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"Inkulinati" im Test – konfus-kreative Taktik-Kämpfe
Bei seiner Ankündigung löste das Mittelalter-Strategiespiel "Inkulinati" einen Hype aus. Nun, im Early Access, zeigt es sich so kreativ wie konfus.
Entwickler Yaza Games und Publisher Daedalic Entertainment haben das Mittelalter-Strategiespiel "Inkulinati" in den Early Access für PC und Xbox gebracht. Das Konzept ist für Freunde mittelalterlicher Settings und kreativen Humor fantastisch – allerdings zeigt das Anspielen auch schnell, dass "Inkulinati" (noch) nicht selbsterklärend daherkommt und Spieler sich ordentlich reinfuchsen müssen, um das Gameplay und die Taktiken zu verstehen. Spieler, die sich nur zurücklehnen wollen, wird das wohl wenig gefallen, auf Fans von taktischen Spielen mit Tiefgang wartet dagegen ein unterhaltsamer Leckerbissen.
"Inkulinati" dreht sich um im Mittelalter gezeichnete Wesen, die ein ebenfalls gezeichneter Ritter-Protagonist im Spiel auf seine Manuskripte kritzelt. Dabei handelt es sich aber um keine langweiligen Kreaturen, sondern um witzige Figuren wie einen mit einem Schwert und Schild bewaffneten Hund, einen Dudelsack spielenden Esel oder eine Katze mit Bischofsstab und -hut. Noch nicht absurd genug? Dann lass dir gesagt sein, dass diese Figuren nicht nur per "lebender Tinte" am Papier lebendig werden und gegeneinander antreten, sondern dies auch in einer vollkommen verrückten Art und Weise tun.
Nach und nach wächst unser witziges "Bestiarium"
Unser Esel etwa hat einen Teil seines Dudelsacks – nun ja – in seinem Gesäß stecken und kann bei seinen Angriffen hinter ihm stehende Kreaturen schon mal ins Gesicht ... "tröten". Dabei handelt es sich nur um einen von Dutzenden absurden Spielzügen, die "Inkulinati" bietet. Nach und nach wächst unser "Bestiarium" und bald können wir auf Hasen setzen, die mit ihrem Hintern Gegner dazu bringen, eine Kampfrunde auszusetzen, oder Feinden mit unserem Fuchs wertvolle Gegenstände abluchsen. So absurd kreativ die Geschöpfe sind, so lange dauert es aber auch, alle Figuren-Mechaniken zu durchblicken.
Auf die Sprünge hilft Spielern zwar ein ordentlich gemachtes Tutorial, immer wieder stößt man in der Einzelspieler-Kampagne aber auf Situationen, in denen man vor lauter Figuren am Spielfeld deren Mechaniken wieder vergessen hat. Dabei sind die Grundlagen eigentlich recht einfach: in der in mehrere Kapitel unterteilten Kampagne bestreitet man Wegpunkt für Wegpunkt taktische Kämpfe gegen KI-Feinde, indem man die eigenen Wesen auf sie loslässt. Bis zu fünf Wesen dürfen Spieler in die Schlacht gegen die feindlichen Truppen schicken – wer zuerst den anderen auslöschen kann, gewinnt die Kampfrunde.
Gegnerische Spielzüge müssen vorausgesehen werden
Dauern Runden allerdings zu lange, können auch apokalyptische Ereignisse eintreten, die dann beide Spieler zur Niederlage zwingt. Aber nicht nur Zeitlimits intensivieren die Taktik im Game, auch verfügen die Kreaturen über recht kleine Gesundheitsbalken und können nur sehr überschaubar Schaden austeilen. Wer sich also durchsetzen will, muss nicht einfach wild Einheiten auf den Feind loslassen, sondern seine Figuren je nach Spezialeffekten gescheit am Feld platzieren. Ebenfalls besonders: Statt in einer Kampfrunde alle Einheiten steuern zu können, darf man nur jeweils eine Kreatur befehligen.
Diese Mechanik macht das Game sogar noch komplexer, denn hat man eine Kreatur eingesetzt, verfällt diese in einen virtuellen Schlaf. Schlafen alle Figuren auf der Spieler-Seite, steht der Spieler den Angriffen des Feindes wehrlos gegenüber. Das Spiel gibt aber weder vor, wann Figuren eingesetzt werden müssen, noch welche es sein sollen. Spieler müssen also Züge des Gegners in gewisser Weise voraussehen und sich Handlungsoptionen offen lassen. Gespielt wird in den Kämpfen auf eingeblendeten Manuskriptseiten, auf denen unser Ritter seine Kreaturen auf freien Plätzen "hinzeichnen" kann.
Taktischer Anspruch steigt in Windeseile an
Unser Ritter stellt dabei unsere "Basis" dar – wurden unsere Figuren besiegt und greifen Feinde seine Lebenspunkte an, steht die Niederlage bevor. Behelfen darf man sich auch mit Hindernissen, die sich zwischen unsere Kreaturen platzieren lassen. Und: gerade anfangs gibt es eine kleine Möglichkeit, zu schummeln. Ist unsere Zahl an Kreaturen und Objekten am Spielfeld groß genug, "schieben" sie einfach feindliche Wesen über den Kartenrand hinaus und lassen sie schreiend in den Tod fallen. Schnell wird das Spiel aber taktisch so anspruchsvoll, dass mit dieser Strategie nur mehr mit Glück etwas zu holen ist.
Außerdem bietet das Spiel auch noch andere Kampfarten – so kommt es auch vor, dass man ganz ohne Ritter-Figur seine Wesens-Armee im Kampf befehligt oder nur mit bestimmten Wesen oder einer vorgegebenen Kreaturen-Anzahl in den Krieg ziehen muss. Herrlich kreativ: Im Verlauf des Spiels trifft man auch auf einige besondere Figuren wie Dante oder den Tod, Dialoge und Geschehnisse, entweder im Kampf oder im Kontakt mit Händlern. Am Ende jedes Spielkapitels wartet schließlich ein Boss-Kampf, in dem die Spezialfähigkeiten des Gegenüber den Spielern meist alles an taktischem Wissen abverlangen.
"Inkulinati" im Test – konfus-kreative Taktik-Kämpfe
Alternativ zur Story darf man sich auch in einem Duell-Modus üben und dort beispielsweise auf vorgefertigte Karten und Armeen zurückgreifen. Das eignet sich perfekt dazu, besondere Strategien auszuprobieren, langfristig bei Laune hält allerdings nur die Kampagne. Dort erarbeitet man sich nach und nach neue Kreaturen und Spezialfähigkeiten, plauscht mit Nebenfiguren, kauft für das eigene Arsenal bei Händlern ein und ärgert sich auch schon mal über einige Balancing-Probleme. So zeigen sich Effekte mit Schaden über Zeit bisher extrem aggressiv und vieles geht auch im Gewusel einfach unter.
Ebenfalls schade: zwar bekommen unsere Einheiten in den Kämpfen Namen verpasst, sie wirken aber über weite Strecken des Spiels einfach austauschbar, denn in der nächsten Runde wird einfach eine neue Figur mit neuem Namen aufs Spielfeld gezeichnet. Grafisch ist das Game eine willkommene Abwechslung mit seinen einzigartigen 2D-Manuskripten, die als Spielfelder dienen, und den vollkommen verrückt gestalteten Mittelalter-Kreaturen. In Sachen Zugänglichkeit und Handlung muss das Spiel noch zulegen, um langfristig zu fesseln – regelmäßige Updates sollen aber laufend Verbesserungen bringen.