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"Gotham Knights" im Test – Batmans würdige Nachfolger
Mit "Gotham Knights" treten Batmans legendäre Gefährten aus dem Hintergrund – und zeigen, dass es den dunklen Ritter gar nicht braucht.
Mittelerwile legendär sind die "Batman: Arkham"-Games, die nicht nur jeweils atemberaubende Geschichten rund um den dunklen Ritter erzählten, sondern auch das Gameplay von Action-Adventures über Jahre hinweg definierten. Kann da ein geistiger Nachfolger – und das auch noch ohne Batman – mithalten? "Gotham Knights" (für PlayStation 5, Xbox Series X|S und PC) schafft das nun mit Leichtigkeit. Batmans ehemalige "Sidekicks" und Helfer Batgirl, Nightwing, Red Hood und Robin bringen frischen Wind ins Gameplay und bekommen es mit teils vollkommen neu interpretierten Superschurken zu tun.
Von der Story wollen wir da nicht allzu viel verraten. Nach "Batman: Arkham Knight" müssen Spieler nun ohne die Fledermaus und den berühmten Polizeichef James Gordon auskommen, während das Loch in Gotham City, das beide hinterließen, mit jeder Menge Verbrechen und einer Feindesmasse von Kleinkriminellen bis hin zu Superschurken aufgefüllt wird. Um Batmans Vermächtnis zu bewahren, muss nun das Helfer-Quartett selbst zu den primären Helden werden und dem Bösen den Kampf ansagen. Achja, und auch die wahren Hintergründe hinter Batmans Verschwinden wollen schließlich aufgeklärt werden.
Ein wahres Feuerwerk an Helden und Schurken
Das gewaltige Chaos in den Straßen Gothams hat aber eine positive Seite, nämlich für die Spieler. Immerhin bekommen diese es nicht nur mit bekannten Schurken wie Harley Quinn und jeder Menge weiterer Überraschungen aus dem Batman-Universum zu tun, sondern müssen sich auch mit dem mysteriösen "Court of Owls" herumschlagen, einer Geheimorganisation aus Attentätern und Verschwörern. Achja, und zu allem Überfluss noch liefern sich die Gangs der Stadt einen offenen Krieg mit der Polizei, der in Gefechten auf den Straßen der Metropole zu entgleisen droht.
Die Geschichte von "Gotham Knights" wird bombastisch erzählt, fesselt von der ersten Spielminute an und enttäuscht bis zum Schluss zu keiner Sekunde. Besonders beeindruckend: Viele Charaktere bekommen eine ungewohnt große Rolle in der Story und die Macher haben sich bemüht, Hintergrundgeschichten beliebter Fieslinge ganz neu zu erzählen. Vor allem aber merkt man schnell, wie vernachlässigt Batmans Helfer in vielen Games bisher wurden – nun darf man auch die Personen hinter den Masken genauer kennenlernen. Es mag gemein klingen, aber Batmans Fehlen ist hier eher Segen als ein Fluch.
Gameplay in Gotham ist "Arkham"-Zockern bestens bekannt
Beim Gameplay wartet indes nicht viel Neues, was uns so gar nicht stört – dass die Macher von WB Games Montreal auf Verfeinerungen statt neue Experimente setzen, war schließlich bei der Qualität der "Arkham"-Games erwartbar. "Gotham Knights" bietet wieder an jeder Straßenecke des nächtlichen Gothams Prügeleien mit Standard-Ganoven, streut auf der Spielkarte an mehreren Orten gleichzeitig einen Mix aus Side-Quests, Puzzles und speziellen Aufgaben neben der nächsten Hauptmission ein und lässt Spielern wieder sehr frei die Wahl, welchem Fall man gerade nachgehen will.
