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Germanwings-Absturz: Opfer-Handys manipuliert?

Heute Redaktion
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Mehr als vier Jahre nach der Tragödie sind für die Angehörigen der Germanwings-Opfer noch viele Fragen offen. Wie ein Experte nun erklärt, dürften die Handys der Passagiere nachträglich manipuliert worden sein.

Am 24. März 2015 stürzte der Germanwings-Flug 9525 in den südfranzösischen Alpen ab. Wie sich später herausstellte, hatte der Co-Pilot Andreas Lubitz den Absturz absichtlich herbeigeführt. Alle 150 Insassen kamen dabei ums Leben.

Daten von Handys gelöscht?

Für zahlreiche Angehörige der Toten sind noch viele Fragen offen. Bis heute konnten etwa die Versäumnisse der Billig-Airline und der Muttergesellschaft Lufthansa, dass der psychisch kranke Co-Pilot Andreas Lubitz den Absturz absichtlich herbeiführte, nicht geklärt werden.

Die "Bild"-Zeitung berichtet nun von neuen Anschuldigungen eines EDV-Experten, der das Handy eines Opfers untersucht hat. Wie dieser herausgefunden haben will, seien Daten nachträglich gelöscht worden. Bereits andere Familienmitglieder von Passagieren hatten diesbezüglich einen Verdacht geäußert.

Der 37-jährige Jens saß am 24. März 2015 in der Reihe 8 auf Platz A. Die französischen Ermittler fanden am Absturzort vier USB-Sticks, zwei Handy-Akkus und ein weißes Handy, welches ihm gehört haben soll.

Wie sein Vater Wolfgang gegenüber der "Bild"-Zeitung verrät, wurden ihnen am 2. Mai 2016 die persönlichen Gegenstände ihres Sohnes übergeben: "Wir hatten die Hoffnung, damit auch ein paar Informationen über die letzten Tage unseres Sohnes zu bekommen."

Doch das Handy war nicht mehr nutzbar. Auf den USB-Sticks fanden sich nur Excel-Tabellen für seine Arbeit. Zunächst glaubten die Eltern, dass das Handy beim Aufprall so stark beschädigt wurde, dass es deswegen nicht mehr funktioniert. Doch wenig später beklagten sich immer mehr Angehörige der Opfer, dass auch ihre zurückgegebenen elektronischen Geräte nicht mehr funktionieren würden.

Jens' Mutter Brigitte erinnert sich daran, dass einen Tag nach dem Absturz einen automatisierter Anruf einging: "Der Teilnehmer ist jetzt wieder erreichbar." Als ihr Mann zurückgerufen habe, sei jedoch keine Verbindung zustande gekommen. Die beiden glauben, dass das Gerät im Nachhinein manipuliert wurde.

Auf Wunsch der Eltern ließ die "Bild"-Zeitung das Handy ihres Sohnes von dem EDV-Experten Mario Krolow untersuchen. Er hat schon im Auftrag von Bundesbehörden gearbeitet, seine Firma "Everphone Repair" betreut internationale Konzerne.

"Kann nicht durch den Aufprall geschehen sein"

Das schockierende Ergebnis: "Es wurde definitiv nach dem Absturz manipuliert. Der NAND-Speicher, der als Festplatte des Handys dient, wurde entnommen. Das kann nicht durch den Aufprall geschehen sein, da die Platine ansonsten keine Schäden aufweist. Auf dem NAND-Speicher befinden sich alle Daten – also SMS-Verläufe, Fotos und Anruflisten", erklärt Krolow.

Für eine Manipulation spreche auch, dass das Handy am Tag nach dem Absturz wieder erreichbar gewesen sei. Für Anwalt Roland Krause, der die Nebenklage vertritt ist dies ganz klar eine "Straftat" und "Unterdrückung von Beweismitteln".

Dass die Ermittler die gefundenen Daten auswerten, sei klar und gehöre zum "Standard in einem Strafverfahren". Warum Daten der Geräte aber nach dem Absturz offenbar gelöscht wurden, sei dem Anwalt "schleiferhaft" und mache "kriminalistisch keinen Sinn".

Doch wer könnte die Daten manipuliert haben? Die Lufthansa verweist dem Bericht zufolge auf die britische Firma Kenyon. Diese Agentur habe im Auftrag der Fluglinie die Geräte vom Unglücksort von den französischen Behörden bekommen und dann an die Angehörigen weitergegeben. Kenyon gibt jedoch an, die Gegenstände nur gereinigt und neu verpackt zu haben.

Mutter Brigitte erklärt gegenüber der "Bild"-Zeitung: "Es schmerzt sehr, dass wir von den Verantwortlichen mit unseren Fragen alleine gelassen werden. So werden wir wahrscheinlich nie erfahren, welche Informationen auf dem Handy unseres Sohnes gefunden wurden und uns nun vorenthalten werden."

Der Co-Pilot Andreas Lubitz befand sich jahrelang in ärztlicher Behandlung und litt unter Angststörungen. Mehrere Ärzte hatten ihn als labil und nicht flugtauglich eingestuft. Doch die Informationen wurden aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht nicht weitergegeben.