Szene
HERRliche Zeiten: Schöne neue Welt um wenig Geld
Haben Sie sich auch schon einmal einen Sklaven gewünscht, der Sie und Ihren Haushalt versorgt? "HERRliche Zeiten" zeigt wie's geht.
Schönheitschirurg Claus Müller-Todt (Oliver Masucci) sucht, nachdem die alte gekündigt hat, nach einer neuen Putzfrau - und stellt im Suff eine Anzeige ins Netz, die das Wort Sklave enthält.
Lack- und Lederfraktion ante portas
Als seine psychisch fertige Frau Evi (Katja Riemann) am nächsten Tag die Tür offnet, steht eine Kompanie voller Fetisch-Enthusiasten in Latex, Lack und Leder vor der Tür ihrer Villa.
Anfangs schickt das reiche Ehepaar noch alle Kandidaten weg, doch als in der Nacht Bartos (Samuel Finzi) auftaucht, der hilfsbereit und ganz normal wirkt und kein Geld verlangt, greifen die beiden dann doch zu.
Wo ein Sklave ist ...
Schnell gewöhnen sich Evi und Claus an das Rundumservice, und als Bartos seine schöne Ehefrau Lana (Lize Feryn) nachholt, die auf Spa-Behandlungen spezialisiert ist, glauben sich die Eheleute im Himmel.
... kommen bald andere nach
Selbst Evis Traum vom eigenen Pool macht Bartos möglich. Er holt Schwarzarbeiter aus Bulgarien, die für zwei Euro arbeiten und im Garten kampieren. Lana hingegen kümmert sich um wirklich alle Bedürfnisse von Claus.
Da wird sogar der irakische Nachbar Mohammed Al Thani (Yasin El Harrouk), der gern orgiastische Koks-Partys feiert und mit seinem Paintball-Gewehr auf die Gäste ballert, neidisch.
Als Evi jedoch entscheidet, dass es Zeit wird, einen Gang zurückzuschalten, läuft für Claus plötzlich alles so richtig schief - und wird immer schlimmer.
HERRliche Zeiten: Trailer
Noch Zukunftsvision oder schon Gegenwart?
"HERRliche Zeiten" beruht auf dem Buch "Subs" des deutschen Aufregerautoren Thor Kunkel ("Endstufe"). Bei ihm ist man nicht sicher - ist das Buch ein düsterer Zukunsftsentwurf oder leben wir bereits in einer Zeit, in der sich die Armen freiwillig für die Reichen versklaven? Sind wir nicht schon längst auf schwarzarbeitende Sklaven aus Billiglohnländern angewiesen, die unsere Drecksarbeit erledigen und sich um unsere Kranken und Alten kümmern?
Gute Darsteller ...
Hauptdarsteller Oliver Masucci ist für seine Darstellung des Claus Müller-Toth für den Deutschen Filmpreis 2018 nominiert. Allein für seinen gruselig-krampfhaften Lacher hätte er sich den Preis verdient, wenn er ihn bloß nicht ganz so überstrapazieren würde. Auch Katja Riemann bringt die neurotische, mit Pillen vollgepumpte Ehefrau, gut rüber.
... Lachen auf Kosten der Story
Einige Lacher (der Selbstmord von Evis Chef!) und unvorhergesehene Wendungen (das Ende!) machen den Film sehenswert. Doch die Kritik an unserer neoliberalen Gesellschaft, in der die Reichen die Armen de facto bereits versklavt haben, wird im auf Hochglanz polierten Film eine fast zu gut versteckte Randnotiz. Für die gute, heile (Filmset-)Welt wird auf Zwischentöne verzichtet, die der Story gut getan hätten.
HERRliche Zeiten läuft ab 3.5.2018 im Kino
(lam)