Minimal verändert wurde dagegen das Skill-System. Um die Charaktere hochzuleveln, müssen in den in der Stadt aufzuklärenden Verbrechen Hinweise gesammelt werden. Mit diesen im Gepäck geht es dann ins Hauptquartier der Helden, wo man die Skills der Figuren hochleveln darf. Außerdem gibt es dort immer wieder Beratungen zwischen dem Quartett oder Teilen davon, was von den gesammelten Hinweisen zu halten ist oder wie sich die Story gerade entwickelt. Außerdem gibt es ein neues, aber rein kosmetisches Herstellungssystem, über das man sich Anzüge schneidert oder Fahrzeuge verändert.
Sensationelle Abwechslung bei Animationen und Steuerung
Eine der wichtigsten Funktionen erfüllt das Hauptquartier aber daneben – hier und nur hier darf man die Heldin oder den Helden auswählen, die oder den man in den nächsten Missionen steuern will. Dafür gibt es von uns einen fetten Pluspunkt, gleich in mehrerer Hinsicht. So hätte sich ein Spielfigur-Wechsel zu jedem Zeitpunkt des Spiels einfach nicht realistisch angefühlt und außerdem ist man nicht jede Sekunde versucht, durch die verschiedenen Charakter zu switchen. Dafür, dass diese "Gefahr" besteht, haben die Entwickler durch sensationelle Abwechslung bei Animationen und Steuerung gesorgt.
Die Macher haben sich den jeweiligen Stärken und Schwächen der Charaktere mit viel Herzblut gewidmet und liefern ein Feuerwerk an Details ab. Jede Figur verfügt über jeweils andere Gesichts- und Bewegungs-Animationen und kämpft sich mit eigenen Gadgets und Attacken durch. Es bleibt aber nicht dabei, dass etwa Batgirl flinker als Red Hood durch die Gegnermassen fliegt – während sie sich etwa leichter in Technik hackt und stille Takedowns ausführt, prügelt Red Hood auch gerne mal frontal los und lässt sich von dem einen oder anderen erfolgreichen Gegenangriff nicht gleich umhauen.
Neue Taktik-Stärken, aber auch Gameplay-Altlasten zu finden
Mit den Eigenheiten der Charaktere kommt sogar etwas Taktik ins Spiel – soll der nächste Schurke mit mächtig Wumms ausgeschaltet werden oder schleicht man sich lieber im Dunkeln still und heimlich an? Das darf man nun selbst festlegen. Zwei Dinge fallen jedoch bei der Fortbewegung durch die statt auf – egal ob man sich Batman-typisch durch die Lüfte schwingt oder lieber akrobatisch an Fassaden raufhangelt, nicht immer hat man das Gefühl, die volle Kontrolle über die Fortbewegung zu haben und bleibt öfters mal an Objekten hängen. Toll dafür: Dass sich auch dabei jede Figur anders spielt.
Und: Das Fahren etwa mit dem Batcycle fühlt sich so schwammig an wie das Batmobil in den besten "Arkham"-Zeiten. Zum Glück muss man erneut keine Rücksicht auf Fahrzeugschaden beim Herumkurven nehmen – und seien wir uns mal ehrlich, wenn wir die Wahl haben, wählen wir doch immer lieber die Fuß- und Flugwege als motorisiert unterwegs zu sein. Beim Kampf wiederum funktioniert alles so flüssig und gewohnt, wie man es kennt: In Gefechten sollen Kombos aneinandergereiht werden, um den Zähler nach oben zu treiben und Spezialattacken mit eigenen, sehr schönen Videosequenzen zu aktivieren.
Fast alles beim Alten in Sachen Kampf – aber nur fast
Auch in Sachen lautlose Angriffe wird man sich sofort wieder heimisch fühlen – und auch der Einsatz der dieses Mal noch abwechslungsreicheren Gadgets funktioniert erneut nach dem Prinzip: Einmal zeigt das Spiel die Anwendungsmöglichkeit in einer vorgegebenen Situation vor, danach darf selbst damit experimentiert werden. Kleine Verfeinerungen sind aber auch hier zu finden. So fällt ein Schlag oder Tritt nun härter aus, wenn man die jeweilige Taste länger hält. Das bringt ein zusätzliches Timing-Element in die Angriffe, das anfangs etwas Übung erfordert, dann aber für noch spannendere Gefechte sorgt.
