Oberösterreich

"Hatte Handysucht" – Influencerin erlitt Schlaganfall

"Online war mein Leben": Mit 30 erlitt sie einen Schlaganfall. Jetzt arbeitet die frühere Influencerin Anna-Sophie Standl (34) als Workshop-Leiterin.

Johannes Rausch
"Anderen Menschen online helfen, nicht nur Produkte in die Kamera halten": Anna-Sophie Standl (34) arbeitet jetzt als Mental-Coach.
"Anderen Menschen online helfen, nicht nur Produkte in die Kamera halten": Anna-Sophie Standl (34) arbeitet jetzt als Mental-Coach.
Ulli Schwab

"Ich sehe es jetzt als Geschenk." Mit "es" meint Anna-Sophie Standl aus Alkoven (Bezirk Eferding) ihren Schlaganfall, den sie 2018 mit 30 Jahren erlitten hat. Die ehemalige Influencerin ("Totally Anna"), wohnhaft in Wien, sieht diesen Vorfall mit einigen Jahren Abstand als "wichtig": "Ich durfte dadurch extrem viel über mich selbst lernen und lernte Hilfe anzunehmen. Ich brauchte damals Hilfe, und es war ein schönes Erlebnis, zu merken, wer für mich da war."

Anschließend an ihren Schlaganfall befand sie sich für fünf Monate in ambulanter Rehabilitation und kämpfte mit einer körperlichen Beeinträchtigung ihrer linken Körperhälfte: "In der Reha habe ich alles wieder gelernt. Ich konnte damals nicht einmal meine Schuhe binden. Früher war ich eine Läuferin, ich rannte zehn bis 18 Kilometer. Doch plötzlich konnte ich meinen Sport nicht mehr ausüben, mein linkes Knie hat sehr darunter gelitten, und koordinative Sachen waren mit der linken Seite noch nicht so gut möglich."

"Ärzte konnten nichts herausfinden"

Doch wie kam es überhaupt zu diesem tragischen Ereignis? Standl hatte bereits während ihres Publizistik-Studiums in Wien einen eigenen Blog, sie schrieb über gesunde Ernährung und teilte Rezepte mit ihren Lesern. Nach Ende des Studiums lebte sie für drei Monate in Chicago und gründete dort einen neuen Blog namens "Totally Anna". Sie arbeitete selbstständig und verdiente sich damit ihr eigenes Geld: "Ich rannte damals von einem Event zum nächsten, wollte nichts verpassen, vor allem keine Events von Firmen, für die ich arbeitete."

Dann kam der Moment, ab dem nichts mehr ging: "Ich hatte viele Untersuchungen, die Ärzte konnten überhaupt nicht herausfinden, was das Problem ist. Ein Arzt fragte mich einmal, ob ich viel Stress im Leben habe, darauf sagte ich: 'Nein.' Aber nach und nach habe ich gemerkt, wie stressig mein Lebensstil ist, weil ich zwischen Freizeit und Arbeit nicht mehr unterscheiden konnte."

Sie möchte diese Angelegenheit allerdings nicht zwingend mit einem mentalen Zusammenbruch verbinden: "Mental ging es mir eigentlich nie schlecht, ich habe nur nach und nach realisiert, dass ich ein entspannteres Leben führen könnte, eines ohne Stress und ständigen Vergleichen."

"Online war mein Leben"

Für Standl war es "total schwierig, einmal abzuschalten", auch im übertragenen Sinne: "Ich musste alles mit meinem Handy festhalten, das war wie ein Zwang, eine echte Handysucht. Man hat mich damals hauptsächlich mit dem Handy angetroffen. Wenn ich bei meinen Eltern war sagten die mir ständig: "Jetzt leg' doch mal dein Handy weg!" Meine Antwort war immer: "Aber ich muss, das ist mein Beruf!"

"Bewusstsein schaffen wie wichtig ein gesunder Umgang mit Social Media ist."
"Bewusstsein schaffen wie wichtig ein gesunder Umgang mit Social Media ist."
Ulli Schwab

Sie verdiente ihr Geld als Bloggerin und Influencerin und verfasste auch als Online-Autorin Artikel für eine Gesundheits-Plattform. Nebenbei betreute sie noch Social Media-Kanäle für verschiedene Firmen: "Online war mein Leben. Irgendwann dachte ich mir: Es ist alles nur noch Konsum, Konsum, Konsum. Ich habe nur noch Produkte verlost und in die Kamera gehalten. Da merkte ich, das ist mir alles zu stressig."

Ausbildung zur Mentaltrainerin

Schließlich fand sie im Rahmen einer Ausbildung allmählich zu innerer Ruhe. 2019 begann sie in Linz eine Ausbildung zur Diplom-Mentaltrainerin, die sie 2020 abschloss. Für Standl war ein soziales Motiv der Hauptgrund für diesen Weg: "Ich wollte anderen Menschen online helfen, vor allem im Bereich Mental Training und Mental Health, und nicht nur Produkte in die Kamera halten."

Eine überraschende Erkenntnis während dieser Ausbildung sei ihr erst später gekommen: "Ich habe am meisten mir selbst mit dieser Ausbildung geholfen, da ich merkte, was mit mir selbst verkehrt ist, diese innerliche Unruhe, sich ständig 24/7 mit anderen Influencern zu vergleichen. Da war ich so gefangen in diesem Ganzen, das war komplett gefährlich."

Workshops in Schulen

Zurzeit veranstaltet die ehemalige Influencerin Workshops als Mentaltrainerin an Schulen. Dieses Projekt nennt sie dis-connect.me ("Soziale Medien & Mentale Gesundheit"), eine passende Andeutung an ihre frühere digitale Lebensphase. Im Herbst wird sie an vielen oberösterreichischen Schulen präsent sein und dort in Klassen über den richtigen Umgang mit Social Media reden.

Doch sie spricht nicht nur vor Kindern, sondern auch mit Eltern: "Ich mache auch Workshops mit Eltern und rede mit ihnen über den Umgang ihrer Kinder mit Social Media. Oder mit Eltern, deren Kinder ihr erstes Smartphone bekommen." Darüber hinaus ist sie auch oft in Firmen und lehrt dort über eine gesunde Work-Life-Balance.

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