachen, wenn die Haare wegen der Chemotherapie ausfallen. Mit "caphat design" produziert und verkauft Angiolina Betroffenen Perücken – und betreut sie, so wie sie es sich damals gewünscht hätte. Dies unter anderem mit der Hilfe eben jenes Investors.
Perücken ohne Mehrkosten
Eine Perücke kostet bei Angiolina zwischen 1.000 und 1.500 Franken. So viel wird von Versicherungen in der Schweiz pro Jahr für Perücken übernommen. "Keine Perücke in meinem Sortiment ist teurer. Kostet sie aufgrund der Produktion mehr, übernehme ich die Differenz selber", sagt Angiolina. "Ich weiß was für Beträge bei einer Krebserkrankung auf einen zukommen. Deshalb verlange ich nur so viel, dass keine Mehrkosten für die Betroffenen entstehen."
Erben nehmen keine Stellung
Wie das Teilungsamt der Gemeinde Emmen, wo der Verstorbene wohnhaft war, auf Anfrage mitteilt, will die Erbengemeinschaft keine Stellung nehmen. Rechtlich jedenfalls, steht es den Erben zu, das Darlehen innerhalb der sechs Wochen zurückzufordern.
Angiolina ist dennoch enttäuscht. "Mündlich war mit dem Investor abgemacht, dass der Gewinn des Perückengeschäfts in eine Stiftung für krebskranke Kinder fließt. Leider haben wir das nie schriftlich festgehalten, obwohl ich dies wiederholt verlangte." Sie sei natürlich froh, wenn durch das Crowdfunding genügend Geld zusammenkommen würde. "Aber die 100.000 Franken waren für einen besseren Zweck geplant gewesen."