Wien
Grätzl-Bewohner protestierten gegen Hotelbau in Wien
In der Mollardgasse ist ein Hotel-Neubau geplant, die Mieter des benachbarten Gebäudes fürchten nun um Ruhe und Privatsphäre im Grätzl.
Valerie S. (Name geändert) war bisher mit ihrer Wohnsituation in der Mollardgasse (Wien-Mariahilf) sehr zufrieden: gute Lage, ruhig, Blick in den weitläufigen Innenhof. Dann entdeckte sie im Hausflur einen Aushang: Da, wo jetzt der Blick ins Weite schweifen kann und Tannen im Wind schaukeln, soll bald eine Baustelle eingerichtet werden. Ein Hotelkomplex mit neun Etagen plus Dachgeschoss ist geplant. Der Blick wird verbaut. Die Anwohnerin ist empört.
Sie beschwerte sich bei der zuständigen Stelle, wollte Einsicht in die Unterlagen nehmen. Das wurde ihr angeblich verwehrt. "Das gilt nur für Eigentümer, nicht für Mieter", wurde ihr mitgeteilt. Valerie S. findet das "absurd".
Eigentümer dürfen mitreden, Mieter nicht
"Im Baubewilligungsverfahren haben lediglich Eigentümer von angrenzenden Liegenschaften Parteistellung. Die Interessen der sonstigen Bewohner werden durch die Teilnahme der Bezirksvorsteher am Bauverfahren gewahrt. Bei gewerblichen Betriebsanlagen findet außerdem ein gesondertes Verfahren nach der Gewerbeordnung statt, in dem auch Mieter Parteistellung haben", erklärt Gehard Cech, Abteilungsleiter der Wiener Baupolizei.
Mieter sind entsetzt
Allein im Haus in dem Valerie S. wohnt sind 25 Mietparteien von dem Neubau betroffen. In der Hausgemeinschaft sucht Valerie S. nun Kontakt zu anderen Betroffenen. "Wir sind entsetzt vom Ausmaß des Projektes – es soll doppelt so hoch wie alle umliegenden Häuser werden". Valerie S. rechnet mit einem vermehrten Lärmaufkommen und einer Einschränkung der Privatsphäre für die Mieter.
Mit dem Immobilienverwalter hat sie Kontakt aufgenommen, auch mit mehreren Wohnungseigentümern. Rund um die geplante Baustelle stehen noch drei weitere Häuser. Von dem Neubau betroffen sei außerdem eine von der Caritas eingerichtete Wärmestube, so die Befürchtung von Valerie S.
Maria Sofaly, Ansprechpartnerin bei der Caritas für Wärmestuben und Klimaoasen, räumt die Bedenken von Valerie S. aus: "Die Baptistengemeinde bietet im Sommer die "Klimaoase-Sommerfrische im Pfarrgarten“ in der Mollardgasse 35 an. Etwaige Bauvorhaben woanders stellen daher keine Beeinträchtigung für die Umsetzung der Klimaoasen oder anderer Projekte dar. Eine Wärmestube im Winter ist an diesem Ort nicht geplant gewesen."
Angst um Wohnraum
Nicht nur das eigene Wohlgefühl sieht Valerie S. erheblich beeinträchtigt. Auch sieht sie den Neubau im Konflikt zum Plan der Stadt Wien, Wohnraum zu schaffen und betonierte Hitzezonen durch Grün zu ersetzen: "Eine riesige Fläche, die man für den so dringend gebrauchten Wohnraum widmen und nützen könnte, geht dadurch verloren. Aufgrund der Größe und der Nutzung als Hotel ist nach Fertigstellung zudem mit einer noch größeren Bodenversiegelung zu rechnen."
Noch ist nichts entschieden
Im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan "ist die zu bebauende Liegenschaft als Gemischtes Baugebiet gewidmet und keine Wohnzone festgesetzt, sodass dort ein Hotel zulässig ist. Der Bereich ist als Bauland ausgewiesen, sodass die Baubehörde dort nicht verlangen kann, dass ein Park hergestellt wird. Außerdem ist dort auch jetzt ein Gebäude vorhanden", so Dr. Gerhard Cech.
Auf die Frage, wie nun der aktuelle Stand sei, antwortete Cech: "Zur gegenständlichen Anfrage kann ich Ihnen zunächst mitteilen, dass im Moment lediglich ein Aushang als Information für die Anrainer erfolgt ist, aber noch keine Bewilligung erteilt wurde."