Wintersport

Hypnose & Hexentanz! "Austrobob" verrät Gold-Geheimnis 

Fast jedes österreichische Kind fährt Bob. Benjamin Maier will als Bobpilot Olympiagold holen. "Heute" gab er Einblicke – in Hypnose und Hexentanz. 

Martin Huber
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Bob-Pilot Benjamin Maier: "Wir sind auch schon unter Hypnose im Bob gesessen und haben musiziert."
Bob-Pilot Benjamin Maier: "Wir sind auch schon unter Hypnose im Bob gesessen und haben musiziert."
zVg

Der "Austrobob" war nicht zu bremsen. 1992 in Albertville raste Ingo Appelt im Viererbob zu Olympia-Gold für Österreich. Selbst die Ski-Fans im Land klatschten.  

Benjamin Maier war im Jahr 1992 noch nicht auf der Welt. Heute ist der 27-jährige Tiroler Österreichs bester Bobpilot. Bei den Olympischen Spielen in Peking (ab 4. Februar) will er selbst groß abräumen. 

Hirscher ist im Vergleich zu Bob-Star Friedrich ein Platzfahrer

Bob-Wunder passieren freilich nicht jeden Tag. 2021 hat Francesco Friedrich, der deutsche Star der Szene, alle 21 Weltcuprennen im Vierer- und Zweierbob gewonnen. Marcel Hirscher war im Vergleich dazu ein Platzfahrer. 2022 startete dann anders: Am Neujahrstag wurde Friedrich im Zweierbob Zwölfter. Er machte einen schweren Fehler.

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    175 Kilo Stemmen, 140 Kilo Reißen

    Maier ist Vize-Weltmeister im Viererbob, an seinen Olympia-Coup glaubt er. "Wir geben seit Jahren alles für diesen Tag", sagt er im "Heute"-Gespräch. "Ausgereizt haben wir so ziemlich alles." 

    Da wäre einmal der Körper. Bis zu 175 Kilos stemmen die Bob-Kraftpakete im "Austrobob 1" – allen voran Markus Sammer. Im Reißen schafft der 140 Kilo. "Für jemanden, der nicht im Gewichtheben ist, sind das starke Werte."   

    Fast jedes österreichische Kind fährt Bob. Und doch wissen später selbst Sportfans wenig bis nichts über das Highspeed-Rennen im Eiskanal, das an Sportsonntagen im TV zumeist auf ORF Sport+ ausweichen wuss. "Der Bobsport ist in vielerlei Hinsicht komplex", erklärt Maier. Das beginne schon beim Start. "Die Koordination von 400 Kilo Männer ist wichtig und schwierig, um geschmeidig in den Bob zu kommen." 

    "Es ist im Schlitten unheimlich unangenehm. Die Burschen fassen die Schläge ungewarnt aus"

    Mit 40 km/h springt das Quartett vollautomatisiert in den Schlitten. "Der Eingangsspeed ist entscheidend. Sicher 300 Mal haben wir den Start als Team in diesem Winter trainiert." 

    "Während der Fahrt ist es für die Anschieber nicht damit getan, einfach im Bob zu sitzen. Es ist im Schlitten unglaublich unangenehm. Als Pilot sieht man die Schläge kommen. Die Burschen fassen die Schläge ungewarnt aus. Bei viel Masse wird viel Energie absorbiert. Auch für die Aerodynamik müssen sie sehr beweglich sein, dass sie in die passende Position kommen, damit wir in der Bahn schnell sind."

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      Nicht nur der Körper, auch der Kopf wurde trainiert. Maier ging bewusst neue Wege. "Ich habe mit Hypnose begonnen. Ich war quasi das Versuchskaninchen. Die Teamkollegen sahen, dass keine Zauberei im Spiel ist." 

      "Wir sind auch schon unter Hypnose im Bob gesessen und haben musiziert"

      Heute schwören Österreichs Bobfahrer auf die Kraft der Bewusstseinserweiterung, sie lassen sich alle hypnotisieren. Das kann im Training kuriose Züge annehmen. "Wir sind auch schon unter Hypnose im Bob gesessen und haben musiziert. Manchmal schaut’s ein bisschen aus wie ein Hexentanz. Aber uns als Team tut das gut."

      Welches Instrument spielte Maier beim Musizieren im Bob? "Die E-Gitarre", grinst er. 

      Die Kraft der Gedanken ist wichtig, wenn es mit 140 km/h auf Eis in Steilkurven um die millimetergenaue Ideallinie geht. Maier hat die Olympiabahn in Yanqing im Nordwesten Pekings oft visualisiert.

      "Nur nicht vor dem Einschlafen, weil dann kann ich nicht schlafen"

      Seine oberste Regel! "Nur nicht vor dem Einschlafen, weil dann kann ich nicht schlafen. Aber ich gehe sie mehrmals täglich in Gedanken durch. Da habe ich das Gefühl, wenn die Fahrt passt. Gewisse Passagen gehe ich immer öfter durch, bis die Linie passt. Das kann 20 bis 30 Mal passieren, um die ideale Linie zu finden."

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        150.000 Euro kostet ein Viererbob

        Es war ein langes Herantasten an die Olympia-Bahn, die anders sein soll als andere Eiskanäle in Europa oder Nordamerika.  "Ich schaute zuerst Videos von anderen Teams, um die Passagen im Kopf zu haben. Dann schaute ich Videos aus der Helmkamera-Perspektive", erklärt Maier. "Ich ging dann die Bahn mit offenen Augen vor dem Bildschirm durch. Dann schaute ich nur noch manchmal hin, um ein Gespür für das Timing zu bekommen. Dann irgendwann ging ich die Bahn irgendwo im Raum durch, ohne Bildschirm, nur im Kopf. Das schaut bei mir dann aus wie ein Tanz."

        "Die Bahn ist schwer, weil du gegen deinen Instinkt fahren musst"

        Bobsport ist nicht nur spirituell. Er ist auch teuer. 100.000 bis 150.000 Euro kostet ein Viererbob. Für die Kufen kommen noch einmal extra 25.000 Euro drauf. Einen Ersatzschlitten hat man in China nicht mit. "Aber Ersatzteile. Außerdem haben wir den Wolfgang Stampfer im Team, der baut selbst Schlitten. Von ihm wissen wir, dass er im Notfall bis 6 Uhr früh in der Garage steht und arbeitet." 

        Warum ist die Olympia-Bahn anders? "Sie ist sehr schwer, weil du gegen deinen Instinkt fahren musst. Einen Bob kann man nur lenken, wenn du Druck in der Kurve hast. In Peking sind die Radien der Kurven offen. Das wird für alle eine Herausforderung." 

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