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"Ich ließ mir in Bosnien die Pizza mit dem Taxi lief...
Am Balkan verdient man nicht sonderlich viel, das ist wohl kein Geheimnis. Das verleitete mich zu einer moralisch fragwürdigen Aktion.
Es ist spät, man hat Hunger und der Kühlschrank ist leer. In Wien suche ich im Internet den Lieferdienst meines Vertrauens heraus und lasse mir meine Ente süß-sauer oder eine Pizza bringen. In Bosnien stieß ich bei dem Vorhaben jedoch an meine Grenzen.
Ich war zu Besuch bei Verwandten - und zwar in so einem richtigen Kaff. Weit weg von Sarajevo, wo auch gerne mal die Nacht zum Tag wird. Es war eben ein Dorf, in dem das Haus des Nachbarn einige hundert Meter weit entfernt steht. Straßen gab es keine. Lediglich eine Art Weg, den sich die Autos durch das Fahren selbst "erarbeitet" haben.
Über diesen Blog
Hallo und herzlich willkommen zu "Hajde", dem Balkan-Blog auf "Heute.at"! Unser Blogger ist zwischen Sarma und Wiener Schnitzeln aufgewachsen. Wie das so ist? Er verrät´s euch in seinen Kolumnen. Übrigens: "Hajde" bedeutet auf Deutsch so viel wie "Los geht´s!"
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Jedenfalls gab es dann eben diese eine Nacht, in der mich der Heißhunger auf Pizza überfallen hat. In der Gegend hatte klarerweise nichts mehr offen. Um in die nächste Stadt zu fahren war ich zu faul. Die war immerhin knapp eine Stunde entfernt. Auto hatte ich sowieso keines parat zu der Zeit. Deshalb versuchte ich, bei einer Pizzeria zu bestellen. Die erste Herausforderung bestand schon einmal darin eine zu finden, die noch geöffnet hatte.
Nach einigen Minuten war meine Suche tatsächlich erfolgreich und ich hatte jemanden an der Leitung. Jedoch wurde die Euphorie des Erfolges schnell gestoppt. Denn der Herr am anderen Ende der anderen Leitung erklärte mir, dass sie nicht liefern würden. Ich könne lediglich vorbeikommen und mir die Pizza selbst abholen. Doch wie bereits erwähnt: Ich hatte kein Auto.
Meine Situation verleitete mich zu einer sehr unmoralischen Aktion. Man muss wissen, dass ich davor lange nicht in Bosnien war. Die Urlaube verbrachte ich eher in Kroatien und auch das nur recht selten, da ich ja sowieso meine ganze Kindheit lang dort war. Ein bisschen Abwechslung schadet ja nicht. Jedenfalls war ich überrascht, wie günstig alles in den Supermärkten war. Mit nur zehn Euro konnte man sicher seinen Wocheneinkauf erledigen.
Der Grund dafür ist ein äußerst ernster. Denn das Durchschnittsgehalt in Bosnien-Herzegowina beläuft sich auf lediglich 430 Euro im Monat. Das zeigen die Zahlen diverser staatlicher Institutionen. Im Vergleich zu den anderen Balkan-Staaten befindet sich das Land nicht mal auf dem letzten Platz. Denn in Serbien (405 Euro) und Mazedonien (370 Euro) verdient man noch um einiges weniger.
Weiter oben auf der Liste steht überraschenderweise Montenegro mit 512 Euro pro Monat. Überraschend deshalb, da man im Jahr 2006 dort noch lediglich 283 Euro bekam. In Kroatien kann man mit einem Durchschnittsgehalt von 750 Euro im Monat rechnen. Unsere Nachbarn in Slowenien verdienen im Durchschnitt 1.030 Euro pro Monat. In Österreich beträgt das durchschnittliche Einkommen 2.400 Euro.
Auf jeden Fall stand ich nun da, mit meinem brummenden Magen und beschloss: Es wird Zeit für ein wenig Dekadenz. Ich bestellte ein Taxi zur Pizzeria und fragte, ob der Fahrer die Pizza für mich abholen und sie mir danach bringen könnte. "Selbstverständlich", erklärte man mir. Und tatsächlich: In weniger als einer Stunde stand ein Taxilenker vor der Tür und überreichte mir lachend eine riesengroße Pizzaschachtel. Die Rechnung: Umgerechnet nicht einmal fünf Euro. Alles inklusive natürlich.
Da ich aber die ganze Sache meiner Faulheit und Verkopftheit zu verdanken hatte - ich hätte immerhin tagsüber etwas einkaufen können - hatte ich ein schlechtes Gewissen. Deshalb legte ich natürlich ein ordentliches Trinkgeld obendrauf und entschuldigte mich beim Fahrer für die Unannehmlichkeit. Wie die Menschen am Balkan aber nun mal sind, wollte er das Geld zunächst gar nicht annehmen und meinte, dass das gar nicht notwendig sei. Aber die Sache mit dem Geld zustecken am Balkan ist wieder eine andere Geschichte - und damit meine ich keine illegalen Geschäfte...
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(red)