"Kinds of Kindness"

In Film von Oscar-Gewinner gibt's Finger zum Abendbrot

Für den neuen Streifen von Giorgos Lanthimos ("Poor Things") braucht man zwei Sachen: Gutes Sitzfleisch und vor allem richtig gute Nerven...

Magdalena Zimmermann
In Film von Oscar-Gewinner gibt's Finger zum Abendbrot
Margaret Qualley, Jesse Plemons und Willem Dafoe
SearchlightPictures

Erst im März wurde Giorgos Lanthimos für seine fabelhafte Inszenierung "Poor Things" - einer jungen Frankenstein-Geschichte - mit vier Oscars ausgezeichnet. Absolut verdient, finden die einen, doch Zeit seines Filmschaffens eckt der griechische Filmproduzent an. Denn er ist neben meisterhaft vor allem auch eines: Skurril und damit untauglich für die Masse. So überraschte es auch so einige, dass er einen kommerziell derart erfolgreichen Film produzierte.

Gleicher Cast - neue Geschichte

Nun legt der 50-Jährige nach und hat sich für seinen neuen Kinofilm "Kinds of Kindness" - der seit Anfang Juli im Kino läuft - nicht bloß eine abstruse Geschichte überlegt. Der Film umfasst zwar 2 Stunden und 45 Minuten, ist aber in drei unterschiedliche Episoden geteilt. In denen spielen immer dieselben Schauspieler mit, schlüpfen dabei in unterschiedlichste Rollen. Seinen Cast hatte Lanthimos' wohl schnell zusammen: Emma Stone, Willem Dafoe und Margaret Qualley spielten allesamt auch in "Poor Things". Nur Jesse Plemons ist neu dabei - und zeigt hier einmal mehr, dass Hollywood ihn seit Jahren hoch unterschätzt.

Mit ihrer schauspielerischen Leistung brillieren Stone und Co auch in seinem neuesten Film, der mit der ersten 50-minütigen Episode sogleich ein Tor zu einer abstrusen Welt öffnet. Einen Lanthimos' Streifen schaut man sich schließlich nicht nebenbei an, keineswegs kann man sich da lange auf Popcorn und Co konzentrieren. Von Minute eins an wird man in einen Bann gezogen, nur weiß man dabei nie, wie man diesen finden soll, denn an Kuriosität und Merkwürdigkeit ist "Kind of Kindness" kaum zu überbieten.

Hinzuschauen, um Wegzuschauen

Spätestens bei der zweiten Episode, in dem Jesse Plemons seine Frau - gespielt von Emma Stone - (von der er glaubt, dass sie gar nicht seine Frau ist) auffordert, sich ihren Finger abzuschneiden, um ihn ihm zum Abendessen zu servieren - natürlich mit Karfiol als Beilage - beginnt man sich zu fragen, was die eigenen Augen da gerade sehen. Lanthimos' Kino ist vor allem eines der Gefühle: Wie ein Kind schlägt man sich die Hände vor das Gesicht und fragt sich, wann diese Absurdität endlich ein Ende hat. Die Antwort lautet: Nie.

Es wirkt nämlich so, als ob Lanthimos' nach seinem Erfolg von "Poor Things" mit "Kind of Kindness" genau das machen konnte, was sonst wohl kaum jemand produzieren würde. Eine abstruse Situation übertrumpft dabei die andere. Es ist eine Skurrilität der bloßen Skurrilität wegen, einen großen, Episoden umspannenden Sinn (außer vielleicht noch die unterschiedlichen Abhängigkeitsverhältnisse) bleibt er den Zuschauern schuldig. Ein Kinoerlebnis schafft er damit aber trotzdem. Vielleicht ist das, dass eigentlich Skurrile.

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