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"Hitman 3" im Test: Der größte Auftritt von Agent 47
"Hitman 3" schlägt alle Serien-Rekorde. Als Agent 47 erlebt man das fulminante Finale der "Welt der Attentate"-Trilogie und kommt dabei ins Jubeln.
Schon in der "Heute"-Vorschau machte "Hitman 3" von IO Interactive (für PlayStation 4 und 5, Xbox One und Series X|S sowie PC und später Nintendo Switch) mächtig Eindruck. Von der englischen Hügellandschaft Dartmoor bis ins rauschende Luxusleben von Dubai erinnern viele Umgebungen und Szenen des Spiels an "James Bond"- und "Mission Impossible"-Filme. Noch mehr als die Vorgänger-Titel setzt das "Hitman"-Finale aber auch auf Strategie und Taktik.
"Hitman 3" setzt direkt beim Ende von Teil 2 an und verwundert (positiv" gleich zum Auftakt. Die schweigsame und vermeintlich gefühlskalte Killermaschine Agent 47 scheint im Serien-Finale seine Gefühle entdecken und zeigt diese immer wieder in der äußert packenden Handlung. Neulinge seien aber gewarnt: Vieles in der Story lässt sich nur verstehen, wenn man die beiden Vorgänger gezockt und deren Handlung gefolgt ist. Apropos Story: Neu sind auch Video-Zwischensequenzen statt eingeblendeten Standbildern.
Fantastische Schauplätze
Musik und die englische Sprachausgabe sind Hollywood-reif, auch die Grafik hat sich im Vergleich zum Vorgänger noch einmal gesteigert und zeigt nun sogar beeindruckend die Mimik der Figuren. Die grafischen Verbesserungen beschränken sich aber nicht nur darauf, auch Spiegelungen und Reflektionen begeistern beim Spielen. In Dubai spiegeln die blitzsauberen Böden bei der Party alle Gäste und Bewegungen, durch die Fenster fällt gleißendes Sonnenlicht und die Gäste schunkeln und scherzen sichtlich individuell.
Auch Dartmoor, das zweite Highlight der sechs Spiel-Regionen, obgleich sehr düster, weiß zu gefallen: Von der Erde steigt Dampf auf, im großen Herrenhaus ist jedes Zimmer dem Bewohner gerecht anders ausgestattet und der im Freien wabernde Nebel scheint sogar auf die Bewegungen umherhuschender Gestalten zu reagieren. Alle Schauplätze sind übrigens direkt im Spiel integriert und werden nicht wie in der Vergangenheit episodisch freigeschaltet. Fantastisch: Die Schauplätze sind grafisch absolut sehenswert, spielerisch extrem abwechslungsreich und bieten Dutzende Möglichkeiten für mörderische Fantasien.
Perfekt für Einsteiger und Experten
Wer außerdem noch die "Hitman"-Vorgänger besitzt oder sie sich dazukauft, kann diese Missionen und Regionen mit ihren eigenen Storys direkt in "Hitman 3" spielen, sie werden dann in eine Art Weltkarte integriert. "Hitman 3" bindet bei den neuen Missionen auch Anfänger neben den Experten besser ein. Neulinge können sich an jedem Schauplatz verschiedene Story-Missionen aktivieren, die Ziele genauer vorstellen und Tipps für die Vorgangsweise geben, während Profis einfach auf diese Tipps verzichten und alleine mit Fallen, Finten und Feuerkraft experimentieren.
Das macht richtig Spaß, denn "Hitman 3" ist noch mehr als alle bisherigen Teile ein riesiger Spielplatz für Auftragsmörder. In Dubai etwa geht es darum, zwei Zielpersonen in einem an den Burj Khalifa angelehnten Wolkenkratzer auszuschalten, in dem gerade eine rauschende Feier mit Hunderten prominenten Gäste im Gange ist. Spielerisch erwartet die Gamer dabei auch ein an "Mission Impossible: Phantom Protocol" erinnerndes Kraxeln am Gebäude, bei dem Agent 47 auch neue Tricks wie die Smartphone-Kamera zeigt. Mit ihr werden nicht nur Opfer dokumentiert, sondern auch Hilfen angefordert.
Das ist neu in "Hitman 3"
Richtet man die Kamera nämlich auf Zahlenschlösser oder elektrische Türen, können Helfershelfer im Hintergrund die Elektronik hacken und Zugänge freischalten. Daneben gibt es aber auch die typische "Hitman"-Vorgehensweise: Ob man Kellner ausschaltet und dem Opfer Gift in das Getränk mischt, Sicherheitsbeamte betäubt und sich als Security ganz nah an die Zielperson schleicht oder mit einer Waffe einfach in einer uneinsehbaren Stelle auf den tödlichen Schuss lauert, bleibt der Kreativität und dem spielerischen Können überlassen.
