Klimaschutz

Helle Städte, haben Sterne ausgeleuchtet?

Die Lichtverschmutzung am Nachthimmel nimmt zu. Umweltschützer warnen vor negativen Auswirkungen auf das Ökosystem, auf Tier- und Pflanzenwelt.

Lydia Matzka-Saboi
Das hell beleuchtete London bei Nacht.
Das hell beleuchtete London bei Nacht.
Science Photo Library / picturedesk.com

Früher waren viel mehr Sterne am Himmel zu beobachten? Dieser Eindruck täuscht nicht. Denn die Lichtverschmutzung am Nachthimmel nimmt viel stärker zu als bisher erwartet und lässt die Sichtbarkeit von Sternen drastisch sinken. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Fachmagazin "Science" veröffentlichte Analyse, für die Wissenschafter die Beobachtungen von rund 51.300 Menschen – vor allem in Europa und Nordamerika – im Zeitraum 2011 bis 2022 ausgewertet haben.

Die Forschenden um Christopher Kyba, Experte am Deutschen Geoforschungszentrum GFZ in Potsdam und der Ruhr-Universität Bochum, zeigten sich überrascht und besorgt: "Die Geschwindigkeit, mit der Sterne für Menschen in städtischen Umgebungen unsichtbar werden, ist dramatisch", wird Kyba von der APA zitiert.

Himmelshelligkeit nimmt weiter zu

Lichtverschmutzung bezeichnet die künstliche Aufhellung des Nachthimmels durch Lichtquellen wie Straßenbeleuchtung, angestrahlte Fassaden, Gebäude, Parks oder auch leuchtende digitale Werbeflächen. Die Konsequenz: Sterne sind am aufgehellten Himmel kaum oder nicht erkennbar. Pro Jahr nehme die Himmelshelligkeit im weltweit ermittelten Durchschnitt um 9,6 Prozent zu, fanden die Forscher nun heraus. Für Europa ergab sich 6,5 Prozent mehr Helligkeit pro Jahr, für Nordamerika ein Plus von 10,4 Prozent.

Bleibe es bei dem globalen Durchschnitt von jährlich 9,6 Prozent mehr Himmelshelligkeit, bedeute das modellhaft: Ein Kind, das an einem Ort auf die Welt kommt, an dem bei seiner Geburt 250 Sterne sichtbar sind, wird dort an seinem 18. Geburtstag nur noch 100 Sterne sehen können, wie Kyba der dpa sagte. Werden die Menschen sich in absehbarer Zeit gar nicht mehr an funkelnden Sternen erfreuen können, werden der "Große Bär" oder die "Waage" am Firmament für unser bloßes Auge unsichtbar? Kyba meinte: "Ich hoffe, dass der Trend so nicht anhält, dass es mehr Gegenmaßnahmen gibt. Es liegt an uns."

Umweltschutz für den Himmel

Das Problem nehme seit Langem rasant zu, schilderte Kyba. Wenn der Himmel auch lange nach Sonnenuntergang noch in einer künstlichen Dämmerung strahlt, hat das negative Folgen für Sternenbeobachtung und Astronomie - und nicht nur das: Es komme auch zu gravierenden Folgen für die Umwelt, warnen die Wissenschafter. Viele Verhaltensweisen und physiologische Prozesse von Lebewesen sind von tageszeitlichen und saisonalen Rhythmen bestimmt – und damit vom Licht beeinflusst, erläuterte die US-amerikanische Mitautorin Constance Walker. "Das Himmelsleuchten beeinträchtigt sowohl tag- als auch nachtaktive Tiere und zerstört außerdem einen wichtigen Teil unseres kulturellen Erbes."

Auch die deutsche Umweltorganisation BUND warnte vor negativen Auswirkungen auf das Ökosystem, auf Tier- und Pflanzenwelt. Beim Menschen könne ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus infolge wachsender nächtlicher Beleuchtung die Produktion des Schlafhormons Melatonin unterdrücken und Schlafstörungen verursachen.

Der Umweltschutz müsse auch den Himmel einschließen, fordern Naturschützer verbindliche Grenzwerte für Lichtverschmutzung.

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