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"Ich betäube meine hungernden Kinder, damit sie schlafen"

In Herat berichten Menschen, dass sie wegen der Hungersnot die eigenen Nieren verkaufen und ihre Söhne und Töchter betäuben und weggeben müssen.

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In der afghanischen Provinz Parwan engagiert sich die NGO "Action Against Hunger" für eine ausreichende Nahrungsversorgung für junge Mütter und ihre Kinder.
In der afghanischen Provinz Parwan engagiert sich die NGO "Action Against Hunger" für eine ausreichende Nahrungsversorgung für junge Mütter und ihre Kinder.
imago images/Hans Lucas

"Unsere Kinder weinen ständig und sie schlafen nicht. Wir haben nichts zu essen", sagt Abdul Wahab, ein Mann aus Herat, einer der größten Städte Afghanistans. "Also gehen wir in die Apotheke, holen Tabletten und geben sie unseren Kindern, damit sie schläfrig werden." Die Reporter Imogen Anderson und Malik Mudassir der "BBC News" zeigen in einer Reportage, zu was für extremen Handlungen der Hunger in Afghanistan die Menschen treibt.

Wie sie berichten, leben Wahab und seine Familie in einem kleinen schlammigen Dorf, voller Menschen, die vor dem Krieg und den Umweltkatastrophen geflohen sind. Er erklärt, dass viele Eltern ihren Kindern Medikamente geben. Er zeigt eine Pillen-Packung mit Beruhigungsmitteln, die normalerweise zur Behandlung von Angstzuständen verschrieben werden. Sogar dem jüngsten seiner sechs Kinder gebe er die Medikamente, obwohl das Kind gerade mal ein Jahr alt sei.

Blick in eine Kinderklinik in Herat.
Blick in eine Kinderklinik in Herat.
imago images/Le Pictorium

Beruhigungspillen günstiger als Brot

In einer lokalen Apotheke werden die Pillen für rund zehn Afghani (rund elf Euro-Cent) verkauft. Ein Laib Brot koste ungefähr genauso viel. Die Reporter berichten von einigen Familien, die sich einen solchen Laib Brot am Tag teilen müssen. Die meisten Männer außerhalb Herats arbeiten als Tagelöhner, seit dem Taliban-Umsturz im letzten Jahr fehle es jedoch an Arbeit. Wenn sie Arbeit finden, verdienen sie weniger als einen Euro am Tag.

Ein weiterer junger Mann berichtet davon, wie er für 270.000 Afghani (rund 2970 Euro) seine Niere verkauft hat. Mit dem Geld habe er Schulden bezahlt, die er für das Ernähren seiner Familie aufnehmen musste: "Wenn wir an einem Abend essen, essen wir am nächsten nicht. Nachdem ich meine Niere verkauft habe, habe ich das Gefühl, ein halber Mensch zu sein. Ich fühle mich hoffnungslos. Wenn das Leben so weitergeht, wünschte ich mir manchmal, ich würde sterben", sagte er.

Die meisten Männer außerhalb Herats arbeiten als Tagelöhner für weniger als einen Euro pro Tag.
Die meisten Männer außerhalb Herats arbeiten als Tagelöhner für weniger als einen Euro pro Tag.
LILLIAN SUWANRUMPHA / AFP / picturedesk.com

Niere verkauft, Geld reicht trotzdem nicht

Eine weitere Familie, deren Mutter sieben Monate vorher ebenfalls ihre Niere für Lebensmittel verkaufen musste, erzählt davon, wie dieses Opfer nicht ausgereicht hat: "Jetzt sind wir gezwungen, unsere zweijährige Tochter zu verkaufen. Die Leute, von denen wir uns etwas geliehen haben, schikanieren uns jeden Tag und sagen, dass wir ihnen unsere Tochter geben sollen, wenn wir das Geld nicht zurückzahlen können", sagte sie. Ihr Mann sagt: "Ich schäme mich so sehr für unsere Situation. Manchmal denke ich, es ist besser zu sterben, als so zu leben." Die Reporter fanden mehrere Familien, die ähnliche Schicksale erlebt haben.

"Ärzte ohne Grenzen" berichten von einem dramatischen Anstieg von Fällen der Unterernährung.
"Ärzte ohne Grenzen" berichten von einem dramatischen Anstieg von Fällen der Unterernährung.
HECTOR RETAMAL / AFP / picturedesk.com

Laut UN bahnt sich in Afghanistan eine humanitäre Katastrophe an. Viele Menschen leben in extremer Armut und Hunger. Der Mangel an Lebensmittel hat sich mit der Übernahme der Taliban ins Extreme verschlechtert: Ärzte ohne Grenzen berichten davon, dass sie im letzten Jahr fast 50 Prozent mehr Menschen aufgrund von Unterernährung in ihren Institutionen im Land aufnehmen mussten. Mehr als eins von fünf Kindern in der Klinik überlebt die Folgen der Mangelernährung nicht.

Taliban-Regierung spielt Situation runter

Auf Anfrage der BBC bei der Taliban-Provinzregierung in Herat erklärt diese, dass die internationalen Sanktionen gegen die Taliban schuld an der Hungerkrise seien. Die afghanische Regierung soll zu diesem Zeitpunkt dabei sein, festzustellen, wie viele Menschen wirklich in Not seien.

Viele der Afghanen sollen über ihren Zustand lügen, um Profit zu schlagen. Die Regierung will bald neue Arbeitsplätze in Stahlminen und Gasexportprojekten schaffen, dafür gebe es laut BBC jedoch kaum Indizien.

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