Was uns schließlich zu der größten Neuerung kommen lässt: Spieler können die Geschichte von "Gotham Knights" zwar komplett alleine erleben, dem Team-Gedanken entsprechend gibt es aber auch einen Koop-Modus. Und zu zweit zu den Rettern Gothams aufzusteigen zeigt sich so sensationell, dass "Gotham Knights" für uns der Koop-Titel des Jahres ist. Das liegt an zwei verschiedenen Mechaniken – wie im Singleplayer skaliert der Titel das Gegnerlevel immer Richtung Spielerlevel und -anzahl, und außerdem können Koop-Partner einfach fließend in das Spiel eines anderen Spielers einsteigen.
Fantastischer Koop und in vielen Bereichen eine tolle Grafik
Zwar waren in der beinahe gigantisch groß ausgefallenen und offenen Spielwelt zum Testzeitpunkt nur überschaubare viele andere Tester anzutreffen, mit dem Launch sollte die Welt aber bestens gefüllt sein. Kleines Manko: Crossplay gibt es keines, man bleibt auf die Spieler der eigenen Plattform beschränkt. Auch einen lokalen Koop-Modus gibt es zum Start nicht, man bleibt auf das Online-Zocken beschränkt. Immerhin: Bereits wenige Wochen nach dem Launch des Games soll auch ein Koop-Modus freigeschaltet werden, in dem sich dann sogar vier Spieler gleichzeitig tummeln können. Fantastisch!
Viel Wirbel gab es übrigens vorab, dass "Gotham Knights" grafisch in 4K, aber mit "nur" 30 Bildern pro Sekunde daherkommt. Wie so oft gibt es dabei Licht und Schatten – ja, man merkt, dass andere Spiele flüssiger über den Bildschirm flimmern, dafür aber ist die Grafik superscharf ausgefallen und überzeugt mit den vielen Details, die in der Spielwelt zu entdecken sind. Generell erscheint "Gotham Knights" zwar etwas dunkel, das betont aber die ausgezeichneten Licht- und Wassereffekte nur umso mehr. Dass mit vielen wiederkehrenden Charaktermodellen bei den Standard-Feinden gearbeitet wird, bleibt aufrecht.
Die "Gotham Knights" sind Batmans wirklich würdige Nachfolger
Viel Licht und ein wenig Schatten: "Gotham Knights", auch wenn es kein offizieller Teil und Nachfolger der "Arkham"-Games ist, setzt genau auf deren Stärke und liefert Spielern viel Altbekanntes. Beim Gameplay trifft man auf Großteils bereits Bekanntes und freut sich über kleine Verfeinerungen wie das neue Timing- und Taktik-System. Rost angesetzt haben dagegen andere Dinge wie die Fahrzeugphysik. Auch technisch ist nicht alles ganz auf der Höhe, etwa in Sachen Fortbewegung in der Spielwelt oder den Feind-Charaktermodellen, der optische Rest sieht dafür umso grandioser aus.
Die wahren Highlights des Games sind aber einerseits seine Helden und Heldinnen und andererseits die Koop-Funktionen. Zu zweit auszuteilen ist ein grandioses Erlebnis, das den jüngsten "Batman"-Games einfach fehlte – wie sehr erkennt man eigentlich erst jetzt. Und dass sich die vier Spielfiguren nicht nur beim Gameplay und den Gadgets extrem voneinander unterscheiden, sondern auch jeweils besonders beeindruckende Hintergrundgeschichten spendiert bekamen, beeindruckt doch gewaltig. Die "Gotham Knights" zeigen sich im neuen Game als Batmans würdige Nachfolger.