Über das Belauschen von Gesprächen und das Auffinden wichtiger Gegenstände lassen sich zudem Zusatzinformationen wie Wegrouten oder Treffpunkte der Zielpersonen in Erfahrung bringen, was die Jagd erleichtert. Gefühlt gibt es in "Hitman 3" Hunderte Möglichkeiten, eine Mission zum Abschluss zu bringen, was den Spielspaß in den Schauplätzen enorm erhöht. Übrigens verändern sich nun auch die Level: Über Abkürzungen lassen sich Türen und Tore öffnen, die bei künftigen Spieldurchgängen dann dauerhaft offen sind und so schnellere Wege für Handlungen bieten, die zuvor aus Zeitgründen nicht möglich waren.
Ungewohnt kreative Missions-Ansätze
Atmosphärisch einer der genialsten Schauplätze überhaupt ist wiederum die zweite Preview-Mission Dartmoor. In einem düsteren Herrenhaus geht Rätselhaftes vor: Eine Tote läuft lebendig umher, ein anderes Familienmitglied stirbt wirklich – und Agent 47 kann optional sogar als Privatdetektiv à la "Knives Out" den Fall klären und die betroffene Großfamilie befragen. Oder aber man sorgt dafür, dass die Totgeglaubte nun wirklich tot bleibt – eine Mission voll schwarzem Humor, Rätseln und einer Handlung, die jedem Krimi Konkurrenz machen kann und eigentlich sehr ungewöhnlich für "Hitman" ist.
Neu sind auch die "Mastery Tracks" der Missionen, die mögliche und optionale Ergebnisse auf einer Art Übersichtskarte abhaken und so einen Ausblick geben, welche Geheimnisse und Wendungen man in der jeweiligen Mission noch nicht erlebt hat. Auch das motiviert ungemein dazu, die jeweilige Mission noch einmal ganz anders anzugehen, denn mit zusätzlichen Abschlüssen bekommt man neue Startpositionen in der Mission geboten oder darf mit neuen Waffen, Kostümen und Gegenständen herumexperimentieren.
Überraschungen an allen Ecken
Für Überraschungen ist "Hitman 3" an jeder Ecke gut, egal ob den Spieler ein unfassbarer Story-Twist wie ein Schlag trifft oder sich ein Schauplatz als ganz anders gestaltet, was er zuerst weismachen wollte. Die Mission in Deutschland zum Beispiel: Agent 47 findet sich an einem leeren Waldstück wieder und stößt, während man sich auf eine Mission in der Wildnis gerüstet hat, auf seiner Suche nach Menschen auf einen Party-Club in einem verlassenen Kraftwerk samt Laser-Lichtern und DJ-Sound. Es sind nette Wendungen, die sowohl die Schauplätze, als auch die Missionen selbst bieten.
Abwechslung kommt auch in die Details: Es gibt kaum mehr Dutzend gleichaussehende Nicht-Spieler-Figuren im Game, und gleichzeitig bewegen sie sich viel natürlicher als es bisher der Fall war. Weniger natürlich ist weiter die Steuerung, was dem Spaß aber keinen Abbruch tut. Dass Waffen sich nicht wirklich "echt" anfühlen und das Zielen mitunter etwas klobig vonstatten geht, nimmt man nach einer Eingewöhnungsphase in Kauf. Die KI bleibt ebenfalls mit noch etwas Luft nach oben gleich wie bei den Vorgängern: Gegner verlieren selbst nach Schüssen schnell das Interesse an der Suche oder bleiben stur in der Schusslinie stehen.
Der größte Auftritt von Agent 47
Drei Schwierigkeitsgrade bietet das Game, wobei auch der einfachste mitunter kein Spaziergang ist. In der Höchsten Stufe kommt schließlich erschwerend dazu, dass neben der automatischen Speicherung nur einmal manuell gespeichert werden darf. Zum normalen Spieldurchgang mit einem enorm hohen Wiederspielwert bietet "Hitman 3" auch weitere Modis an. In "Eskalationen" ändern sich die Zielpersonen in den Schauplätzen des Spiels, im Auftragsmodus können Spieler zudem selbst Zielpersonen und Ausrüstung festlegen, um sich eigene Abenteuer bauen zu können, und auch "Sniper Assassin" ist dabei.
"Hitman 3" ist locker der beste Titel der bisher schon atemberaubend guten Serie. Kleine Mängel gibt es bei der Steuerung und der Gegner-Ki, dafür warten aber die spannendsten Schauplätze, herausforderndsten Aufträge und die beste Story der "Hitman"-Geschichte. Noch nie war man so in Versuchung, tatsächlich alle Möglichkeiten der Missionen auszureizen und zum größten Auftragsmörder der Geschichte zu werden. "Hitman 3" ist ein Action-Stealth-Titel, der seinesgleichen sucht, und der größte Auftritt von Agent 47 überhaupt.