ORF-Geständnis
Gewessler schwärmt – "Mehr als ich zu träumen hoffte"
Zwischen ÖVP und Grünen kracht es wieder heftig. Grund ist dieses Mal der eigentlich gemeinsam entwickelte Klimaplan. Das sagt Ministerin Gewessler.
Dass sich ÖVP und grüne nach der heftigen Vorgeschichte doch noch auf einen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) geeinigt haben, wäre eigentlich ein Grund zum Feiern für die Regierung. Zu tief sind aber offenbar die Wunden, nachdem Grünen-Klimaministerin Leonore Gewessler in der Vergangenheit der EU den geforderten Entwurf des Plans zur Begutachtung übermittelt hatte, doch Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) den Entwurf zurückholen ließ, da dieser nicht mit der ÖVP abgestimmt worden seui.
An der Stimmung hat sich seitdem und durch den Renaturierungs-Eklat von Gewessler nichts geändert, immerhin liegt nun aber der Klimaplan endlich vor. Doch auch mit diesem neuen Entwurf wurden die Wogen nicht geglättet, direkt nach der Vorstellung warfen sich die Regierungspartner vor, den Inhalt nicht verstanden zu haben. Der Hintergrund: Der Klimaplan zeigt vor, wie Österreich bis zum Jahr 2030 das rechtlich verbindliche EU-Klimaziel erreichen will. Einzelne Schritte sind genannt, aber offenbar nicht als fixe Umsetzung geplant.
Streit um Streichung des Dieselprivilegs
Um die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 2005 um fast 50 Prozent zu reduzieren, wie von der EU gefordert, fasst der Klimaplan auch die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen ins Auge – Stichwort Pendlerpauschale oder Dieselprivileg. Bei diesem Vorhaben rückte allerdings erneut Edtstadler aus und kündigte die Einsetzung einer Arbeitsgruppe an, die Nennung bedeute nicht die Abschaffung der genannten Subventionen. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker sprach bei der Gewessler-"Interpretation" gar von "Leonore im Wunderland".
"Wie die Umweltministerin darauf kommt, dass das Dieselprivileg abgeschafft wird, ist mir ein Rätsel", polterte Stocker. "Im vorgelegten Klimaplan werden keine spezifischen Subventionen wie das Dieselprivileg oder die Pendlerpauschale erwähnt." Solche Subventionen würden von einer Arbeitsgruppe analysiert, das bedeute aber nicht direkt die Abschaffung der jeweiligen Subvention, auch wenn die Einschätzung negativ ausfalle, bekräftigte auch Stocker. Verwundert zeigten sich aber ebenso die Grünen, natürlich werde man das Dieselprivileg "angehen".
"Verschmutzung muss ihren Preis haben"
Gewessler nahm schließlich am späten Donnerstagabend in der ORF-"ZIB2" bei Moderatorin Marie-Claire Zimmermann Stellung. Sei es nicht so, dass ein Teil der zurückgegangenen Treibhausgas-Emissionen Folge der Krisenjahre seien? Nein, so die Ministerin, die Grünen hätten den "klimapolitischen Stillstand beendet". Es stimme zum Teil, dass Faktoren wie der milde Winter nicht beeinflusst werden könnten, die Bilanz schlage aber alle vorangegangenen Regierungen, so Gewessler, die allen Österreichern für die Hilfe beim Umweltschutz dankte.
Der Krieg von Wladimir Putin habe den Energiemarkt und Österreich "erpresst", gestand Gewessler bei der Frage nach den hohen Gaspreisen, Österreich habe "notwendigerweise und umfassend" unterstützt, aber man müsse auch dafür sorgen, "dass Verschmutzung seinen Preis hat". Die grüne Regierungspolitik "habe eine Trendwende herbeigeführt", man sehe eine Verlagerung auf den öffentlichen Verkehr und den Durchbruch der E-Mobilität. Beim Zwischenergebnis dürfe man sich freuen, man müsse aber ambitioniert weitermachen.
"Ich bewerbe mich für die Verlängerung"
"Klimapolitik gibt es mit den Grünen und mit sonst niemandem", so Gewessler im Wahlkampfmodus. "Mehr als ich zu träumen gehofft habe" werde das Klimaticket angenommen, schwärmte die Ministerin. Sie wolle jedenfalls weiterarbeiten, "ich bewerbe mich für die Verlängerung, denn es gibt noch viel zu tun". Mit dem neuen Klimaplan könne das Ziel der EU jedenfalls erreicht werden, bekräftigte Gewessler, die Punkte müssten aber konsequent verfolgt werden, von der nächsten Regierung und auch noch jahrelang danach.
Verständnislos zeigte sich Gewessler, was die Angriffe der ÖVP auf ihre Person betraf. "Ich habe manchmal das Gefühl", so Gewessler, wenn es um den Klimaschutz gehe, gelte bei der ÖVP das Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass". Sie halte es "nicht für besonders ehrlich", wenn man große Themen ausklammern wolle und dann darauf hoffe, dass Emissions-Einsparungen vom Himmel fallen würden, hieß es: Natürlich werde man auch das Dieselprivileg angehen müssen. Warum, das hätten die Bilder der jüngsten Tage von schweren Unwetterschäden gezeigt. Wenn man so weitermache, "dann werden wir in einen Zustand kommen, in dem wir nicht mehr aufräumen können", so Gewessler.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die Grünen und die ÖVP haben sich auf einen Nationalen Energie- und Klimaplan geeinigt, der jedoch weiterhin für Spannungen sorgt
- Die Ministerin Gewessler betont, dass die grüne Regierungspolitik eine Trendwende im Umweltschutz herbeigeführt hat und dass sie sich für die Verlängerung ihrer Arbeit bewirbt
- Sie zeigt sich verständnislos über die Angriffe der ÖVP auf ihre Person und betont die Notwendigkeit, das Dieselprivileg anzugehen, um Umweltschäden zu vermeiden