Wien
Einkaufen ganz ohne Geld? Das geht im "Kost Nix"-Laden
Einkaufen ohne Geld – und Geben ohne Gegenleistung? Das funktioniert überraschend gut. Der "Kost Nix"-Laden zeigt, welchen Mehrwert Teilen schafft.
Viele zittern schon vor der nächsten Energierechnung. Und gleichzeitig wird alles täglich teurer: Nahrungsmittel, Öl, Fleisch, Milchprodukte, Schulsachen. Die Inflation macht den Wienern Angst – und viele wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll. Aber es gibt Menschen in Wien Meidling, die betreiben ehrenamtlich einen Laden, in dem alles, wirklich alles kostenlos ist. Warum alles neu kaufen, wenn doch schon alles im Überfluss vorhanden ist? Klingt einfach, ist aber fast schon gelebte Utopie.
"Ich komme ein, zweimal die Woche", verrät die Studentin der Kulturwissenschaften, Laura (26). "Ich interessiere mich nur für die Mode. Zwei Seidentücher habe ich von hier, die mag ich voll gern. Außerdem ein paar Spitzenhandschuhe und die Spitzensöckchen, die ich heute anhabe" (Foto). Sie schneidert privat viel und macht aus den besonderen Fundstücken ganz individuelle Kreationen. Berührungsängste mit dem "kost nix"-Konzept und damit, von den gespendeten Sachen anderer zu nehmen, hat sie gar nicht, sagt sie. Ihre Mama aus Oberösterreich hat sie diesmal auch dabei. Die fremdelt noch ein bisschen mit dem Konzept und zieht sich in die schwach besuchte, riesige Bücherecke zurück. "Ich schaue mich nur um", sagt sie scheu.
Geschirr ist der Dauerbrenner, Herrenkleidung ist auch willkommen
"Was wir wirklich im Überfluss haben, sind Bücher", sagt die Ehrenamtliche Daniela (36). Die Bücher würden wesentlich länger im Laden verweilen als beispielsweise Geschirr: "Das ist nach spätestens zehn Minuten weg", weiß Evelyn N. (46). Sie kommt mehrmals die Woche mit Spenden. "Meine Nachbarn, Kollegen und Freunde wissen Bescheid – wenn sie etwas abzugeben haben, bringen sie es zu mir. Ich schleppe es dann hier her", lacht sie. Und "ich frage immer nach den Sachen, die hier gebraucht werden." Es sei immer am dringendsten: Geschirr.
"Es ist erschreckend, zu sehen, wie viel weggeworfen wird, das noch funktioniert – während andere kein Geld haben, genau diese Dinge zu kaufen", findet Evelyn. Dass die Kundschaft sich seit der Ukrainekrise verändert hätte oder seit der Teuerung noch mehr Menschen ins Geschäft kämen, können Daniela und Evelyn nicht bestätigen. Es sei immer viel los, aber mehr sei es nicht geworden.
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In kürzester Zeit kommt ganz viel rein und geht viel weg
Abgegeben werden oft Küchengeräte, Schuhe, Elektrogeräte, Kleidung – vor allem für Kinder und Damen. An Herrenkleidung mangelt es meist. Und wer sind die Spender? "Das geht von ganz unten bis ganz oben, alle spenden – auch solche, die selbst wenig haben", sagt Daniela. Während "Heute" vor Ort war, kamen immer wieder Spender und Menschen, die fragten: "Was braucht ihr zur Zeit?" Es sei ein hoher Turn Over sagt Evelyn, "sehr viel kommt rein, sehr viel geht sehr schnell wieder raus – das ist eine wahnsinnige logistische Leistung, die die Ehrenamtlichen hier stemmen", sagt sie.
"Der Kostnix-Laden ist ein Ort des bedingungslosen Geben und Nehmens. Im Laden arbeitet eine kleine Gruppe von Menschen, die ihre Zeit mit einer sinnstiftenden, zukunftsfähigen Tätigkeit verbringen möchte. Das bedeutet auch, dass wir alle freiwillig hier arbeiten und kein Entgelt bekommen", so schreiben die rund 25 Freiwilligen auf ihrer Homepage, die von Daniela betreut wird. Auch ehrenamtlich, versteht sich.
Kost Nix Laden
Erlgasse 27, 1120 Wien
(grünblaue Holztür)
Öffnungszeiten:
Mo, Do, Fr 15:00 – 20:00