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Gestatten, das langlebige britische Tantchen
Der Rover P4 war eines der erfolgreichsten Nachkriegsautos Europas – weil es zuverlässig und sympathisch war.
Die Entwicklung des Rover P4 begann kurz nach dem Krieg, vorgestellt wurde er dann Ende 1949 und bis 1964 wurde er gebaut. Damit war er der Grundstein für den Nachkriegserfolg der Traditionsmarke Rover.
Zwar hatte man bei Rover eigentlich weitgehend für die Nachkriegszeit auf einen aufgefrischten Rover P3 setzen wollen. Doch es zeigte sich schnell, dass umfangreiche Anpassungen an die deutlich modernere Ponton-Karosserie nötig waren.
Fast eine Neukonstruktion
Immerhin konnte der Reihensechszylinder-Motor mit seiner besonderen Ventilanordnung vom Vorgänger übernommen werden. Auch die Vorderachse wurde vererbt. Das massiv dimensionierte Chassis, das fast an eine Lastwagenkonstruktion erinnerte, war aber neu.
Der Passagierraum wurde komplett zwischen die Achsen vorverlegt und im Heck Platz für einen 320 Liter großen Kofferraum geschaffen. Hinten sorgte eine Starrachse mit Halbelliptikfedern für die Radführung. Vier Gänge, wovon zwei synchronisiert waren, mussten beim Rover 75 genügen. Denn P4 war eigentlich der Herstellercode für die Modellgruppe – die Verkaufsbezeichnung war zum Beispiel 75. Aber es gab auch einige andere Nummern wie 60 oder 90.
Der neue Rover kam gut an. Britische Fachzeitschriften berichteten vollmundig von der überragenden Konstruktion: "Es handelt sich hier um einen Typ von Wagen, den zu verlieren Großbritannien sich nie wird leisten können, weil er ein Beispiel bester britischer Werksmannarbeit darstellt."
Stufenweise Verbesserung
1.106 britische Pfund kostete der Rover 75 zu Beginn. Doch nicht jeder kam sofort in den Genuss des neuen Wagens – auch wenn er das Geld hatte. Wegen Materialengpässen und Nachkriegswirren mussten einige Käufer monatelang warten, bis sie ihr Auto erhielten.
Rover begnügte sich nicht mit dem initialen Wurf. Bereits 1950 wurden voll hydraulische Bremsen eingeführt und Rundinstrumente montiert. 1952 fiel der Zentralscheinwerfer weg. 1953 wanderte der Schalthebel vom Lenkrad zum Kardantunnel.
Im gleichen Jahr wurde auch eine Vierzylinderversion (Rover 60) eingeführt. Mit dem Modell 90 wurden Hubraum und Leistung angehoben. 1954 gab es stilistische Modifikationen, die zu einem größeren Kofferraum und einer besseren Rundumsicht führten.
Es folgten weitere Varianten und 1959 schließlich der Rover 100 mit neuem Motor und Scheibenbremsen.
Fast wie ein SUV?
Mit über 1,6 Metern Höhe lässt sich der Rover 100 entern wie ein heutiger SUV, jedenfalls steigt man nicht hinunter. Überraschend weit rechts ist die Sitzposition, man fühlt sich, als säße man zwischen den rechts liegenden Rädern. Der Schalthebel hat beeindruckende Ausmaße, führt dafür aber direkt ins Getriebe.
Der erste Gang ist auch beim 59er-Rover 100 noch unsynchronisiert, während die übrigen Gänge auch ohne Zwischengas geschaltet werden können. Die leichtgängige Kupplung und die exakte Schaltung machen einem den Gangwechsel leicht, während das Lenken durchaus in Arbeit ausarten kann.
Die Platzverhältnisse sind formidabel, auch hinten. Die Rundumsicht ist gut, aber nicht überragend, dazu sind vor allem die Seitenscheiben etwas zu klein geraten. Dank dem komfortablen Fahrwerk gleitet man elegant über die Kieszufahrt zum eigenen Anwesen, wenn man denn eines hat.
Überhaupt fühlt man sich gut im Rover 100. Das Interieur mit etwas Holz und viel Leder sowie umfangreicher Teppichausstattung wirkt sympathisch und urenglisch. Dazu tragen auch die schlicht gezeichneten Rundinstrumente und das große Lenkrad mit Signalring ihren Teil bei.
Weitere Informationen, viele Bilder und ein Tonmuster zum Rover 100 gibt es auf www.zwischengas.com.