Kommt FPÖ zum Zug?

Gelebte Praxis: Wahlsieger stellt Nationalratspräsident

Im österreichischen Parlament gilt die Usance, dass die stimmenstärkste Partei den Nationalratspräsidenten stellt. Das könnte sich nun aber ändern.

Robert Zwickelsdorfer
Gelebte Praxis: Wahlsieger stellt Nationalratspräsident
In Österreich ist es eigentlich gelebte Praxis, dass das Amt des Nationalratspräsidenten an die stimmenstärkste Partei geht.
Helmut Graf; "Heute"-Collage

Am 24. Oktober tritt zum ersten Mal der Nationalrat in seiner neu gewählten Zusammensetzung zusammen. Eingeleitet wird die Sitzung von Noch-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Allerdings hat er bei seiner letzten Sitzung nur einen kurzen Auftritt.

Denn er führt den Vorsitz nur so lange, bis der neue Präsident gewählt ist – und das selbst dann, wenn er überhaupt kein Mandat mehr innehat, wie das bei Sobotka der Fall ist. Zuletzt gab es eine solche Konstellation 2006. Damals hatte Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) bei der Wahl nicht mehr kandidiert.

Nachdem der Präsident gewählt wurde, werden auch der Zweite und der Dritte Präsident oder gewählt. Zur Wahl stehen dabei nur jene Personen, die ein Mandat im Nationalrat haben. Prinzipiell spielt dabei die Parteizugehörigkeit keine Rolle. Gelebte Praxis war es in der Vergangenheit aber, dass die drei stimmenstärksten Parlamentsklubs auch die drei Funktionen besetzen.

In der Geschichte des Nationalrats ist es bis jetzt noch nie vorgekommen, dass der Nationalratspräsident nicht von der mandatsstärksten Partei kam.

Bisher 19 Präsidentinnen und Präsidenten

Bisher standen 19 verschiedene Personen seit 1920 an der Spitze des Nationalrats. Sie alle gehörten der ÖVP oder der SPÖ an. Zählt man die Zweiten und Dritten Präsidenten und Präsidentinnen mit, waren bisher 52 Personen im Präsidium vertreten. Detail am Rande: Bis 1983 ging die drittstärkste Partei bei diesen Postenbesetzungen leer aus. Denn der Wahlsieger – also ÖVP oder SPÖ – stellte in dieser Zeit neben dem Präsidenten auch den Dritten Nationalratspräsidenten.

Nach der Wahl 1983 war dann erstmals ein Mitglied einer weiteren Partei im Präsidium vertreten: Der Freiheitliche Gerulf Stix wurde Dritter Nationalratspräsident. Von 1999 bis 2002 stellte die FPÖ mit Thomas Prinzhorn dann übrigens zum bisher einzigen Mal den Zweiten Präsidenten. Der kuriose Weg dorthin: ÖVP und FPÖ hatten damals beide je 26,91 Prozent der Stimmen und 52 Mandate erreicht. Die Blauen lagen aber um einige hundert Stimmen vor der Volkspartei auf dem zweiten Platz.

FPÖ mit großer Chance auf Präsidentenamt

Und diesmal könnte die FPÖ erstmals den Nationalratspräsidenten oder die -präsidentin stellen. Denn es gibt genau genommen keinen "Ersten Präsidenten". Der wird eben nur als "Präsident" bezeichnet. Die Zahl sagt man nur bei den beiden anderen dazu. Als stimmenstärkste Fraktion beharren die Freiheitlichen auf diesem Job.

Ein Top-Kandidat steht allerdings nicht mehr zur Verfügung: Norbert Hofer wird ja wie berichtet blauer Spitzenkandidat für die burgenländische Landtagswahl im Jänner 2025. Immer wieder als personelle Alternativen genannt wurden der Parlaments-Rückkehrer Walter Rosenkranz, der zuletzt für die FPÖ in der Volksanwaltschaft gesessen ist, und Susanne Fürst. Die oberösterreichische Juristin ist eine der Stellvertreterinnen von Parteichef Herbert Kickl und gilt als eine von dessen Vertrauten.

Nur Grüne wählen FPÖ-Kandidaten sicher nicht

Bis jetzt haben nur die Grünen angekündigt, keinesfalls einen blauen Kandidaten wählen zu wollen. Die SPÖ und die NEOS haben ihre Bereitschaft signalisiert, einen Vertreter der stimmenstärksten Partei zu wählen, machen es aber von der nominierten Person abhängig. Für die – geheime – Wahl reicht eine einfache Mehrheit, also 92 der 183 Stimmen.

Erreicht niemand diese Mehrheit, wird ein zweiter Wahlgang durchgeführt. Geht auch aus diesem kein eindeutiges Ergebnis hervor, stehen in einer "engeren Wahl" jene beiden Abgeordneten zur Wahl, die im zweiten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Die Wahl gilt für die gesamte Gesetzgebungsperiode. Das heißt: Eine Abwahl ist nicht möglich.

Lukrativer Job

Das zweithöchste Amt im Staat nach dem Bundespräsidenten ist übrigens durchaus fürstlich dotiert. Dem Präsidenten oder der Präsidentin stehen laut Bundesbezügegesetz 210 Prozent des Verdienstes von Nationalratsabgeordneten zu. Derzeit sind das 21.968 Euro im Monat. Zweiter und Dritter Präsident verdienen 170 Prozent des Abgeordnetengehalts, immerhin auch noch 17.783,60 Euro monatlich.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Am 24.Oktober tritt der neu gewählte Nationalrat erstmals zusammen, wobei Wolfgang Sobotka (ÖVP) die Sitzung kurz leitet, bis ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin gewählt ist
    • Die FPÖ hat diesmal eine große Chance, den Nationalratspräsidenten zu stellen, wobei die Grünen angekündigt haben, keinen blauen Kandidaten zu unterstützen, während SPÖ und NEOS ihre Entscheidung von der nominierten Person abhängig machen
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